Reiner Priggen: „Der Haushalt ist ehrlich.“

Landeshaushalt 2013 - Erste Lesung

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist immer ein Vergnügen, Herrn Lindner zuzuhören und auch nach ihm zu reden. Ich habe das auch am Wochenende gemacht, habe mir Ihre Parteitagsrede angehört: Sie sind „der Messias der FDP“.
Aber das ist ein neues Geschäftsmodell – das kann auch nur die FDP machen: ein Messias mit beschränkter Haftung!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich gehe gleich noch auf ein paar konkrete Punkte ein. Ich finde es schon faszinierend. Wir beide sind im Jahre 2000 in den Landtag gekommen. Sie waren bis 2009 hier, davon vier Jahre in Regierungsverantwortung, stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Da hatten Sie Verantwortung. 2009 sind Sie nach Berlin in den Bundestag gegangen, sind wenige Monate später Generalsekretär geworden und haben das Amt zwei Jahre später aufgegeben.
Über die Umstände, unter denen Sie das gemacht haben – à la bonne heure! – habe ich im Fernsehen auch etwas gesehen. Sie werden Ihre Gründe gehabt haben. Aber Sie sind da rausgegangen. Dann sind Sie hierhin zurückgekommen und haben einen spektakulären Wahlkampf gemacht, die Fraktion in den Landtag gebracht.
Immer wenn Sie hier reden, wenn Sie hier auftreten, tun Sie so, als ob Sie für das, was Sie gemacht haben, nicht verantwortlich sind. Sie waren in führender Position dabei, Sie sind der starke Mann der FDP, auch wenn Sie nur – „nur“ in Anführungsstrichen – bei uns in der Landesliga sind. Niemand wird demnächst Bundesvorsitzender ohne, dass Sie ja sagen. Also haben Sie Verantwortung, Sie hatten sie auch in der Vergangenheit.
Das meine ich mit „Messias mit beschränkter Haftung“. Die Verantwortung – das ist die Haftung – ist nie da. Ich werde Ihnen ein paar Beispiele, die Sie eben aufgezählt haben, nennen. Es ist immer etwas schwierig, nach Ihnen zu reden. Es waren einfach zu viele zu schöne Sachen.
Sie haben gesagt, 1 Milliarde € Grundsicherung stellen Sie jetzt im Bund zur Verfügung als Konsequenz aus Fehlern bei Hartz IV. Ich kann mich dunkel daran erinnern: Wir haben mit der Minderheitsregierung angefangen. Wir haben den Schritt gemacht. Dadurch war die Bundesratsmehrheit weg.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dann mussten Sie tatsächlich Kompromisse eingehen. Zu der Art, das hier als generöses Geschenk darzustellen: Den Teufel hätten die getan, wenn wir das nicht gemacht hätten und im Bundesrat die Mehrheit geknackt hätten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD
Lassen Sie mich Folgendes noch sagen: Es war eine tolle Rede eben. Zum Schluss waren Sie bei Hollande und sind in Europa gelandet. Es hätte nur noch die Reise über den Teich gefehlt. Aber es war nicht ein konkreter Vorschlag dabei, wie das, was uns beschäftigt, im Landeshaushalt gemacht werden soll.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Sigrid Beer [GRÜNE]: Lindner for President!)
Das war die ganz große Tour.
Dann haben Sie die Frage der Stellen bei Minister Remmel angesprochen. Das ist – das war auch in Ihrer Parteitagsrede so – ein Dauerbrenner. Kollege Laumann hat es auch angesprochen. Ich habe hier – das vergessen Sie immer gerne, weil Sie da noch in Verantwortung waren – zwei Schriftstücke, die ich Ihnen im Sinne der Transparenz – die Kollegen der Piraten waren nicht dabei – gerne zur Verfügung stelle. Wenn sie jemand haben möchte, möge er sich melden, er bekommt sie. Es sind interne Briefe, Schriftwechsel aus der Regierung Rüttgers/Pinkwart damals gewesen.
Das eine war ein Brandbrief des damaligen Regierungspräsidenten in Arnsberg an Umweltminister Uhlenberg, datiert vom 9. Juni 2010, in dem er sich bitterlich darüber beklagt, dass er in der Umweltverwaltung nicht mehr das technische Personal hat, um die notwendigen Untersuchungen, die Überprüfungen laufender wichtiger industrieller Betriebe machen zu können – 9. Juli 2010.
(Beifall von Hans Christian Markert [GRÜNE])
Dann gibt es einen Brief des damaligen Umweltministers Uhlenberg an den Innenminister Ingo Wolf vom Dezember 2009, in dem er sich der Umweltminister beim Innenminister darüber beklagt, dass er nicht das Personal hat, um existenzielle Sicherungsaufgaben durchzuführen, und dass er darin die Risiken sieht.
Auf insgesamt 23 Seiten wird im Detail erläutert, wo Stellen in Bezirksregierungen notwendig sind, technische Stellen – man braucht Ingenieure –, es kommt eine Auflistung der Firmen, um die es geht, u. a. Envio in Dortmund, wobei wir hinterher erlebt haben, dass Beschäftigte mit ihrer Gesundheit dafür bezahlen, dass das technische Personal da nicht zur Verfügung stand.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das sind genau die Stellen, um die es geht. Beide Dokumente stelle ich Ihnen gerne zur Verfügung – so viel zu der Legende: Remmel ist der Gewinner. Remmel wird hier beschenkt. Die Grünen tanzen den Sozialdemokraten auf der Nase herum und Ähnliches. Das ist alles Quatsch.
Der Arbeitsstil hier ist ein anderer. Das, was Ihre eigenen Bettelbriefe – Ihre Bittbriefe, Entschuldigung – belegen …
(Zuruf von Christian Lindner [FDP])
– Entschuldigung, ich gucke Herrn Uhlenberg an. Ich nehme das zurück. Das ist ein Brief des Umweltministers an den Innenminister, der heute auch noch Mitglied des Parlaments ist, in dem er in deutlicher Einmütigkeit schildert, dass er diese Stellen braucht. Das ist kein Bettelbrief, sondern er schildert es sehr sachlich.
Die letzte eingefügte Datei ist 17018.docx<
Das haben wir genau umgesetzt. Das ist eine ganz andere Situation, die Herr Linder, der damals noch hier war und es wissen müsste, eigentlich selbst beurteilen könnte.
(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])
Noch einige Worte – das ist eine neue Nummer, die Sie immer auflegen – zum angeblichen Konflikt Remmel/Duin:
(Heiterkeit von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft – Christian Lindner [FDP]: Da gibt es keinen Konflikt!)
Zu dieser Darstellung kann man nur kommen, wenn man Rösler und Altmaier vor Augen hat – und vorher Röttgen und Rösler.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Jetzt entschuldige ich mich präventiv bei Herrn Altmaier und bei Herrn Rösler. Meine Oma hat immer gesagt: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“
(Heiterkeit von den GRÜNEN)
Das würde ich zu beiden Kollegen nicht sagen. Die folgende Nummer wird in Berlin gegeben: Herr Altmaier macht den im Kern sinnvollen Vorschlag, Bürger mit Einlagen an der Erstellung der Stromnetze zu beteiligen. Dieser Vorschlag ist gut, aber zuständig ist Rösler. Rösler dementiert ungefähr 30 Sekunden später. Damit ist der Vorschlag im Orkus gelandet. – Dieses Politikmuster ist hier nicht der Fall.
(Zustimmung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)
Diese beiden Kollegen – das haben wir mehrfach erlebt – arbeiten vernünftig miteinander.
(Christian Lindner [FDP]: Duin ist harmloser als Rösler!)
Sie werden an dieser Stelle ganz bestimmt nicht den Keil hineintreiben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dann haben Sie und der Kollege Laumann angesprochen, dass es eine Reihe von Bundesländern gebe, die jetzt zum Glück tilgungs- oder schuldenfrei sind. Ich nehme an, dass das so stimmt; das unterstelle ich einfach. Sie haben Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Brandenburg angeführt.
Ich sage Ihnen: Wir in Aachen bezahlen das mit 16 Millionen € pro Jahr über den Soli Ost. Mir hat ein brandenburgischer Fraktionskollege gesagt: „Wir überlegen, wie wir Festgeld anlegen können.“ Ich sage Ihnen: Sie in der Bundesregierung – dort haben Sie Verantwortung – müssen doch irgendwann erkennen, dass man, auch wenn man Verträge einhält, an anderen Stellen nachjustieren und ausgleichen muss, aber stattdessen bezahlen wir das aus einer solchen Situation heraus.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich sage noch einmal ganz klar, dass der Soli Ost notwendig war. Denn nach 1989 war es notwendig, im Osten aufzubauen. Aber wenn ich jetzt zu Parteitagen nach Dresden, Leipzig, Erfurt oder Rostock fahre und mir demgegenüber den Kampf um die Wiedereinführung einer Straßenbahn bei uns in Aachen anschaue, kann ich nur staunen und bewundern, dass da etwas Hervorragendes geschaffen wurde. Wenn ich mir manche Städte im Ruhrgebiet dagegen ansehe, halte ich es für an der Zeit, auszutarieren. Da sind Sie in der Verantwortung.
Wenn man akzeptiert, dass Verträge einzuhalten sind, ist das nicht das Einzige. Wir haben zeitgleich eine Verteilung zwischen den Ländern, die strukturell in ganz wichtigen Bereichen seit Jahrzehnten zum Nachteil von Nordrhein-Westfalen ist. Da haben wir keine Unterstützung bei Ihnen. Das ist zum Beispiel im Verkehrsbereich der Fall. Wir haben nachgerechnet: Über den Daumen fehlen Nordrhein-Westfalen, wenn wir den Königsteiner Schlüssel anlegen, also die Verteilung auf die Länder nach Einwohnerzahl, etwa 500 Millionen € pro Jahr für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur.
(Zuruf von Christof Rasche [FDP])
An dieser Stelle haben Verkehrsminister aus Süddeutschland immer und ohne jede Hemmung Gelder für Bayern oder für Baden-Württemberg organisiert. Für Nordrhein-Westfalen war das nicht der Fall.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Monika Pieper [PIRATEN])
Ich akzeptiere den Nachholbedarf in den fünf neuen Ländern völlig. Aber wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, an dem wir wirklich sagen können: Da muss anders justiert werden.
Ähnlich ist es im Hochschulbereich. Gemessen an der Zahl der Studierenden und der Zahl der Hochschulen gibt es Ungleichgewichte, die man korrigieren müsste.
Ich will Ihnen noch etwas sagen: Das Tollste für mich war, dass bei den Kosten der Unterbringung Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz einen höheren Anteil als Nordrhein-Westfalen bekommen. Diese Punkte sind nachzujustieren, weil gar nicht einzusehen ist, dass bei uns die Kommunen weniger bekommen.
Dazu hören wir von Ihnen nichts, obwohl Sie Einfluss und Verantwortung haben. Auch Herr Laumann hält sich an dieser Stelle heraus.
Herr Lindner, das war insgesamt eine Fortsetzung dessen, was Sie auf dem Parteitag gemacht haben. Da haben Sie gejammert, man hätte Ihnen Currywurst versprochen, und jetzt bekämen Sie Tofu.
(Zustimmung von Christian Lindner [FDP] – Zurufe von der SPD)
Ich sage Ihnen in Ihrer Sprache: Wenn man daran gewöhnt ist, dass Mövenpick in der Partei die Kanapees auf den Tisch stellt, sind natürlich Currywurst oder Tofu etwas ganz Hartes.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Oh!)
– Das ist Ihr billiges Muster.
(Christian Lindner [FDP]: Stumpfe Waffen!)
Sie haben die SPD wegen der Beteiligung an einem Kreuzfahrtschiff kritisiert, das – so habe ich es verstanden – zum Partydampfer umgebaut worden wäre. Mir ist egal, was die SPD mit Eigentum macht. Aber dass Sie die wirtschaftliche Betätigung der SPD kritisieren,
(Christian Lindner [FDP]: Nö!)
während Sie gleichzeitig in der FDP diese hochgradig dubiosen Druckereigeschäfte mit Gauselmann haben, bei denen man nicht weiß, was da ist, und von denen ich finde, dass auf Bundesebene untersucht werden sollte, ob das illegale Parteienfinanzierung ist oder nicht …
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Schon erledigt! Schon entschieden! – Weitere Zurufe von der FDP)
– Ganz ruhig! – Es gibt einen uralten Spruch von Guido Westerwelle:
„Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt …“
(Zuruf von Kai Abruszat [FDP])
Ich wäre mit allen Vergleichen aus der Seefahrt vorsichtig.
Dann haben Sie gesagt: Die NRW-FDP sei der Stabilitätsanker der Bundes-FDP. Aber ich entgegne Ihnen: Bei der Titanic hat der Anker auch nichts genützt.
(Heiterkeit und Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Heiterkeit von den PIRATEN – Christian Lindner [FDP]: Trara! Trara! Trara!)
– Sehen Sie: Er hat es verstanden; das ist angekommen. Mehr sollte es nicht sein. Kollege Lindner, guter Reflex!
(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
Richtig ist: Wir haben unterschiedliche Auffassungen. Wir haben registriert, dass Sie in der Fraktion Veränderungen vorgenommen haben, bei denen man gedacht hat: Da kann man miteinander reden.
Für mich als Grüner, der lange dabei ist, war nicht gut nachzuvollziehen, dass man zwar mit den Kollegen der CDU gut in den Diskurs kommen kann, ebenso mit den Kollegen von der SPD – auch mit den Linken konnte man reden –, es aber länger als zehn Jahre eine Eiseskälte zur FDP gab. Das war in der Entstehungsgeschichte der Fraktion begründet. Der Möllemann hat sie da sehr klar aufgestellt.
Ich dachte: Das sind ein paar Signale, die das aufbrechen. – Aber irgendwie taumeln Sie. Es ist nicht ganz klar, was Sie wollen. Wollen Sie jetzt mit einem neuen Aufbruch in Richtung sozial-liberal oder Ampel? Oder wollen Sie von Frau Merkel noch schnell 3 % abzocken, um in Berlin zu überleben und dann irgendwann den Wechsel zu machen?
(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])
Ihr Vorgehen ist nicht klar. Das müssten Sie irgendwann einmal austarieren.
Lassen Sie mich zum Kollegen Laumann kommen. Denn bei beiden Vorsitzenden der Oppositionsfraktionen war die deutliche Erleichterung zu merken, dass andere jetzt die Mehrheit haben und die Arbeit machen müssen.
(Widerspruch von der CDU und der FDP)
Da habe ich mich gewundert. Aber das ist in Ordnung, das kann man so machen.
Herr Kollege Laumann, Sie haben eine Rede gehalten. Ich weiß, dass Sie Probleme mit der Doppelspitze haben.
(Karl-Josef Laumann [CDU] winkt ab.)
Ich will auf die Bilder gar nicht eingehen. Ich sage es Ihnen nett: Wir alle haben Weihnachtsbäume vor den Fraktionsbüros im Landtag. Die einzige Fraktion, die einen Weihnachtsbaum mit Doppelspitze hat, ist die CDU.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich habe es mir gestern noch einmal angeschaut. Also, das muss ein Geschenk der Partei sein. Der Laschet ist an dieser Stelle wirklich raffiniert.
(Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Kollege Laumann, wir als Sozialdemokraten und Grüne haben in diesem Jahr drei Haushalte eingebracht und behandelt. In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir hier über insgesamt fünf Haushalte debattiert. Sie haben jedes Mal konkrete Einsparvorschläge angekündigt. Heute Morgen habe ich in der Zeitung gelesen, Mitte Januar machten Sie eine Klausur und dann kämen die konkreten Einsparvorschläge. Anschließend war wieder von den 200 Stellen von Remmel die Rede. Ich habe Ihnen das schon eben gesagt. Über die Stellen können wir gerne weiter diskutieren. Ich bin wirklich auf Ihre konkreten Einsparvorschläge gespannt.
Man muss doch ehrlich sagen: Es gibt jetzt einen Haushalt, der in einer gewissen Linie ist. Wir haben die Neuverschuldung 2010 mit 6,5 Milliarden €, 2011 mit 4,8 Milliarden €, 2012 mit 3,6 Milliarden € plus 1 Milliarde € WestLB und jetzt 3,5 Milliarden € etatisiert. Darin gibt es noch einmal 1 Milliarde € Einsparungen, 150 Millionen € davon titelscharf. Vorhin haben wir ja bereits Rückmeldungen bekommen: Herr Lindner akzeptiert einen Einsparvorschlag im Kulturbereich nicht. Prof. Sternberg und andere haben sich ähnlich geäußert. Es gibt aber auch andere Rückmeldungen. Wir wissen ganz genau, es müssen zusätzlich 350 Millionen € über die Ressorts und 500 Millionen € ausgebracht werden. Das wird 1 Milliarde € sein. Dies wird auch nicht ohne Auswirkungen bleiben.
Die Strecke ist nicht zu Ende. Sie wird in den nächsten Jahren weitergehen müssen. Der Haushalt ist ehrlich. Er beinhaltet keine aufgesetzten Zahlen, wie das in der Vergangenheit oft der Fall war. Und er ist solide ausgearbeitet. Die Kollegen haben drei Haushalte in einem Jahr bearbeitet. Aber, es ist nicht schön, einen Haushalt vorstellen zu müssen, in dem drei 3,5 Milliarden € Schulden aufgenommen werden. Das will ich ganz klar sagen. Insofern werden die Anstrengungen an der Stelle weitergehen. Ich möchte Ihnen aber einmal die Planzahlen für die Schuldenaufnahme von Finanzminister Linssen für diese Jahre nennen:
(Christian Lindner [FDP]: Welches Jahr?)
2010 6,7 Milliarden €, 2011 6,7 Milliarden €, 2012 6,6 Milliarden €, 2013 6,5 Milliarden €.
(Zuruf von Christian Lindner [FDP])
– Lassen Sie mich doch ausreden! Ich bin ja noch gar nicht fertig! – Ich gestehe ja zu, dass die Einnahmesituation heute besser ist.
(Christof Rasche [FDP]: Aha!)
Ich sage Ihnen aber, was bei Linssen immer geschönt war: Die zu erwartenden Kosten hat er nicht sauber eingestellt. Die Dimension war jedoch deutlich höher als heute.
Ich möchte noch Einiges zum Haushalt sagen. Es stellt sich natürlich die Frage, wenn die Einnahmesituation besser ist, woher die Aufwüchse, die Mehrausgaben kommen. An dieser Stelle können wir drei große Bereiche festmachen:
Der erste Bereich ist das, was wir zusätzlich aufwenden müssen für Versorgung, für Beihilfe, für Tariferhöhungen. Das sind ungefähr 860 Millionen €. Ich möchte sehen, wie Sie da herauskämen. Ich warte auf die Vorschläge der CDU Mitte Januar, ob an dem Block etwas geändert wird.
Der zweite große Block sind Zuweisungen an Kommunen, Einheitslastenausgleich und Stärkungspakt Stadtfinanzen, in toto 413 Millionen €. Da kann man wirklich bilanzieren: Sie haben unter Federführung der FDP in Ihrer Koalition den Kommunen Milliardenbeträge weggenommen. Und wir zahlen doch jetzt alleine aufgrund der zwei Verfassungsklagen, die gegen die Regierung Rüttgers eingereicht und zu der Zeit unserer Minderheitsregierung abgeschlossen wurden, 270 Millionen €, Einheitslastenausgleichsgesetz und KiföG. Das sind Rechnungen, die wir für Sachen bezahlen, die Sie angerichtet haben, weil Sie den Kommunen etwas weggenommen haben.
Der dritte große Bereich betrifft Bildung und Hochschulen. Wir haben im Vergleich zu 2012 175 Millionen € Mehraufwendungen für die Hochschulen aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen, davon allein BAföG 66 Millionen €, und 530 Millionen € für zusätzliche Studienplätze. Davon kommen – fairerweise gesagt – 50 % vom Bund. In toto sind es 2013 705 Millionen € mehr für die Hochschulen als 2012. Dies ist auch eine Reaktion auf die steigenden Studierendenzahlen. Das ist eine Leistung.
Wenn ich alles zusammen nehme, also mit den Mitteln in Höhe von 112 Millionen € für die frühkindliche Bildung bei U3, dann komme ich für die Blöcke Personal, Kommunen, Bildung auf 2,1 Milliarden € Mehrausgaben. Im Prinzip ist alles gesetzlich vorgeschrieben, gesetzlich notwendig, in Teilen vom Bund refinanziert. Was werfen Sie uns vor? Was wollen Sie an der Stelle einsparen?
Ich habe bisher keine Einsparvorschläge von Ihnen gehört. Ich bin wirklich gespannt darauf. Wir werden die weiteren Beratungen ja in den einzelnen Ausschüssen fortsetzen. Den Haushalt 2014 werden wir fast parallel vorbereiten müssen.
Aber die Bilanz dieser Debatte ist für mich: Zwei Fraktionen sind im Prinzip froh, dass andere die Arbeit machen, da sie aus unterschiedlichsten Gründen aus der Diskussion aus steigen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Zu den Piraten sage ich mit Nachsicht, um auch fair zu bleiben: Sie sind gerade in den Landtag gekommen. Es ist immer spannend, Ihre Debattenbeiträge zu erleben. Sie müssen eine Partei neu aufbauen. Von daher gebe ich Ihnen – das ist nicht gönnerhaft – ein Jahr. Das ist für mich normal. Ich weiß, wie es ist, eine Partei aufzubauen. Sie haben zwei Ratsmitglieder. Ihnen fehlt der ganze Unterbau. Sie müssen die Programmatik diskutieren. Das haben die anderen in Jahrzehnten erarbeitet. Da ist mein Anspruch nicht, dass Sie uns sagen, wo im Haushalt gespart werden muss. Wenn etwas kommt, dann ist es gut. Aber das ist nicht mein Anspruch. Aber die anderen beiden Fraktionen, die hier Verantwortung hatten und in Berlin Verantwortung tragen, die zum Teil das Desaster mitverursachen, dass den Kommunen und dem Land immer wieder das Geld weggenommen wird, die müssen die Verantwortung wahrnehmen. Und das haben sie erkennbar nicht gemacht. – Danke schön.
(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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