Manuela Grochowiak-Schmieding: „Wir tun gut daran, in die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und in die Weiterentwicklung der Hilfen gegen Armut zu investieren“

HH 2013 Soziales

Manuela Grochowiak-Schmieding (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst vor wenigen Wochen haben wir an dieser Stelle über den Sozialbericht des Landes NRW debattiert. Dabei ging es darum, dass viel zu viele Menschen aus unserem Wohlfahrtssystem herausfallen, am Rande stehen und nicht teilhaben können.
In Deutschland werden nach wie vor Menschen diskriminiert, weil sie arm sind, in kinderreichen oder alleinerziehenden Familien leben, einem anderen Kulturkreis oder sozialen Milieu entstammen oder eine Beeinträchtigung haben. Ihnen wird die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung, Arbeit, Gesundheitsversorgung, Freizeit, Kultur und Sport, eben allem, was unsere Gesellschaft so reich macht, verwehrt.
Wenn wir heute über den Sozialetat des Landes diskutieren, sprechen wir auch über die Finanzierung von Maßnahmen gegen Armut und von Hilfen für Menschen mit Behinderungen. Wir tun gut daran, in die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und in die Weiterentwicklung der Hilfen gegen Armut zu investieren
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
und auch in jene Verbände und Organisationen, die uns dabei unterstützen.
Es muss gelingen, für alle Menschen eine Perspektive für ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben in der Mitte unserer Gesellschaft zu schaffen. Soziale Gerechtigkeit ist der Schlüssel, sie ist der Garant für den sozialen Frieden und die Stärkung unserer Demokratie. Dem steht das ewige Mantra der FDP entgegen, die neoliberale Definition von gesellschaftlicher Solidarität: Verteilet von unten nach oben und gebet denen, die ohnehin schon haben, noch mehr. – Das ist einfach nur schädlich für unsere Gesellschaft.
(Beifall von den GRÜNEN und Inge Howe [SPD])
Die CDU mit dem C für „Christlich“ im Namen verausgabt sich beim Schutz des ungeborenen Lebens offenbar so sehr, dass sie für die Lebenden nichts mehr übrig hat. Für die Misshandelten, Missbrauchten, Verwahrlosten oder ganz einfach die Armen haben Sie nur populistische Anträge im Vorrat oder ein Streichkonzert für den Landeshaushalt, soweit daraus die soziale Unterstützung finanziert werden soll.
Natürlich lehnen wir derartige Anträge, wie sie uns von der CDU vorgelegt wurden, ab. Es geht um das Sozialticket oder den Arbeitsschutz, die Überprüfung der Einhaltung des Tariftreuegesetzes oder die Förderung der Arbeitslosenzentren – das alles halten Christdemokraten für überflüssig. Ihr Schweigen bei der Streichung der Förderung der freien Wohlfahrtspflege ist überlaut. Die Patientenbeauftragte soll abgeschafft werden, und der Landesbehindertenbeauftragte soll nach dem Willen der CDU in Zukunft wieder ehrenamtlich arbeiten.
(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)
Mir ist noch sehr lebhaft in Erinnerung, wie Sie, Herr Laumann, in der Debatte zum Nichtraucherschutzgesetz von der Beschädigung des Ehrenamtes gesprochen haben, weil in Zukunft auch in der Kneipe das Rauchen verboten sein würde. Tatsächlich wird das Ehrenamt beschädigt, wenn wir es überstrapazieren. Die vielseitige und wichtige Aufgabe des Landesbehindertenbeauftragten der ehrenamtlichen Arbeit zu überlassen, kommt in der Tat einer Überforderung des Ehrenamtes gleich. Das werden wir nicht geschehen lassen.
Ganz abgesehen davon laden Sie doch einfach einmal Herrn Killewald in Ihre Fraktion ein und lassen ihn zum Thema „Kommunikationshilfeverordnung“ oder „Kommunikationshilfen im Allgemeinen“ referieren. Denn mit Ihrem Antrag auf 100.000 € für Gebärdendolmetscher, den Sie eben noch so hochgelobt haben, zeigen Sie eigentlich nur eins: Sie haben immerhin mitbekommen, dass es da ein Problem gibt. Die gesamte Dimension ist Ihnen allerdings verborgen geblieben.
Wenn wir über ein warmes Essen für Kinder sprechen oder Sie so gerne betonen, dass die meisten Mittel dafür über das Bildungs‑ und Teilhabepaket der Bundesregierung bezahlt werden, dann sollten Sie auch erwähnen, dass dies ausschließlich Kinder aus Familien betrifft, die ohnehin schon im Leistungsbezug des SGB II sind. Alle anderen, die sich in prekären Lebenssituationen befinden, fallen aus diesem Netz heraus. Dafür haben wir auf Landesebene unseren Härtefallfonds. Den werden wir auch in Zukunft sichern, sodass jedes Kind tatsächlich eine warme Mahlzeit bekommt.
Meine Fraktion stimmt dem Einzelplan 11 heute zu. Wir behalten uns aber vor, mit entsprechenden Vorschlägen und Anträgen nachzujustieren. Sparen und Haushaltskonsolidierung ja, aber mit Augenmaß und ganz gewiss nicht auf dem Rücken der Armen und Ausgegrenzten unserer Gesellschaft. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und Inge Howe [SPD])