Dagmar Hanses: „Gemeinnützige Arbeit braucht klare, verbindliche Regeln.“

CDU-Antrag zu Tilgung von Geldstrafen durch gemeinnützige Arbeit

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Glückwunsch, Frau Kollegin Wagener! Ich glaube, das war Ihre erste Rede.
(Allgemeiner Beifall)
Aber: Die liebe CDU hat uns einen Antrag beschert, bei dem ich mich frage: Was will die CDU? – Wir können im Grunde noch weiter gehen, als die Kollegin Wagener eben beschrieben hat; denn wir haben nicht nur mit dem Haushalt beschlossen, dass die Mittel für freie Träger der Straffälligenhilfe hinsichtlich der Ableistung gemeinnütziger Arbeit erhöht werden, sondern Sie haben eben gerade noch – heute Morgen – Ihren Änderungsantrag zur Reduzierung um 100.000 € aufrechterhalten. Das habe ich nicht verstanden. Das konterkariert Ihren Antrag jetzt. Das – Ihr Änderungsantrag mit dem Kürzungsvorschlag heute Morgen und jetzt der inhaltliche Antrag – passt nicht zusammen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Eine solche Kehrtwende innerhalb von zwei Wochen? Was ist denn in der CDU los? – Gut, mittlerweile erkennen Sie die Bedeutung der gemeinnützigen Arbeit, den Wert der Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen. Besser spät als nie! Machen wir an der Stelle weiter. Sie haben die Zahlen des Ministers in Ihren Antrag übernommen. Auch das begrüßen wir sehr. Deutlich wird, dass das Ausgabereduzierungspotenzial der Haftvermeidung erheblich ist. Auch dazu unseren Respekt!
Sie haben eben in Ihrem Beitrag wörtlich nicht nur auf die Kosten abgehoben, Herr Kollege, sondern auch auf den Profit der Allgemeinheit, zusätzlichem Gemeinwohl oder die direkten Auswirkungen auf die Biografie der Menschen. Das ist deutlich lobend zu erwähnen.
Das Allerallerwichtigste aber ist, dass Sie aus Ihrem Maßnahmenkatalog ein klitzeklitzekleines Schräubchen herausgesucht haben, nämlich die Reduzierung von sechs auf fünf Pflichtstunden pro Tag für gemeinnützige Arbeit. Die Betroffenen sprechen übrigens immer von „Sozialstunden“. Wir bleiben gerne bei der „gemeinnützigen Arbeit“. Das alleine trägt überhaupt nicht dazu bei, dass die Abbruchquote sinkt. Ich sage Ihnen, was dazu beiträgt, dass die Abbruchquote sinkt und es gelingt, dass weniger Menschen in Haft landen:
Gemeinnützige Arbeit braucht klare, verbindliche Regeln, braucht Menschen, die sich darum kümmern, dass diese Regeln eingehalten werden, und zwar sowohl mit der Bewährungshilfe an den Landgerichten wie auch bei freien Trägern, Einrichtungen und Behörden, wo die gemeinnützige Arbeit abgeleistet wird. Es bedarf Menschen, die sich kümmern.
Gemeinnützige Arbeit braucht Geld, damit diese Menschen personell und sachlich ausgestattet sind.
Gemeinnützige Arbeit braucht Kompetenz und Fortbildung, damit auf die Menschen individuell eingegangen werden kann.
Gemeinnützige Arbeit braucht Einrichtungen, die Verständnis dafür haben, dass gemeinnützige Arbeit dazu beiträgt, Menschen manchmal nach sehr langer Zeit wieder einen strukturierten Tag zu ermöglichen.
Vergessen Sie nicht, dass die Reduzierung um eine Stunde überhaupt nichts bringt. Die Menschen sind in der Regel in großer Armut. Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre Rechnungen zu bezahlen, haben manchmal auch ein Problem, zu bestimmten Orten zu kommen, mit Behördenbriefen umzugehen. Alle diese Menschen dürfen wir nicht alleine lassen.
Wollen wir doch einmal schauen, was die CDU eigentlich möchte! Möchte die CDU – wie sie heute Morgen noch vorgeschlagen hat – die Kürzung oder doch bei der gemeinnützigen Arbeit weiterkommen?
Zum Schluss des Plenums muss ich an eine sogenannte christliche Partei doch noch einmal appellieren: Christlich-gläubige Menschen nutzen die Fastenzeit häufig zur Besinnung, zur Erneuerung und Überprüfung von Haltungen und Einstellungen. Liebe CDU, nutzen Sie die nächste Woche vor Ostern noch für eine Rechtsklausur. Das kann ich Ihnen sehr empfehlen. Dann sehen wir uns nach Ostern mit einem Signal des Aufbruchs für mehr gemeinnützige Arbeit in NRW wieder. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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