Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 41 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zur WestLB

Gemeinsamer Antrag aller Fraktionen

I. Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses

Der Landtag Nordrhein-Westfalen setzt einen aus 12 stimmberechtigten Mitgliedern und einer entsprechenden Zahl von stellvertretenden Mitgliedern bestehenden Untersuchungsausschuss ein.
Die Verteilung der zu vergebenden Sitze im Untersuchungsausschuss erfolgt folgendermaßen:
SPD        5 Mitglieder
CDU       3 Mitglieder
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN         2
Mitglieder FDP 1
Mitglied PIRATEN            1 Mitglied

II. Sachverhalt

Die Westdeutsche Landesbank Girozentrale (WestLB) wurde 1969 als Förderbank für Industrie und Mittelstand in Nordrhein-Westfalen gegründet. Eigentümer waren das Land Nord- rhein-Westfalen, der Rheinische Sparkassen- und Giroverband, der Westfälisch-Lippische Sparkassen- und Giroverband (heute Sparkassenverband Westfalen-Lippe), der Landschaftsverband Rheinland und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Als öffentlich- rechtliches Kreditinstitut hatte die WestLB die Aufgaben einer Staats- und Kommunalbank sowie einer Sparkassenzentralbank zu erfüllen. Sie durfte zudem Bankgeschäfte aller Art tätigen.
Die Ausweitung des internationalen Geschäfts in den 1970iger Jahren führte zur weltweiten Einrichtung von Niederlassungen und Repräsentanzen an bedeutsamen Finanzmarktplätzen. In den Folgejahren wurden sowohl das Großkredit- wie auch das Beteiligungsgeschäft weiter vorangetrieben. Dabei wurden in zunehmendem Maße auch größere Beteiligungen eingegangen. So beteiligte sich die WestLB u.a. an der LTU, am Reisekonzern TUI, an der Preussag Aktiengesellschaft, an der Babcock Borsig AG und an der Holzmann AG.
Die spätere Babcockinsolvenz war bereits damals Gegenstand zahlreicher insbesondere auch parlamentarischer Anfragen und Debatten. Landesbürgschaften in dreistelligem Millionenbereich wurden fällig.
Nachdem 1992 das Land Nordrhein-Westfalen seine Wohnungsbauförderanstalt (Wfa) als Sacheinlage in die WestLB eingegliedert und damit zusätzliches haftendes Eigenkapital in Höhe von rund 2 Milliarden Euro in die Bank eingebracht hatte, wertete die zuständige EU- Kommission auf Beschwerde des Jahres 1994 des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), in dem die privaten Banken organisiert sind, die Höhe der Vergütung für die Übertragung 1999 als unerlaubte öffentliche Beihilfe.
Zur sog. WestLB-Flugaffäre setzte der Landtag am 17. Dezember 1999 einen Untersuchungsausschuss ein (Drucksache 12/4560). Dieser kam im Zwischenbericht (Drucksache
12/4870 vom 6. April 2000) zu dem Ergebnis, dass die Landesregierung die WestLB Flugbereitschaft in gut zehn Jahren insgesamt 102 Mal benutzt hatte ohne die entstandenen Kosten in Höhe von ca. 900.000 Euro beglichen zu haben.
Zeitgleich geriet die WestLB aufgrund der Asien- und Russlandkrise in wirtschaftliche Turbulenzen.
Auf die gegen die Entscheidung der EU-Kommission gerichtete Klage bei den Europäischen Gerichten entschied der Europäische Gerichtshof im Jahr 2002, die Kommission habe ihre Entscheidung nicht ausreichend begründet und deshalb sei sie nichtig. Zeitgleich wurde die Kommission aufgefordert, eine neue und formal korrekte Entscheidung zu treffen.
Parallel dazu bewertete die Dachvereinigung der nationalen Verbände der privaten Bankwirtschaft die jahrelang praktizierte Gewährträgerhaftung für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute als staatliche Beihilfe und Wettbewerbsverstoß und reichte eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein. Die EU-Kommission schloss sich dieser Auffassung an, was schließlich in einen Kompromiss mit dem Namen „Brüsseler Konkordanz“ mündete. In dessen Folge wurde die Westdeutsche Landesbank Girozentrale in die Landesbank NRW sowie die WestLB AG aufgespalten. Die WestLB AG betrieb fortan als Geschäftsbank und als Zentralbank der rheinischen und der westfälischen Sparkassen das sog. Wettbewerbsgeschäft. Zum Ausgleich der Spaltungsfolgen wurden die Landesbausparkasse sowie die Beteiligung an der Westfälischen Provinzialversicherung aus der WestLB herausgelöst und an die bei- den nordrhein-westfälischen Sparkassen- und Giroverbände veräußert.
Im Jahr 2004 erfolgte eine einseitige Kapitalerhöhung der Sparkassenverbände in Höhe von
1,5 Milliarden Euro, mit der die Sparkassenverbände die Mehrheit an der WestLB AG erlang- ten.
Als Folge der EU-Kommissionsentscheidung zur Wfa-Integration musste die WestLB AG in
2004 alle staatlichen Beihilfen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro an das Land Nordrhein- Westfalen zurückzahlen. Alleine in den Jahren 2002 bis 2004 entstanden bei der Bank Verluste von rund 4,8 Milliarden Euro.
Bedingt durch den drohenden Fortfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung deckte sich die Bank am Markt mit Liquidität ein. U.a. wurden strukturierte Wertpapiere in den USA erworben. Im Zuge der Finanzmarktkrise verschlechterte sich der Risikogehalt dieser Papiere zunehmend. Die strukturierten Wertpapiere von rund 23 Milliarden Euro wurden deshalb
2008 auf eine von der WestLB unabhängige Zweckgesellschaft (Phoenix Light SF Ltd., kurz Phoenix) ausgelagert. Die aus den Wertpapieren resultierenden Risiken schirmten die Eigentümer der WestLB mit einer Garantie von 5 Milliarden Euro ab.
Die Europäische Kommission genehmigte die Auslagerung unter der Bedingung, dass im Gegenzug die WestLB AG ihren Geschäftsumfang um die Hälfte reduziert. Zur Umsetzung der Kommissionsauflage wurden bis April 2010 Bilanzpositionen über 77,5 Milliarden Euro auf die „Erste Abwicklungsanstalt (EAA)“ übertragen. In der Übertragung wurde von der EU-Kommission ein weiterer Beihilfetatbestand gesehen. Am 29. Juni 2011 wurden von den Eigentümern der WestLB AG, der Ersten Abwicklungsanstalt und der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung Eckpunkte zu einem Restrukturierungsplan vereinbart, die eine Aufteilung der WestLB AG vorsahen. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 genehmigte die EU-Kommission den auf der Eckpunktevereinbarung basierenden Restrukturierungsplan.
Die Geschichte der WestLB endete am 30.06.2012 mit Abschluss des Transformationsprozesses. Verblieben sind die Portigon AG als Dienstleister für Service- und Portfoliomanagement und die Portfolioabwicklung durch die EAA.
Die gesamten Vorgänge rund um die WestLB haben für das Land Nordrhein-Westfalen, die anderen Miteigentümer und letztendlich für den Steuerzahler zu Milliardenlasten geführt. Weitere noch nicht absehbare Belastungen bedingt durch die Abwicklung der WestLB sind zu erwarten. Eine parlamentarische Aufklärung dieser Vorgänge hat bisher nicht oder nur in Ansätzen stattgefunden. Der milliardenschwere Schaden für den Steuerzahler, aber auch die politische Kultur und das große öffentliche Interesse an der Aufklärung der politischen Verantwortlichkeiten für den Niedergang der Landesbank rechtfertigen die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses nach Maßgabe des folgenden Untersuchungsauftrags.