Matthi Bolte: „Wir machen eine Open-Government-Strategie als ein Gesamtkunstwerk und reißen nicht einzelne Bereiche heraus“

Antrag der Piraten zu Transparenz in der Landespolitik

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Schmalenbach, Sie haben jetzt natürlich ein bisschen das Gutachtengate schon abgeräumt für die folgenden Redebeiträge.
Was mir aber an Ihrem Beitrag tatsächlich sehr gut gefallen hat, war, dass Sie gesagt haben, Sie hätten erlebt, wie auch aus parlamentarischer Praxis heraus gewisse Vorbehalte, die Sie gegenüber dem politischen Betrieb hier im Haus hatten, abgebaut wurden. Ich würde mir manchmal wünschen, dass Sie das auch stärker nach außen tragen und nicht mindestens in jeder zweiten Pressemitteilung fehlende Transparenz bei irgendwem oder irgendetwas bemängeln, sondern auch sagen: Wir haben an einigen Stellen Verbesserungen in dem Bereich erreicht. – Konstruktiv und in der Sache mitzuarbeiten ist weitaus wichtiger als Ressentiments gegen den politischen Betrieb zu schüren.
(Beifall von den GRÜNEN)
In der Sache, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen – das wissen Sie –, sind wir gar nicht weit auseinander. Auch wir als Koalition haben uns in unserem Koalitionsvertrag auf das Ziel festgelegt, mehr Transparenz in der Landespolitik zu schaffen.
Wir wollen aber für diese Herausforderung – ich habe manchmal den Eindruck, dass nicht so ein richtiges Bewusstsein dafür herrscht, wie groß diese Herausforderung eigentlich ist – ein Gesamtkonzept schaffen und keinen Flickenteppich.
Deshalb gilt an dieser Stelle das, was ich schon an anderer Stelle gesagt habe: Wir machen eine Open-Government-Strategie als ein Gesamtkunstwerk, und wir reißen nicht einzelne Bereiche heraus.
Im Erarbeitungsprozess für diese Strategie wollen wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Beschäftigten aus der Verwaltung vorgehen. Zunächst wollen wir die großen Fragen klären: Was heißt eigentlich für uns hier in Nordrhein-Westfalen Open Government? Was heißt Transparenz? Welche Informationen sollten unter welchen Bedingungen bereitgestellt werden? Da kann man dann auch über solche Fragen wie die Bereitstellung von Gutachten diskutieren. Sie haben eben gesagt, es habe noch niemand danach gefragt. Dann kann man auch einmal die Frage diskutieren, warum niemand nachgefragt hat. Ich glaube, das wird ein ganz interessanter und erkenntnisreicher Prozess.
(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)
Ich habe zu diesen Fragen, die ich gerade skizziert habe, durchaus eine Meinung und weiß aus Diskussionen mit Ihnen gerade auch über unseren Antrag für modernes Regieren im digitalen Zeitalter, dass auch Sie eine Meinung dazu haben. Aber was mich und uns als rot-grüne Koalition interessiert, ist die Meinung der Bürgerinnen und Bürger. Deswegen, finde ich, ist der Zeitpunkt der Einbringung Ihres Antrags durchaus schlecht gewählt. Landtag und Landesregierung führen in gut drei Wochen hier im Haus ein Zukunftsforum „Digitale Bürgerbeteiligung“ durch, weil wir glauben, dass wir es nicht besser wissen als die Bürgerinnen und Bürger, was sie interessiert, und weil wir gespannt darauf sind, mit welchen Impulsen sich die Bürgerinnen und Bürger in diesen Prozess einbringen.
(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])
In diesem ganzen Prozess, der vor uns liegt, und in diesem Zusammenhang wird sicherlich auch das im Koalitionsvertrag vereinbarte Transparenzgesetz, das Sie an anderen Stellen bereits angemahnt haben, von Bedeutung sein. Nordrhein-Westfalen – darauf ist Kollege Jostmeier eben eingegangen – hat seit gut zehn Jahren ein Informationsfreiheitsgesetz. Es bietet durchaus schon heute vielfältige Möglichkeiten, an Informationen heranzukommen. Der LDI-Bericht aus dem Jahr 2011 hat einige Punkte aufgezeigt, wo es Verbesserungsbedarf gibt. Ich glaube, dass es insgesamt notwendig sein wird, die Chancen der Digitalisierung in dem Bereich Informationszugang und Informationsbereitstellung stärker zu nutzen.
Es gibt weitere Initiativen. Im vergangenen Jahr gab es in Hamburg – das wissen Sie, meine Damen und Herren von der Piratenfraktion – ein breites Bündnis für ein Transparenzgesetz, das so ein Gesetz vorangebracht hat. Und auch hier in Nordrhein-Westfalen gibt es seit Mitte April ein Bündnis mit dem Titel „NRW blickt durch“ und eine ähnliche Initiative. Ich freue mich über diesen Rückenwind und die daraus resultierenden Impulse.
Meine Damen und Herren, Transparenz heißt, die Hohlschuld der Bürgerinnen und Bürger in eine Bringschuld von Verwaltung und Politik zu verwandeln. So haben wir als Koalition im Koalitionsvertrag unser Ziel definiert. Das bedeutet auch, mehr Informationen und mehr Daten zugänglich zu machen. Das werden wir tun. Das ist unser Ziel. Aber vor diesem Ziel liegt ein Weg. Diesen Weg werden wir gemeinsam mit der Bevölkerung gehen – für mehr Transparenz, für mehr Beteiligung und für mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten. – Ich danke Ihnen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)