Andrea Asch: „Es muss darum gehen, alle Energie in den Bau von Plätzen vor Ort zu leiten“

Antrag der CDU-, FDP- und Piraten-Fraktion zum U3-Rechtsanspruch

Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Bund, Länder, Kommunen, Träger und natürlich nicht zuletzt die Einrichtungen stellt der Rechtsanspruch, der im August 2013 erfüllt sein muss, vor große Herausforderungen. Ich denke, darüber besteht Einigkeit in diesem Haus.
Aber CDU und FDP stellen hier Schauanträge, statt diesen durchaus schwierigen Prozess konstruktiv zu begleiten. Sie nutzen die große Aufmerksamkeit, die durch die Medien auf diesem Thema liegt, gnadenlos aus, um daraus politisches Kapital zu schlagen.
(Zuruf von der FDP)
In einer Situation, in der wir alle, auch die Opposition, an einem Strang ziehen sollten, um die Kommunen bei der Bewältigung dieser anspruchsvollen Herausforderung zu unterstützen, jagen Sie der schnellen Schlagzeile hinterher. Das ist unverantwortlich, auch für eine Opposition.
(Marcel Hafke [FDP]: Das ist immer noch keine Antwort auf unsere Fragen!)
Ich bin etwas enttäuscht, dass die Piratenfraktion, die sich bei diesem Thema bis jetzt immer sehr konstruktiv gezeigt hat, bei diesem sehr dünnen Antrag – da hätte man genauso gut eine Kleine Anfrage stellen können – beigesprungen ist. In diesem Antrag finden sich nämlich keine einzige konkrete Vorstellung und keine Idee vonseiten der Opposition, wie diese Herkulesaufgabe bewältigt werden könnte. Da kneifen Sie; dazu haben Sie nichts beizutragen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Im Gegenteil: Das, was Sie hier fordern, vergrößert den bürokratischen Aufwand auf allen Ebenen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist genau das Gegenteil von dem, was wir im Moment brauchen. Es kann doch nicht darum gehen, jetzt irgendwelche Excel-Listen zu fertigen, sondern es muss darum gehen, dass alle Energie in den Bau von Plätzen vor Ort geleitet wird. Das ist das Thema.
(Beifall von den GRÜNEN)
Frau Schröder hatte übrigens auch einmal diese Schnapsidee eines permanenten Berichtswesens. Alle Bundesländer, im Übrigen auch die CDU-geführten, haben das damals abgelehnt. Jetzt kommen Sie mit diesem dünnen Antrag.
(Zuruf von der FDP: Weil sie nicht wissen, wo sie stehen!)
Herr Hafke, dann wollen Sie Zahlen zu den Fachkräften. Kümmern Sie sich doch lieber darum – das sage ich vor allem in Richtung CDU-Fraktion –, dass die CDU-Arbeitsministerin in Berlin ihre Hausaufgaben macht und dass sie die Barrikaden bei der Umschulung der Fachkräfte abbaut. Den Fachschulen erlegt sie nämlich eine staatliche Zertifizierung auf. Das kostet 50.000 € im Monat. Das sind die bürokratischen Hürden, die abgebaut werden müssen. Das muss aber in Berlin passieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die rot-grüne Landesregierung und wir sind bereits initiativ geworden, um den Bedarf an Fachkräften zu decken. Wir haben die Ausbildungskapazitäten deutlich erhöht. Wir eröffnen zudem die Möglichkeit einer praxisintegrierten Ausbildung, damit wir wirklich mehr Erzieherinnen und Erzieher in die Einrichtungen bekommen.
Wenn Sie hier Schauanträge stellen – das sage ich an CDU und FDP gerichtet –, kann ich Ihnen eines nicht ersparen: Es war unter der Verantwortung von Schwarz-Gelb, dass wir bundesweit auf den letzten Platz der Tabelle gerutscht sind. Es war die Verantwortung der schwarz-gelben Landesregierung, die von den Kommunen verklagt wurde, weil die U3-Bundesgelder nicht an die Kommunen weitergeleitet wurden. Es war die Verantwortung der schwarz-gelben Landesregierung, die die Bundesmittel nach Haushaltslage gedeckelt und damit die Kommunen bei ihren Ausbauanstrengungen behindert hat. Das ist die Realität.
Hinzu kommt, dass Sie selbst, als Sie hier schon auf den Oppositionsbänken gesessen haben, gefordert haben, dass im Haushalt 2011 die Investitionsmittel für die Kommunen, die wir – Rot-Grün – eingestellt haben, wieder gestrichen werden. Dann stellen Sie sich hierhin und rufen: „Haltet den Dieb“? Das ist völlig absurd.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Asch, würden Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stamp von der FDP-Fraktion zulassen?
Andrea Asch (GRÜNE): Sofort, Herr Präsident! – CDU und FDP benehmen sich wie Müllnomaden, die aus einer Wohnung ausziehen, sie völlig vermüllt hinterlassen, hinterher kommen und sagen: Oh, hier ist es aber unordentlich. – Das genau ist Ihre Haltung.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Asch, darf ich nun die Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stamp zulassen?
Andrea Asch (GRÜNE): Jetzt, bitte schön, Herr Stamp.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön, Herr Kollege.
Dr. Joachim Stamp (FDP): Verehrte Kollegin Asch, herzlichen Dank. – Meine Frage – es war gerade ein Missverständnis mit dem Präsidium – bezieht sich auch auf einen etwas früheren Abschnitt Ihres Beitrags eben.
Sie haben gesagt, von unserer Seite seien keine Vorschläge gekommen. Teilen Sie nicht die Einschätzung, dass es sehr sinnvoll wäre, wie vom Kollegen Hafke angeregt, wenn wir eine regelmäßige Berichterstattung über die konkreten Zahlen, die konkreten Entwicklungen hätten, um ein entsprechendes Monitoring und Controlling in diesem Bereich gewährleisten zu können? – Danke schön.
Andrea Asch (GRÜNE): Lieber Kollege Stamp, wir befinden uns wenige Monate vor Wirksamkeit des Rechtsanspruches. In dieser Zeit geht es nicht mehr darum,
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Wir fordern das schon seit Monaten!)
auch den Trägern mehr an Bürokratie abzuverlangen. Es sind ja auch die Träger und die Kommunen, die die Zahlen liefern müssen. Hier gilt der alte Satz: Das Schwein wird nicht davon fett, dass man es öfter wiegt, sondern das Schwein wird davon fett, dass man ihm Futter gibt. Und das machen wir als Rot-Grün. Wir bezahlen die Plätze. Wir leisten die Investitionsmittel.
(Beifall von den GRÜNEN – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das Schwein ist das letzte Mal gewogen worden, als es noch ein Ferkel war!)
– Melden Sie sich noch einmal! Wir können nicht in einen Dialog gehen.
Bei aller Substanzlosigkeit hat dieser Antrag noch eine nette Petitesse: Plagiate sind zunehmend bei CDU und FDP ein Thema.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Aha!)
Machen Sie nicht solche Peinlichkeiten! Sie haben den Titel eines Antrages von mir aus dem Jahre 2009 übernommen: „Eltern nicht im Regen stehen lassen“. Das war ein grüner Antrag aus dem Jahre 2009. Sie schaffen es nicht einmal, eigene Überschriften für Anträge zu formulieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dann lautet die wesentliche Frage: Was kommt eigentlich aus Berlin an Unterstützung? Es ist klar: Frau Bundesministerin Schröder hat die letzten drei Jahre nichts, aber auch gar nichts für die Beschleunigung des U3-Ausbaus getan. Sie hat keinen Krippengipfel gemacht, um die neue Bedarfslage abzubilden und mit den Kommunen zu eruieren. Sie ist nicht in der Lage, die Bundesmittel an den gestiegenen Bedarf anzupassen – auch da Fehlanzeige!
Erst die rot-grünen Bundesländer waren es – wir erinnern uns –, die praktisch die Bundesregierung in den Fiskalpaktverhandlungen gezwungen haben, weitere 580 Millionen € für den U3-Ausbau zur Verfügung zu stellen. Sonst kommt von der Bundesregierung nichts an Unterstützung – im Gegenteil. Das unsinnige Betreuungsgeld wird eingeführt. Es wäre viel besser, die 1,5 Milliarden €, die dafür verpulvert werden, in den U3-Ausbau zu stecken. Das wäre wirklich eine Hilfe.
Die rot-grüne Landesregierung und die Fraktionen von SPD und Grünen bringen den U3-Ausbau voran. Wir beseitigen die Blockaden: 400 Millionen € mehr Investitionskosten, 1,4 Milliarden € an laufenden Betriebskosten.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.
Andrea Asch (GRÜNE): Ich komme zum Ende. – Das ist konkrete Unterstützung beim Aufbau der Krippenplätze.
Ich möchte mich nun bei all denen bedanken, die an dem Projekt mit Elan, mit Energie und mit großem Arbeitseinsatz mitwirken. Das sind sehr viele im Lande. Aber eines ist sicher: Die Fraktionen von CDU und FDP gehören nicht dazu. – Ich danke Ihnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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