DS 16/1265 Anforderungen an eine neu zu erstellende Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasseranlagen -Selbstüberwachungsverordnung -SüwAbw

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

A. Problemstellung
Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) regelt die grundsätzlichen bundesweit geltenden Anforderungen an Bau und Betrieb von Abwasseranlagen. Nach § 60 WHG dürfen AbwasseranIagen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben werden. "Für den Bereich der Abwasserleitungen bedeutet dies, dass die Dichtheit sichergestellt sein muss" (Zitat BMU). Mit der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes im Jahr 2009 wurden in § 61 WHG erstmals auch bundesweit verbindliche Grundpflichten für die Überwachung von Zustand und Funktionsfähigkeit von Abwasserleitungen festgeschrieben.
Zur Konkretisierung der grundsätzlichen bundesweiten Anforderungen soll das Wasserrecht des Landes geändert werden. Die Neuregelung soll gleichermaßen bürgerfreundlich und praxistauglich sein sowie den Erfordernissen des Besorgnisgrundsatzes Rechnung tragen.
Gegenüber der bisherigen Regelung soll die Überprüfung der Funktionsfähigkeit von Abwasserkanälen im Verfahren und vom Umfang her vereinfacht werden.
Zukünftig soll die oberste Wasserbehörde mit Zustimmung des Landtags ermächtigt werden, im Wege einer Rechtsverordnung Regelungen über den Umfang und die Art und Weise der Durchführung der Funktionsprüfung zu treffen sowie die Anforderungen an die Qualifikation der Prüfenden festzulegen.
Technische Grundlage der Anforderungen an die Prüfung der Funktionsfähigkeit von privaten Abwasserleitungen sind die bundesweit allgemein anerkannten Regeln der Technik. Wegen der Bedeutung von Wasser als Lebensgrundlage ist aber eine Differenzierung zwischen Wasserschutzgebieten und übrigen Gebieten sachgerecht. Deshalb ist es geboten, an den bestehenden landesrechtlichen Prüfpflichten und Fristen für Abwasserleitungen in Wasserschutzgebieten festzuhalten.
Außerhalb von Wasserschutzgebieten sollen weiterhin bis spätestens zum 31. Dezember
2020 solche bestehenden Abwasserleitungen geprüft werden, die zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen, für das Anforderungen in einem Anhang der Abwasserverordnung festgelegt sind, und die nicht schon von der bestehenden Selbstüberwachungsverordnung erfasst sind. Die in der Selbstüberwachungsverordnung geregelte Überprüfung von kommunalen Abwasserleitungen und industriellen Abwasserleitungen auf Grundstücken größer als 3 ha hat sich bewährt und soll ebenfalls beibehalten werden.
Mit Blick auf die räumlichen und technischen Zusammenhänge von öffentlicher Kanalisation und privaten Abwasserleitungen sollen die Kommunen weiterhin eine Beratungspflicht haben und Grundstückseigentümer/innen bei der Frage nach Art und Notwendigkeit der Dichtheitsprüfung und der sich eventuell anschließenden Sanierung unterstützen. Die Beratungspflicht und die Informationsarbeit der Städte und Gemeinden sind für die Bürgerinnen und Bürger eine wichtige Informationsquelle.
Um den wasserwirtschaftlichen Verhältnissen vor Ort gerecht zu werden und eine möglichst zeitgleiche Überprüfung von öffentlichen und privaten Abwasserleitungen zu ermöglichen, haben Kommunen bereits in der Vergangenheit die Möglichkeit der Erstellung von Satzungen mit unterschiedlichen Fristen für die jeweiligen Gemeindebezirke genutzt. Dieses Instrument hat sich bewährt. Darin sollen die Kommunen auch die Vorlage der Prüfbescheinigungen regeln können.
Ergibt sich nach der Funktionsprüfung ein Sanierungserfordernis, sollte lediglich bei einsturzgefährdeten Abwasserleitungen (Schadensklasse A) eine kurzfristige Sanierungsfrist vorgegeben werden. Bei mittleren Schäden (Schadensklasse B) soll eine Sanierung innerhalb von 10 Jahren durchgeführt werden. Geringfügige Schäden müssen nicht saniert werden.
Durch einheitliche Anforderungen im Wege einer Rechtsverordnung sollen die Qualifikationsanforderungen an die Prüfenden, sowie die Qualitätsanforderungen an die Prüfungsmethoden konkretisiert und festgeschrieben werden.
Damit erhalten die Grundstückseigentümer/innen, Handwerker/innen und Kommunen in NRW die nötige Transparenz und Planungssicherheit. Die Verordnung soll schnellstmöglich nach Vorliegen der gesetzlichen Grundlagen erlassen werden.
B. Vor diesem Hintergrund beschließt der Landtag:
1. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die materiellen Anforderungen an die Funktionsprüfung von Abwasserleitungen in einer Rechtsverordnung zu regeln. Die Regelung sollte folgende Aspekte umfassen:
Die Anforderungen an die Funktionsfähigkeit von Abwasserleitungen richten sich grundsätzlich nach den bundesweit allgemein anerkannten Regeln der Technik.
In Wasserschutzgebieten sollen

  • die geltenden erstmaligen Prüffristen bis zum 31.12. 2015 beibehalten werden für die Erstprüfung von Abwasserleitungen, die vor 1965 (häusliche Abwässer) bzw. vor 1990 (industrielle oder gewerbliche Abwässer) errichtet wurden,
  • alle anderen Abwasserleitungen bis zum 31.12.2020 geprüft werden.

Außerhalb von Wasserschutzgebieten sollen weiterhin bis spätestens zum 31. 12. 2020 solche bestehenden Abwasserleitungen geprüft werden; die zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen, für das Anforderungen in einem Anhang der Abwasserverordnung festgelegt sind, und die nicht schon von der bestehenden Selbstüberwachungsverordnung erfasst sind.
Für andere private Abwasserleitungen außerhalb von Wasserschutzgebieten entfallen die bisher landesrechtlich gesetzten Fristen.
Die Städten und Gemeinden sollen weiterhin in ihrer örtlichen Kompetenz die Grundstückseigentümer/innen über die Durchführung der Funktionsprüfung unterrichten und beraten durch Satzung unter bestimmten Voraussetzungen Fristen für die erstmalige Prüfung festlegen können und sich Prüfbescheinigungen vorlegen lassen können.
2. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die beabsichtigten Fördermöglichkeiten des Landes, die bei anstehenden Sanierungen v.a. auch bei sozialen Härtefällen für Minderung der Belastung sorgen sollen, umzusetzen und dafür bis zu 10 Mio. € bereitzustellen.
3. Der Landtag bittet die Landesregierung, zur Feststellung des Umfangs der Beeinträchtigung des Grundwassers durch undichte private Abwasserleitungen über einen Zeitraum von fünf Jahren im Rahmen eines Monitorings die Auswirkungen undichter privater Abwasserleitungen zu ermitteln und dem Landtag über die Ergebnisse zu berichten.
4. Der Landtag ist der Auffassung, dass eine bundeseinheitliche Regelung vorzuziehen wäre und begrüßt daher, dass sich der Landesumweltminister bei der Bundesregierung in diesem Sinne eingesetzt hat.