Rolf Beu: „Wir wollen in NRW den Vorrang für Bus und Bahn“

FDP- und CDU-Antrag zu Arbeitsplätzen im Omnibusgewerbe

Rolf Beu (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP! Der irische Schriftsteller Frank Delaney hat einmal gesagt: Jedes zu seiner Zeit, jedes nur am richtigen Ort. – Wenn man es mit diesem Antrag wirklich ernst meinen würde, dann hätte man ihn durchaus auch – es gibt ja eine gewisse Vorlaufphase – im Fachausschuss stellen und ihn dort fachlich angemessen beraten, begleiten und entscheiden können, statt ihn – so wie hier – im Prinzip nur als Top-Thema direkt in das Plenum einzubringen.
(Christof Rasche [FDP]: Das können wir ja noch tun!)
– Ja, das können wir tun. Das habe ich gestern auch schon angesprochen.
(Christian Lindner [FDP]: Das zeigt die Eilbedürftigkeit!)
– Herr Lindner, ich glaube – das hatte ich gestern in Gesprächen auch mit Kollegen Ihrer Fraktion gesagt –, man kann diese Diskussion durchaus führen. Das muss differenziert betrachtet werden. Aber diesen Eilantrag sehen wir nur als populistisch und ablehnungsfähig an.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
In Ihrem Antrag fordern Sie freie Fahrt zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir sind der Überzeugung, dass sich gute Arbeit lohnen muss und eine gute Bezahlung verdient. Warum sollen Busfahrerinnen und Busfahrer, die dieselbe Arbeit leisten, mehr verdienen, wenn sie in einem öffentlichen Unternehmen angestellt sind, als andere, die teilweise auf denselben oder vergleichbaren Strecken fahren, die teilweise dieselben Uniformen tragen, die sich teilweise in denselben Fahrzeugen befinden und praktisch dieselben Leistungen erbringen?
(Christof Rasche [FDP]: Fragen Sie doch mal die Stadtwerke Bonn!)
– Das habe ich ja getan, Herr Kollege. Die haben keine, die zahlen nur nach TV-N.
(Zuruf von den GRÜNEN: Aha!)
Ich kann es Ihnen zeigen. Die Mail habe ich da. Sie können sie gerne nachlesen.
(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)
Die Verordnung des Ministers Schneider ist eindeutig und sorgt auch im Bereich des ÖPNV für Tariftreue, wie wir sie mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz einfordern. Und sie bringt eine Gleichbehandlung des Fahrpersonals.
Der NWO-Tarifvertrag hält zwar den geltenden Mindestlohn von 8,62 € ein, liegt aber deutlich – und das ist auch die Grundlage – unter dem TV-N.
Wir wissen, dass Sie Mindestlöhne grundsätzlich ablehnen. Aber auch Ihnen muss eigentlich klar sein, dass für dieselbe Leistung, für dieselbe Arbeitserbringung eigentlich dasselbe Gehalt gezahlt werden muss.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dieselbe Arbeit zum selben Lohn! Die Höhe des Lohns ist immer noch Sache der Tarifpartner.
Diese neue Regelung wird außerdem dafür sorgen, dass zukünftig der Wettbewerb bei den Ausschreibungen im ÖPNV fairer gestaltet wird. Denn jeder kann im Prinzip sowohl als Öffentlicher als auch als Privater aufgrund derselben Lohnstruktur anbieten.
Wir müssen aber auch eingestehen, dass die Sorge teilweise berechtigt ist, dass die Verordnung von den Gebietskörperschaften als nicht kommunalfreundlich betrachtet werden kann. Wir sehen genauso mit Sorge, dass die Verordnung von einzelnen Unternehmen als Argument für Personalreduzierung gebraucht werden kann. Das sind Sorgen, die man wirklich ernst nehmen muss.
Es ist festzustellen, dass diese Verordnung nicht von heute auf morgen die Unternehmen treffen wird, denn – wie Sie sicherlich wissen – die Verordnung greift erst zum 1. Februar nächsten Jahres und nur für dann neue Tarife, also für neue Verträge. Die Verträge im ÖPNV werden aber meistens über mehrere Jahre geschlossen, sodass es durchaus Übergangszeiten gibt, in denen man eine Angleichung der jetzt gültigen Tarife auf einem anderen Niveau ohne große Steigerung realisieren könnte.
Wir wollen in NRW den Vorrang für Bus und Bahn. Daher sehen wir auch die potenziellen Gefahren. Wir werden die künftigen Entwicklungen in den Regionen und Kommunen hinsichtlich möglicher Änderungen im ÖPNV-Angebotsumfang, in der Tarifflucht, in der Monopolbildung und in der Fahrpreisentwicklung kritisch beobachten, zur gegebenen Zeit evaluieren und, wenn nötig, durch weitere Maßnahmen positiv beeinflussen. Diese Verbesserung für das Fahrpersonal darf nicht auf den Schultern der Fahrgäste ausgetragen werden. Und auch die Haushaltslage der Kommunen in NRW lässt kaum weitere Kostensteigerungen zu. Auf keinen Fall darf dies zur Einschränkung im Angebotsumfang führen, denn der ÖPNV ist ein wichtiges Mittel zum Klimaschutz, welches wir weiter fördern und unterstützen wollen.
All dies werden wir beobachten, und das Ministerium hat dies zur gegebenen Zeit zu evaluieren.
Aber heute, zehn Tage nach dem Erlass der Verordnung, kann man Ihren Antrag mangels ausführlicher Diskussion nur ablehnen. Wenn Sie die Interessen des ÖPNV, der Unternehmen, der Fahrgäste und der Kommunen wirklich ernst nehmen würden, dann würden Sie eine sach- und fachgerechte Beratung unter Einbeziehung aller Beteiligten im und durch den Fachausschuss betreiben.
Zum Schluss noch kurz zwei Sätze zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU. Wenn es für ein und dieselbe Arbeit zwei unterschiedliche Tarife gibt, können Sie doch nicht allen Ernstes in Ihrem Entschließungsantrag von nichtkonkurrierenden Tarifen sprechen.
(Zuruf von den GRÜNEN: Ja!)
Das erklären Sie bitte mal den Busfahrerinnen und Busfahrern, die für dieselbe Arbeit spürbar unterschiedliche Löhne erhalten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Und ist nicht die Information zutreffend, wonach Herr Laumann in der vorherigen Wahlperiode erklärt hat – ich selbst war nicht dabei, man hat es mir aber gesagt –, dass er mehr Tarife für allgemeinverbindlich erklärt hat als sein Vorgänger?
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Kommen Sie bitte zum Ende, Herr Kollege.
Rolf Beu (GRÜNE): Das war es auch schon, Herr Präsident. – Und vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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