Martina Maaßen (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Berufliche Erstausbildung ist der Grundstein für ein zukunftssicherndes Erwerbsleben und beugt brüchigen Erwerbsbiografien vor. Die Neugestaltung des Übergangsmanagements Schule/Beruf ist zwingend notwendig. Unsere Fraktion steht geschlossen hinter diesem Anliegen, legt aber dennoch Wert darauf, nicht unbegründet und radikal bisherige Förderinstrumentarien zusammenzustreichen.
Eine für alle Beteiligten nachvollziehbare Überprüfung des alten Systems und eine transparente, begründbare Einführung neuer Förderstrukturen sind unabdingbar. Die Neugestaltung des Übergangsmanagements Schule/Beruf ist jedoch ein längerer Prozess, bei dem wir alle beteiligten Organisationen im Bereich Arbeit, Schule und Jugendhilfe an einen Tisch holen sollten.
Besonders hervorheben möchten wir Grünen bei den zusätzlichen Förderangeboten die Teilzeitberufsausbildung. Insbesondere für alleinerziehende junge Mütter ist dies ein Weg der Integration in den Arbeitsmarkt; denn das Angebot einer Vollzeitausbildung und passender Kinderbetreuung ist in vielen Kommunen Mangelware, gerade im ländlichen Raum. Hier sollte aus grüner Sicht ein Schwerpunkt gebildet werden; denn allzu oft landen Kinder unter drei Jahren deshalb im Hartz‑IV-Bezug, weil es den Eltern oder den jungen Müttern an Ausbildung und Arbeit fehlt. Kinderarmut findet hier ihren Anfang.
Ein bisheriges Stiefkind in der politischen Debatte ist der Arbeitsschutz. Wir begrüßen es sehr, dass Herr Minister Schneider sich für auskömmliche Sachmittel und ausreichendes Personal einsetzen will.
Hier möchte ich insbesondere auf die zunehmenden Erkrankungen im psychischen Bereich hinweisen. Wir sollten uns im Fachausschuss zukünftig mehr mit den Stressfaktoren, den Erschöpfungszuständen und dem sogenannten Burn-out-Syndrom beschäftigen. Es ist dringend geboten, wirkungsvolle Ansatzpunkte zur Vorbeugung und Vermeidung zu entwickeln.
Die Fachkräfteinitiative NRW, die bereits mehrfach angesprochen wurde, ist ein weiterer Weg, um mehr Erwerbspersonen dauerhaft in Arbeit und in unsere Sozialversicherungssysteme zu bringen. Dies ist gerade in Bezug auf die derzeitige Diskussion um Altersarmut und Überprüfung unseres Rentensystems dringend notwendig. Bei den Frauen und den Migranten liegen hier erhebliche Potenziale brach.
Hinweisen möchte ich aber auch auf die unerträgliche Ausweitung prekärer Beschäftigung. Im Sinne des Fachkräfteprogramms muss den Unternehmen vor Ort klar werden, dass die Ausweitung von Minijobs, Leiharbeit, befristeten Beschäftigungen und Teilzeit nicht der richtige Weg ist, um dringend benötigte qualifizierte Fachkräfte an sich zu binden.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Hier ist ein grundsätzliches Umdenken zwingend erforderlich. In diesem Feld der fairen und guten Arbeit sehe ich uns alle gefordert.
Auch weiterhin begrüßen wir Grünen sehr, wenn sich unsere Landesregierung auf Bundesebene für die Eindämmung prekärer Beschäftigung einsetzt. Insbesondere sei hier der Mindestlohn genannt.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Hier kann sich das Arbeitsministerium einer intensiven Unterstützung durch die grüne Fraktion sicher sein.
Ein besonderes grünes Anliegen ist die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Hierzu gehört zum einen die weitere Förderperiode der Erwerbslosen-Beratungsstellen und Arbeitslosenzentren, als weiteres Instrumentarium aber auch die öffentlich geförderte Beschäftigung.
Mit dem Projekt „sozialer Arbeitsmarkt“ bietet sich eine Chance, Menschen mit unterschiedlichsten Belastungen eine Teilhabe zu ermöglichen. Uns Grünen ist bewusst, dass wir in unserem Land nur einen Anstoß geben können. Klares Ziel und damit auch Paradigmawechsel ist es jedoch, dass wir keinen diskriminierenden, ausgrenzenden zweiten, dritten, vierten oder fünften Arbeitsmarkt mehr wollen. Es gibt für uns Grüne nur einen Arbeitsmarkt, den ersten. Dort gibt es nicht geförderte und geförderte Arbeitsplätze.
Viele Bundesländer sind uns gefolgt und haben Ähnliches auf den Weg gebracht. Eine Bundesratsinitiative zur öffentlichen Beschäftigung ist aktuell in der Debatte. Der Anfang ist durch Rot-Grün in NRW gemacht. Bedauerlicherweise, Herr Kern, ist das ohne die männlichen CDA-Recken in der CDU geschehen. Wir haben damals Ihre Unterstützung vermisst, als wir hier den sozialen Arbeitsmarkt plenar eingebracht haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Gruppe der Langzeitarbeitslosen kommt in Ihrem Redebeitrag leider nicht vor. Für Menschen, die arbeitsfern sind, haben Sie keinen Blick mehr – den hatten Sie einmal.
Wir gehen, meine Damen und Herren, davon aus, dass wir spätestens im Herbst 2013 ein bundesweit gefördertes Instrument der öffentlich geförderten Beschäftigung haben.
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Maaßen.
Martina Maaßen (GRÜNE): Und ich gehe davon aus, dass dies ohne Frau von der Leyen geschehen wird. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)