Matthi Bolte: „…, letzten Endes für ein neues Verhältnis von Bürgerinnen und Bürgern, Politik und Verwaltung…“

Antrag der Piraten-Fraktion zu Open Gouvernment

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im September haben – das ist eben schon angesprochen worden – die regierungstragenden Fraktionen den Antrag „Modernes Regieren im digitalen Zeitalter“ eingebracht, und darin haben wir Eckpunkte für eine Open-Government-Strategie des Landes Nordrhein-Westfalen definiert. Am vergangenen Donnerstag fand dazu die eben auch schon angesprochene Anhörung des Innenausschusses statt.
Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass diese Anhörung auch über einen Stream übertragen wurde. Das war beileibe nicht aus Interesse der CDU-Fraktion. Es war der Ausschussvorsitzende aus der CDU-Fraktion, der das mit einem Verweis auf einen nicht existierenden Ältestenratsbeschluss noch torpedieren wollte.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie sollten sich nicht mit fremden Federn schmücken, Herr Kollege.
Mit unserer Open-Government-Strategie wollen wir für mehr Transparenz sorgen, für mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten, letzten Endes für ein neues Verhältnis von Bürgerinnen und Bürgern, Politik und Verwaltung. Dazu muss ich einmal zu den Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion sagen: Diese Ideen und Vorstellungen für dieses neue Verhältnis sind über viele Jahre gewachsen. Sie kommen immer mit einem Impetus, als müssten Sie uns erklären, wie Demokratie funktioniert.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Nordrhein-Westfalen ist kein Schurkenstaat. Wir wissen sehr wohl, was Demokratie ist und was es damit auf sich hat. Wir wissen aber auch – das gestehe ich ohne Weiteres zu –, dass es durchaus Punkte gibt, mit denen wir politische Prozesse verbessern können. Deswegen haben wir Open Government, auch ein Transparenzgesetz, als ganz konkrete und prominente Maßnahmen in Koalitionsvertrag definiert. Ich kann insofern sagen: Das steht im Koalitionsvertrag, und es wird kommen.
Ich möchte aber noch eines ganz klar sagen: Bei jedem Mitbestimmungsprozess, den man anlegt, geht es auch darum, dass die Form des Prozesses zu dem Gegenstand passt, also dazu passt, worüber es eigentlich Mitbestimmung geben soll. Ich glaube, dass dies nur dann gewährleistet ist, wenn es ein Gesamtkonzept gibt, also eine solche Strategie, wie wir sie von den regierungstragenden Fraktionen vorgeschlagen haben.
Wenn ich da einzelne Maßnahmen herausgreife, will ich zumindest die Gefahr benennen, dass wir am Ende eine Situation bekommen, wo wir den Bürgerinnen und Bürgern, die wir als regierungstragende Fraktionen – genauso wie sie und die anderen Fraktionen wohl auch – einbeziehen wollen, statt einer Kiste mit blauen Büchern einen Datensatz in die Hand geben. Damit wäre für Transparenz und Mitbestimmung nichts gewonnen. Deswegen ist für mich ganz zentral, dass wir ein Gesamtpaket für Partizipation schaffen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dabei wird Open Data helfen. Weil Open Data richtig und sinnvoll ist, machen wir das auch. An den Stellen, wo es noch nicht passiert, werden wir es vorantreiben. Wir werden unsere offenen Datenbestände sukzessive ausweiten. Insofern sind durchaus – das können Sie für die weiteren Beratungen mitnehmen – einige Ansätze, gerade was offene Datensätze angeht, in Ihrem Antrag durchaus richtig. Das gestehe ich ohne Weiteres zu, auch wenn die Ideen nicht unbedingt neu sind.
Wenn Sie sich über das Tempo beschweren, kann ich dazu sagen: Das ist halt so, das macht die Opposition eben, wenn sie eine Idee von der Regierung gut findet, dass sie dann sagt, dass das Tempo falsch ist. Das ist okay.
Im Rahmen der Open-Government-Strategie müssen und können wir über neue Formen von Mitbestimmung sprechen. Es ist völlig in Ordnung, dass Sie die heutige Debatte angestoßen haben. Darüber können wir dann auch reden. Ich weiß aber nicht, ob das bei einem Haushaltsentwurf, der heute Morgen im Parlament eingebracht wurde, sinnvoll ist. Wir sind Ende 2012, und es geht um den Haushaltsentwurf für 2013. Wir haben eine klare Aufgabenstellung vom Verfassungsgericht bekommen, dass das Haushaltsverfahren zügig abgeschlossen werden muss. Das wird Ihnen gefallen. Sie nehmen ja immer die alten Textbausteine von der Linken und lesen die vor.
Partizipation macht Arbeit und erfordert Engagement und vor allem Zeit. Das ist auch gut so. Wenn ich nämlich einen Partizipationsprozess durchführen will, muss ich das auch seriös machen. Sonst streue ich den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen und suggeriere ihnen Mitbestimmungsmöglichkeiten, die es nicht gibt. Deswegen müssen wir, wenn wir über Partizipation sprechen, das seriös machen und dürfen das nicht einfach nur für die Galerie fordern, sondern müssen das wirklich gemeinsam angehen.
(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Völlig d‘accord!)
Insofern habe ich wahrgenommen – das habe ich auch aus den Debatten entnommen, die wir bisher schon dazu hatten, weil das Thema Open Government ja so ganz neu nicht ist und uns, wie ich das schon angesprochen habe, schon in der letzten Zeit beschäftigt hat –, dass sich in diesem Hause viele für das Thema interessieren. Deshalb bin ich guter Hoffnung, dass wir diesen Prozess gemeinsam voranbringen. Ich lade jedenfalls alle Kolleginnen und Kollegen ganz herzlich dazu ein, an diesem wichtigen Thema für uns, für Nordrhein-Westfalen und für unsere Bevölkerung mitzuwirken und es zu einem Erfolg zu machen. Denn ich glaube, unser Land braucht ein solches Projekt. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)