Mehrdad Mostofizadeh: „Wir müssen Prioritäten für Landesaufgaben setzen“

Antrag der FDP-Fraktion zum Abbau der kalten Progression

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Krückel, typischer Fall von „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ Diese Variante lag im Bundesrat schlichtweg nicht zur Beschlussfassung vor. Die Forderung, die Kosten für die Finanzierung der kalten Progression allein auf den Schultern des Bundes zu finanzieren, lag nicht vor. Deswegen konnte man sich dazu auch nicht verhalten. Der Bund hätte es auch abgelehnt; zumindest sind das meine Informationen.
(Christian Lindner [FDP]: Die sind falsch!)
– Gut, Herr Lindner. Wenn der Bund das übernimmt, dann kann Herr Schäuble uns ja einen Brief des Inhalts schreiben „Wir übernehmen das alles, zahlen alles“ – allerdings nicht, um das direkt hinzuzufügen, um es über die Umsatzsteuer möglicherweise zu kompensieren und den anderen aufzudrücken, die wenig verdienen.
Ich möchte kurz schildern, warum es hier geht. 360 Millionen € würde die Finanzierung kosten. Das hat die Kollegin eben schon dargestellt. Richtig ist, dass der Grundfreibetrag im Bundesrat im Einvernehmen im Rahmen des Jahressteuergesetzes angepasst worden ist.
Jetzt kann man auch noch einmal deutlich machen, welche Finanzierungslücken die FDP in diesem Landeshaushalt auftut. 450 Millionen € wollte sie nicht bei der Grunderwerbsteuer, 710 Millionen € lehnen Sie offensichtlich bei der Frage der Besoldung ab. 360 Millionen € kommen jetzt bei der Frage der kalten Progression hinzu. Das sind schon einmal 1,5 Milliarden €, für die die FDP die Gegenfinanzierungsvorschläge für den Landeshaushalt schuldig bleibt.
Eine Frage tut sich in dem Zusammenhang auch noch auf: 2010 hatten Sie eine schwarz-gelbe Bundesregierung und auch eine Mehrheit im Bundesrat. Warum haben Sie damals nicht gehandelt? Damals haben Sie einen Schwerpunkt darauf gelegt, eine Umsatzsteuerentlastung für Mövenpick herbeizuführen. Sie haben das Land damit mit 650 Millionen € auch zusätzlich belastet. Das tragen wir Jahr für Jahr als Last auch noch mit uns herum.
Eines machen Sie nie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Wenn man Gesetze macht und wenn man Prioritäten setzt, gibt es Gewinner, und es gibt Verlierer.
(Ralf Witzel [FDP]: Es gibt nur Gewinner!)
– Natürlich, es gibt immer nur Gewinner. Immer nur Windfall Profits. Wenn die FDP an der Macht ist, regnet es Geld vom Himmel. Im Normalfall gibt es Gewinner und Verlierer. Die 360 Millionen € sind zu finanzieren. Eine relativ einfache Möglichkeit wäre gewesen, den Steuersatz für Besserverdienende, und zwar Spitzenverdiener, anzuheben, möglicherweise eine zusätzliche Progressionslinie einzuschieben. Schwups, hätte man es relativ einfach finanziert gehabt. Das wollte die FDP nicht.
Sie wollen gar nicht die kalte Progression beseitigen. Ich werfe Ihnen vor: Sie wollen ein bisschen Show machen, Sie wollen nicht an der Lösung mitarbeiten. Und dann suggerieren Sie, als wenn wir kleinere mittlere Einkommen nicht entlasten wollten. Das ist das Rezept der FDP:
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
sehr durchsichtig, aber nicht zielführend.
(Beifall von der SPD)
Um noch einmal zu verdeutlichen, wovor wir stehen: Wir müssen Prioritäten für Landesaufgaben setzen. Deswegen ist es richtig, dass der Finanzminister sehr genau darauf achtet – Sie werfen ihm ansonsten vor, dass er es nicht tut –, wo die Euros hingehen, die wir möglicherweise gar nicht haben. Denn wir müssen in diesem Land einen Hochschulpakt in einer Milliarden-Größenordnung finanzieren, wir müssen Inklusion in der Schule finanzieren, wir müssen mehr U3-Betreuung finanzieren, und wir müssen auch die Schäden reparieren, die Schwarz-Gelb bei der Ausfinanzierung der Kommunen hinterlassen hat.
Und weil das so ist, müssen wir auf jeden Euro achten. Wir müssen im Bundesrat darauf achten, dass der Bund nicht Rechnungen schreibt, die er den Ländern zustellt, aber selber nicht bezahlen will und sich gleichzeitig feiern lassen will. Das passt einfach nicht zusammen. Das lehnen wir ab.
(Anhaltende Zurufe von Ralf Witzel [FDP])
– Fertig? Lieber Kollege Witzel, eines sei noch hinzugefügt: Sie kommen mit dem Antrag acht Monate zu spät. Deswegen müssen wir uns nicht groß aufregen. Die Gegenfinanzierungsmodelle haben auf dem Tisch gelegen. Die haben sie abgelehnt. Sie tragen Schuld daran, dass die kalte Progression weiterhin so erhoben wird, wie sie erhoben wird. Sie haben die falschen Prioritäten gesetzt. Deswegen gehören Sie in diesem Jahr abgewählt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Haushalt & Finanzen