Andrea Asch: „Vernetzung und Kooperation im Sozialraum sind die wichtigsten Komponenten, um gelingenden Kinderschutz zu gewährleisten, nicht isolierte Maßnahmen“

Antrag der CDU zum Kinderschutz

Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, in der Tat. Der Schutz von Kindern, den schwächsten Mitgliedern in unserer Gesellschaft, und ihr gelingendes Aufwachsen müssen Aufgabe für uns alle sein, für die gesamte Gesellschaft und damit natürlich auch für alle staatlichen Ebenen. Das Grundgesetz formuliert das in Artikel 6 als Wächteramt des Staates.
Ich finde es übrigens interessant, dass der CDU-Antrag damit beginnt, dass wir – wir alle gemeinsam – die Rechte der Kinder in die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen haben. Frau Kollegin Hack hat es schon erwähnt. Damals war es ein Beschluss aller Fraktionen. Das ist gut und richtig so.
Ich würde mir nur wünschen, dass dies auch auf Bundesebene vollzogen und von CDU und FDP in Berlin nicht immer länger verhindert wird, die Rechte der Kinder ins Grundgesetz zu schreiben. Das ist überfällig.
Nun gibt es einen breiten Konsens darüber, dass der Schutz von Kindern nicht mit einfachen isolierten Maßnahmen zu gewährleisten ist, sondern es komplexer ineinandergreifender Strukturen bedarf, um diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe tatsächlich befriedigend zu bewältigen. Dies fängt bei der Begleitung von Eltern in der Schwangerschaft, zum Beispiel in der Schwangerschaftsvorsorge, in der pränatalen Diagnostik an. Wir brauchen eine Vernetzung von Gesundheitseinrichtungen und pädiatrischen Einrichtungen, Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, Bildungseinrichtungen wie Kita und Schulen sowie von sozialen Unterstützungsangeboten.
All diese Ebenen müssen mit einander kooperieren, um das Kindeswohl und ein gelingendes Aufwachsen tatsächlich zu gewährleisten. Deshalb haben wir in Nordrhein-Westfalen unter dem Stichwort „Kein Kind zurücklassen“ die kommunalen Präventionsketten in 18 Kommunen installiert. Wir haben damit auf Erfahrungen der sogenannten sozialen Frühwarnsysteme aufgesetzt, die noch von der bis zum Jahre 2005 im Amt befindlichen rot-grünen Landesregierung ins Leben gerufen wurden.
Auch das Bundeskinderschutzgesetz trägt dieser Erkenntnis Rechnung, dass Vernetzung und Kooperation im Sozialraum im Grunde die wichtigsten Komponenten sind, um gelingenden Kinderschutz zu gewährleisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Fraktion fordert mit diesem Antrag eine sehr isolierte Maßnahme. Sie wollen rechtliche Möglichkeiten schaffen, damit die Daten innerhalb der Ärzteschaft weitergegeben werden können. Wenn Sie das wollen, hätte Bundesfamilienministerin Schröder das auch ins Bundeskinderschutzgesetz aufnehmen können. Es ist bekanntlich 2012 in Kraft getreten. Und mehr noch: Als Schwarz-Gelb an der Landesregierung war, hätten Sie das genauso regeln können.
Es gibt aber einen guten Grund, warum Sie das nicht gemacht haben. Herr Tenhumberg und Kollege Lindner waren damals dabei und erinnern sich daran. Sie haben es 2008 geprüft, als die Datenweitergabe von den Kinderärzten an die Jugendämter eingeführt wurde. Die Datenschutzbeauftragte hat Ihnen damals ganz klar gesagt, dass das rechtlich nur zulässig ist, wenn eine Schweigepflichtentbindung der Eltern gegenüber den Kinderärzten vorliegt.
Ich möchte aber in Erinnerung rufen, dass wir damals einen gemeinsamen fraktionsübergreifenden Antrag gehabt haben. Ich fand es sehr gut, dass wir dieses Thema gemeinsam und nicht im parteipolitischen Streit miteinander angegangen sind. In der Anhörung hatten wir einen Kinderarzt aus Duisburg zu Gast, mit dem wir dieses Problem erörtert haben. Sie hätten die Gelegenheit gehabt, aus dieser Erfahrung zu lernen, dass das rechtlich überhaupt nicht möglich ist.
Wir als rot-grüne Landesregierung haben vereinbart, Kinderschutz und die Grundlagen für gelingendes Aufwachsen der Kinder in einem Präventionsgesetz zu regeln. Wir haben das im Koalitionsvertrag vereinbart und wollen damit erreichen, dass wir besser früh vorbeugen als später teuer intervenieren, und wir wollen natürlich den Kindern in Nordrhein-Westfalen die besten Startchancen in ihr Leben und die besten Entwicklungsmöglichkeiten geben.
Ich kann Sie alle, auch die CDU-Fraktion, nur einladen, sich mit Ihren Ideen an diesem Prozess zu beteiligen und dass wir die Entwicklung eines solchen Präventionsgesetzes möglichst im Interesse der Kinder machen und nicht im parteipolitischen Streit austragen. Dann können wir gute Ergebnisse im Interesse der Kinder in Nordrhein-Westfalen entwickeln. – Ich danke Ihnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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