Norwich Rüße: „Schluss mit Dauer-Klagen über die Benachteiligung Westfalens“

NRW-Stiftung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema der Aktuellen Stunde möchte ich drei Anmerkungen machen. Die erste Anmerkung ist: Liebe CDU-Fraktion, wenn Ihnen das Thema „Westfalen und Rheinländer ausgewogen verteilt in einer Stiftung“ wirklich wichtig ist, warum kam dann in der Sitzung des Stiftungsrates kein Aufschrei von Ihnen, warum haben Sie sich da nicht geäußert? Das ist nicht passiert. Da gab es nicht eine Bemerkung zur Zusammensetzung, es gab auch keine Gegenstimme. Sie haben das einstimmig mit uns beschlossen.
(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)
Genau an der Stelle wäre der richtige Ort für Kritik gewesen. Die ist ausgeblieben.
(Klaus Kaiser [CDU]: Hier ist das Parlament!)
– Die zweite Anmerkung, die ich machen möchte, Herr Kaiser: Wenn eine Aktuelle Stunde mit dem Thema kommt, dann schaut man sich natürlich die anderen Stiftungen und Gremien des Landes an; der Kollege Töns hat es schon erwähnt. Ich habe mir die Stiftung Wohlfahrtspflege angesehen. Das ist in der Tat interessant. Auf der Webseite des Kollegen Garbrecht lautet ein Artikel: „Zwei Westfalen an der Spitze“.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Wen meint er mit den zwei Westfalen an der Spitze? – Damit meint er zum einen sich selbst – als Bielefelder ist er jetzt Vorsitzender des Stiftungsrates, das ist sehr schön –, zum anderen meint er den ehemaligen Vorsitzenden, den CDU-Kollegen aus Birgte im Münsterland, der jetzt stellvertretender Vorsitzender ist.
Wenn man sich die weitere Zusammensetzung des Stiftungsrates der Stiftung Wohlfahrtspflege ansieht, dann entdeckt man ein ziemlich schlimmes Ungleichgewicht zulasten der Rheinländer. Ich würde der CDU-Fraktion empfehlen, demnächst eine zweite Aktuelle Stunde zu beantragen. Ich nenne Ihnen auch schon eine passende Überschrift dafür. Ich empfehle Ihnen das Motto: Zieht Westfalen das Rheinland über den Leisten – keine Wohlfahrtspflege mehr im Rheinland?
Die dritte und letzte Anmerkung: Meine Damen und Herren, diese Aktuelle Stunde steht für mich in einem etwas größeren Zusammenhang. Ehrlich gesagt – als Münsterländer erlebe ich das vor Ort auch immer wieder – nervt mich die ewige Leier von der Benachteiligung Westfalens und des Münsterlandes ein bisschen.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
Ich bin 2010 in den Landtag gekommen. Seitdem verfolgt mich der ewige Klagegesang, der westfälische Landesteil würde systematisch nach hinten gestellt. Damals hatte ich eigentlich eine andere Erwartung. Ich habe gedacht, wir sitzen hier nicht als rheinländische und als westfälische Abgeordnete, sondern ich persönlich sitze hier als Abgeordneter des Landes Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der FDP)
Als ich hierherkam, hatte ich die Hoffnung – im Rat und im Kreistag habe ich es noch ein bisschen anders und häufiger solch ein kleinkariertes Denken erlebt –, hier würden wir uns davon trennen, hier hätten wir das nicht. Aber, meine Damen und Herren von der CDU, mit Ihrer Aktuellen Stunde haben Sie mir diese Hoffnung wieder ein Stück weit genommen.
Wenn Sie schon von Benachteiligung schreien, möchte ich Sie bitten, sich genauer zu informieren. Wenn man sich ansieht, wie die NRW-Stiftung ihre Mittel verteilt hat, dann gibt es doch überhaupt kein Ungleichgewicht: 51 % der Mittel nach Westfalen, 49 % ins Rheinland.
(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU] – Zuruf von der FDP: Noch ist ja Westfalen drin!)
Das Schöne ist: Ich habe überhaupt keine Bedenken, dass das in Zukunft anders wird; Sie alle sicher auch nicht. Ich bin mir nämlich ganz sicher, dass der neue Vorstand und der neue Stiftungsrat auch in Zukunft dafür sorgen werden, dass alle Landesteile – die Lipper seien jetzt noch extra erwähnt – hinreichend bedacht werden.
Auf den Stiftungsrat – das finde ich ebenfalls spannend – gucken wir auch einmal kurz. Als Partei besteht die Möglichkeit, wenn es einem so wichtig ist, Westfalen da reinzubringen. Ich schaue mal, wer mit CDU-Parteibuch hier aus dem Landtag da sitzt.
Da sitzt Kollegin Fasse für die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald – das ist auch in Ordnung so –, und sie entstammt ja Ihrer Fraktion. Es wäre es doch eine Supermöglichkeit gewesen zu sagen: Wenn wir schon eine Kollegin aus dem Rheinland, vom Niederrhein haben, dann nehmen wir doch jetzt jemanden aus OWL oder aus Westfalen dazu. Das tun Sie aber nicht.
Da sitzt der Kollege Deppe. Den schätze ich sehr. Es ist ja sehr schön, dass er da sitzt. Aber es wäre doch Ihre Chance gewesen, noch einen Westfalen für die Zukunft zusätzlich da reinzubringen. Schade: Chance für Westfalen gehabt, Chance vertan.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Sie werfen uns permanent vor, wir würden das Land spalten, indem wir Westfalen nach hinten setzen. Genau das tun Sie nämlich in Wirklichkeit, weil Sie mit Ihrem ständigen Gerede von Benachteiligung, womit sie regional auflaufen, versuchen, vor Ort regionale Vorbehalte auszunutzen. Sie versuchen, Ängste zu bedienen, und Sie wollen daraus vor Ort politischen Honig saugen.
Ich sage Ihnen auch in diesem Zusammenhang: Genauso machen Sie es seit 2010 bei den GFG-Mitteln. Sie haben das früher in der Schuldebatte gemacht. Da haben Sie auch immer davon geredet, der ländliche Raum werde benachteiligt. Und Sie machen das heute hier mit der Aktuellen Stunde wieder.
(Ministerin Sylvia Löhrmann: Die CDU hat doch verhindert, dass die Schulen in Westfalen wachsen konnten!)
– Das stimmt. Sie haben es gegen die Region getan. Das ist wohl wahr.
Ich will zum Vorstand zurückzukehren. Das Entscheidende ist: In solch einer Stiftung – das ist anders als hier im Landtag – kommt es entscheidend darauf an, dass die Vorstandsmitglieder Kompetenzen einbringen, dass sie eine gute Mischung verschiedener Kompetenzen darstellen, dass unterschiedliche Altersgruppen widergespiegelt werden, unterschiedliche Lebensläufe und Lebenserfahrungen.
Wenn ich mir da den neuen Vorstand angucke, dann kann ich nur sagen: Es ist sehr gut gelungen, das so hinzubekommen. Deshalb habe ich als Mitglied des Stiftungsrates auch vollstes Vertrauen, dass dieser Vorstand seine Arbeit erfolgreich machen wird. Ich freue mich darauf, ihn dabei die nächsten Jahre begleiten zu dürfen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)