Ds. 16/127 Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung

A Problem und Regelungsbedarf

Die Folgen des anthropogen verursachten Klimawandels sind weltweit und auch in Nordrhein-Westfalen bereits deutlich sicht- und spürbar. Neben gravierenden Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen und auf Natur und Umwelt verursacht der Klimawandel auch enorme volkswirtschaftliche Belastungen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt die Kosten durch Klimaschäden in Nordrhein-Westfalen aufsummiert bis zum Jahre 2050 auf mehr als 70 Mrd. Euro, sofern keine Klimaschutzmaßnahmen getroffen wer-den.
Um den Klimawandel und seine unweigerlichen Auswirkungen noch in einem erträglichen Rahmen zu halten, ist es nach wissenschaftlicher Auffassung notwendig, den globalen Temperaturanstieg auf maximal 2 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu begrenzen.
Hierzu sind gewaltige Anstrengungen auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen notwendig.
Nordrhein-Westfalen kommt bei der Erfüllung der Klimaschutzziele eine besondere Verantwortung zu, da hier etwa ein Drittel aller in Deutschland entstehenden Treibhausgase emittiert werden. Um die bundesdeutschen Klimaschutzziele erfüllen zu können, muss Nordrhein-Westfalen daher einen großen Beitrag leisten.
Bislang sind Klimaschutzziele in Nordrhein-Westfalen nicht verbindlich festgelegt. Ebenso fehlen verbindliche Mechanismen und Vorgaben für die Erarbeitung, Umsetzung, Überprüfung, Berichterstattung und Fortschreibung der klimapolitisch notwendigen Maßnahmen. Hierzu bedarf es eines verbindlichen, langfristig angelegten und nachvollziehbaren gesetzlichen Rahmens.
Da aufgrund der Langlebigkeit der Treibhausgase trotz aller Anstrengungen zur Reduzierung der Emissionen von Treibhausgasen ein gewisses Ausmaß an Klimaänderung bereits heute nicht mehr zu verhindern ist, sind neben umfangreichen Aktivitäten zum Schutz des Klimas auch Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des nicht mehr vermeidbaren Klimawandels erforderlich.

B Lösung

Ein Klimaschutzgesetz sorgt für eine gesetzliche Verankerung der Klimaschutzziele in Nordrhein-Westfalen und schafft die rechtlichen Grundlagen für die Erarbeitung und Umsetzung von Emissionsminderungs- und Anpassungsmaßnahmen.
Die Raumordnung leistet einen maßgebenden Beitrag dazu, die Verwirklichung klimarelevanter Fachpolitiken und Fachplanungen in der Weise zu fördern, dass deren Anforderung an den Raum, die in Konkurrenz mit anderen Raumnutzungsansprüchen stehen, zur Geltung gebracht werden.
Artikel 2 dieses Gesetzes normiert insofern die Scharnierwirkung von Landesplanungsgesetz und Klimaschutzgesetz.

C Alternativen

Keine.

D Kosten

Kosten für die öffentliche Verwaltung entstehen durch die im Gesetz festgelegte Erstellung eines Klimaschutzplanes, die Prüfung der Verwaltungsvorschriften und Rechtsverordnungen auf Kompatibilität mit den Zielen des Klimaschutzgesetzes bzw. deren Änderung, durch die Ausarbeitung und Überprüfung (Monitoring) der Umsetzung des Klimaschutzplans sowie die vorgesehene Einrichtung eines Klimaschutzrates Nordrhein-Westfalen.
Das vorliegende Gesetz bereitet eine Reihe von Maßnahmen vor, die Kosten nach sich ziehen können:
– § 6 ist rechtliche Grundlage für die Erstellung eines Klimaschutzplans, dessen einzelne Maßnahmen zu Kosten, aber auch zu Einsparungen bei öffentlichen Stellen führen können. Diese Kosten und Nutzen sind im Zusammenhang mit den Einzelmaßnahmen zu ermitteln.
– § 7 ist rechtliche Grundlage für eine insgesamt klimaneutrale Landesverwaltung. Diese Maßnahme wird mit Kosten für die Erstellung eines entsprechenden Konzeptes und darüber hinaus in Form von Investitionskosten aber auch mit Einsparungen und neuer Wertschöpfung für die Landesverwaltung verbunden sein. Die entstehenden Kosten und Nutzen sind im Zusammenhang mit der Erstellung des Konzepts für eine insgesamt klimaneutrale Landesverwaltung zu ermitteln.
Darüber hinaus könnten durch das Gesetz weitere einzelne Kosten ausgelöst werden, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht beziffert werden können. Aus dem Gesetz selbst ergibt sich keine direkte Konnexitätsrelevanz. Sobald durch Erlass einer Rechtsverordnung Verpflichtungen nach § 5 entstehen, findet im Rahmen dieser Rechtsverordnung ein Belastungsausgleich statt.

E Zuständigkeit

Zuständig für das Klimaschutzgesetz ist das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Beteiligt sind der Geschäftsbereich der Ministerpräsidentin, das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, das Ministerium für Inneres und Kommunales, das Finanzministerium, das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung, das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales, das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter sowie das Ministerium für Schule und Weiterbildung.

F Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung und die Finanzlage der Ge-meinden und Gemeindeverbände

Durch die Regelungen des § 5 wird die Landesregierung ermächtigt, die Gemeinden und Gemeindeverbände per Rechtsverordnung zur Erstellung von Klimaschutzkonzepten zu verpflichten. Dadurch werden die kommunale Selbstverwaltung sowie die Finanzlage der Ge-meinden und Gemeindeverbände erst durch die entsprechende Rechtsverordnung berührt. Ein daraus resultierender finanzieller Ausgleich (Belastungsausgleich) für Gemeinden und Gemeindeverbände ist einschließlich eines Verteilungsschlüssels in die Rechtsverordnung gemäß § 5 aufzunehmen.

G Finanzielle Auswirkungen auf Unternehmen und private Haushalte

Durch den Vollzug des Gesetzes entstehen keine direkten finanziellen Auswirkungen auf Unternehmen (außer auf die Unternehmen, bei denen ein bestimmender Einfluss der öffentlichen Stellen nach § 2 Absatz 2 Satz 2 besteht) und private Haushalte. § 6 des Gesetzes ist rechtliche Grundlage für die Erstellung eines Klimaschutzplans. Soweit darin verpflichtende Maßnahmen für Private vorgesehen sind, bedarf es zur Umsetzung entsprechender Normsetzungen in dafür vorgesehenen Verfahren. Die weitere Umsetzung kann zu direkten und indirekten Kosten, aber auch zu Einsparungen bei Unternehmen und privaten Haushalten führen. Kosten und Nutzen gilt es bei der Erstellung des Klimaschutzplans und der ggf. notwendigen Normsetzung zur Umsetzung der Maßnahmen zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen.

H Gender Mainstreaming

Das Klimaschutzgesetz und die mit ihm verbundenen Maßnahmen können Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern haben. Diese gilt es im Rahmen der Entwicklung des Klimaschutzplans zu überprüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen. Durch entsprechende Einbindung von mit dem Thema befassten Gruppen und Institutionen in Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Erstellung des Klimaschutzplans und im Klimaschutzrat soll dies gewährleistet werden. 

 I Befristung

Da die Ziele des Gesetzes zur Verringerung der Treibhausgasemissionen einen Zeithorizont bis zum Jahr 2050 umfassen, ist eine Befristung des Gesetzes aufgrund dieser mittel- bis langfristig angestrebten Ziele nicht zweckmäßig. Deshalb unterliegt dieses Gesetz einer Be-richtspflicht, nach der die Landesregierung dem Landtag bis zum 31. Dezember 2020 und danach alle fünf Jahre Bericht erstattet.

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Begründung

Artikel 1

Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen

A Allgemeiner Teil

Mit dem vorliegenden Gesetz werden verbindliche Klimaschutzziele für Nordrhein-Westfalen festgelegt. Hierdurch sollen die erforderlichen Beiträge zur Erreichung zentraler Ziele der internationalen, europäischen und deutschen Klimapolitik geleistet werden.
Der anthropogen verursachte Klimawandel bedroht die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen weltweit. Neben den gravierenden Folgen des Klimawandels für die Gesundheit der Menschen sowie für Natur und Umwelt, entstehen auch enorme volkswirtschaftliche Belastungen. So geht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) davon aus, dass sich – ohne Klimaschutzmaßnahmen – die Kosten für Klimaschäden in Deutschland bis zum Jahre 2050 auf bis zu 800 Mrd. Euro kumulieren könnten. Davon entfallen allein auf Nordrhein-Westfalen über 70 Mrd. Euro. Im Jahr 2006 hat der ehemalige Chef-Ökonom der Weltbank, Sir Nicholas Stern, in seinem viel beachteten „Stern-Bericht" aufgezeigt, dass die Kosten des Klimawandels die Kosten des Klimaschutzes um ein Vielfaches übersteigen. Ein ungebremster Klimawandel würde demnach 5-20 Prozent des globalen Sozialprodukts kosten, aktive Klimaschutzpolitik dagegen nur etwa ein Prozent.
Um die Folgen der Erderwärmung auf ein beherrschbares Maß zu beschränken, ist es nach Aussage der Wissenschaft unerlässlich, den globalen Temperaturanstieg auf maximal 2 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich auf der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 mit dem sogenannten „Copenhagen Accord" auf dieses Ziel verständigt und es auf der UN-Klimakonferenz 2010 in Cancún mit dem „Cancún Agreement" beschlossen.
Die Europäische Union hat beschlossen, ihre Emissionen um 20 Prozent bis zum Jahre 2020 gegenüber 1990 zu mindern; dieses Ziel wird auf 30 Prozent aufgestockt, falls andere Industriestaaten vergleichbare Anstrengungen unternehmen und Entwicklungsländer angemessen zur Treibhausgasreduktion beitragen. Bis zum Jahre 2050 will die Europäische Union ihre Emissionen um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 senken.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent und bis 2050 um mindestens 80 Prozent zu reduzieren. Um dieses Ziel bis Mitte des Jahrhunderts zu erreichen, ist ein grundlegender Wandel in allen Sektoren erforderlich.
Bei dem notwendigen Wandel gilt es die Versorgungssicherheit im Energiebereich dauerhaft zu gewährleisten, insbesondere auch im Hinblick auf den Industriestandort Nordrhein-Westfalen und die energieintensive Industrien. Ein wirksamer und gesetzlich festgelegter Klimaschutz dient dabei auch der Erschließung neuer ökonomischer Chancen. Auf diese Weise sollen die Zukunftsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Industrie insgesamt gestärkt werden und langfristig neue industrielle Arbeitsplätze entstehen.
Dem Energieland Nordrhein-Westfalen kommt eine besondere Verantwortung bei der Erreichung der Klimaschutzziele in Europa zu, da in Nordrhein-Westfalen etwa ein Drittel aller in Deutschland entstehenden Treibhausgase emittiert, knapp 30 Prozent des in der Bundesrepublik benötigten elektrischen Stroms erzeugt, fast ein Viertel der deutschen Endenergie und 40 Prozent des bundesdeutschen Industriestroms verbraucht werden. Neben bedeutenden energieintensiven Unternehmen ist die Wirtschaftsstruktur des dicht besiedelten Transitlandes Nordrhein-Westfalen geprägt von internationalen Energieversorgern, Ferngasgesellschaften und Kraftwerksbauern. Um die deutschen Klimaschutzziele erfüllen zu können, muss Nordrhein-Westfalen daher einen großen Beitrag leisten.
Die Landesregierung hat sich deshalb das Ziel gesetzt, dass die Gesamtsumme der in Nordrhein-Westfalen emittierten Treibhausgase bis 2020 um mindestens 25 Prozent und bis 2050 um mindestens 80 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden soll. Diese Ziele berücksichtigen die strukturellen Besonderheiten in Nordrhein-Westfalen.
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, schafft dieses Gesetz die rechtlichen Grundlagen zur Erarbeitung, Umsetzung, Überprüfung, Berichterstattung und Fortschreibung der zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel notwendigen Maßnahmen. Es legt die Klimaschutzziele der Landesregierung verbindlich fest und setzt den gesetzlichen Rahmen für einen detaillierten Klimaschutzplan, welcher die notwendigen Strategien und Maßnahmen sowie auch sektorale Ziele sowie Zwischenziele enthalten wird.
Bei der Ergreifung von Maßnahmen zur Zielerreichung gilt es, bestehende Vorgaben auf europäischer und auf Bundesebene zu beachten. Es ist darauf hinzuweisen, dass das Landesrecht hinsichtlich des Betriebs von Anlagen des Umwandlungssektors, soweit sie dem europäischen Treibhausgasemissionshandelssystem unterliegen, aufgrund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes über keine direkten ordnungsrechtlichen Einflussmöglichkeiten zur Emissionsreduktion verfügt. Etwa zwei Drittel der in Nordrhein-Westfalen emittierten Treibhausgase unterliegen dem Emissionshandel. Das marktwirtschaftliche Instrument zur CO2-Minderung in diesem Sektor ist der auf europäischer Ebene stattfindende Emissionshandel. Das auf europäischem Recht fußende Treibhausgasemissionshandelssystem schließt Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen für dem Emissionshan-delssystem unterliegende Anlagen außerhalb ordnungsrechtlicher Anforderungen auf Landesebene nicht aus. Die Regelungen des europäischen Rechts und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes haben insoweit keinen gegenüber Landesrecht abschließenden Charakter. Sie sind vielmehr als Teil eines Maßnahmenmixes zu verstehen. Die verbleibende Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers folgt insoweit aus Art. 70 Grundgesetz.

B Besonderer Teil

Zu § 1 (Zweck des Gesetzes)
§ 1 normiert den Zweck des Gesetzes. Das Gesetz dient der Festlegung verbindlicher Klimaschutzziele für Nordrhein-Westfalen sowie der Schaffung der rechtlichen Grundlagen für die Ergreifung von Strategien und Maßnahmen, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Es ist damit ein Instrument zur Verwirklichung einer stetigen, konsequenten und langfristigen Klimaschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen, welche die nationalen, europäischen und internationalen Anstrengungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen unterstützt und die ne-gativen Auswirkungen des Klimawandels in Nordrhein-Westfalen begrenzt.
Das Gesetz richtet sich an die öffentlichen Stellen in Nordrhein-Westfalen. Verpflichtungen für nicht öffentliche Stellen entstehen erst nach entsprechenden Normsetzungen in dafür vorgesehenen, separaten Verfahren.
Zu § 2 (Begriffsbestimmungen)
Absatz 1 definiert die von diesem Gesetz erfassten Treibhausgase. Zur Mess- und Ver-gleichbarkeit beziehen sich Aussagen im Gesetz zu Treibhausgasemissionen stets auf CO2-Äquivalente (CO2eq). Diese werden nach den Vorgaben des Weltklimarates (IPCC) für Treibhausgasemissionsinventare gemäß ihrem jeweiligen Treibhausgaspotential errechnet.
Absatz 2 definiert die von diesem Gesetz erfassten öffentlichen Stellen. Den öffentlichen Stellen stehen juristische Personen des Privatrechts gleich, bei denen ein bestimmender Einfluss der Stellen nach Artikel 1 § 2 Absatz 2 besteht. Die Stellen nach Artikel 1 § 2 Absatz 2 haben bei Personen des Privatrechts bestimmenden Einfluss, wenn sie allein oder zusammen, unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals besitzen, und/oder über die Mehrheit der mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte verfügen und/oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans bestellen können. Unter dem Begriff der kommunalen Anstalten und kommunalen Zweckverbände sind insbesondere Zweckverbände gem. § 4 GkG, gemeinsame Kommunalunternehmen gem. §§ 27, 28 GkG oder Anstalten gem. § 114a GO Nordrhein-Westfalen zu verstehen.
Zu § 3 (Klimaschutzziele)
Absatz 1 legt fest, dass die in Nordrhein-Westfalen emittierten Treibhausgase bis zum Jahr 2020 landesweit um mindestens 25 Prozent und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Pro-zent gegenüber dem Basisjahr 1990 reduziert werden sollen. Damit wird einerseits der aktuelle Stand des Klimaschutzes und die besondere Energie-, Industrie- und Verkehrsstruktur in Nordrhein-Westfalen berücksichtigt, andererseits passt die Landesregierung ihre Klimaschutzziele an die langfristigen Ziele der Europäischen Union, der Bundesrepublik und den Vorgaben des Weltklimarates an. Das Klimaschutzgesetz soll insoweit ergänzend und flankierend zur Zielerreichung beitragen. Dabei ist zu beachten, dass die nordrhein-westfälischen Treibhausgasemissionen teilweise dem europäischen Emissionshandel sowie den entsprechenden Emissionsminderungszielen unterliegen. Die quantitativen Klimaschutzziele des § 3 stellen das Ergebnis einer Abwägung dar. Diese orientiert sich am global anerkannten und wissenschaftlich fundierten 2°-Ziel, das als Kompromiss zwischen einer nach klimawissenschaftlichen Erkenntnissen gerade noch für vertretbar gehaltenen Steigerung der mittleren globalen Temperatur und den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen durch die notwendigen Transformationsprozesse zu verstehen ist. Das Ergebnis dieser Abwägung entspricht den Zielvorstellungen auf europäischer und nationaler Ebene. Im Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen werden die quantitativen Minderungsziele in zwei Zeithorizonten – für 2020 und 2050 – sowie im Klimaschutzplan in Zwischenzielen festgelegt. Hierbei werden die Belange ökonomischer und sozialer Natur ebenso beachtet wie ökologi-sche, was sich unter anderem in dem Reduktionsziel für 2020 niederschlägt.
Absatz 2 verweist auf die Steigerung des Ressourcenschutzes, die Erhöhung der Ressourcen- und Energieeffizienz, der Energieeinsparung und den Ausbau Erneuerbarer Energien als Schwerpunkte zur Erreichung der Klimaschutzziele. Diesen Belangen kommt eine be-sondere Bedeutung zu. Die Steigerung der Energieeffizienz ist insbesondere auch durch den deutlichen Ausbau der dezentralen, effizienten und klimafreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung zu erreichen.
Absatz 3 fordert die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. In den jeweiligen Sektoren sowie in den Regionen gilt es, entsprechende Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen, um den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen zu gewährleisten, das Wachstum einer ökologischen Wirtschaft zu fördern sowie die Kosten des Klimawandels so gering wie möglich zu halten. Die hier im Bereich der Klimafolgenanpassung genannten Sektoren sind andere als die im Bereich des Klimaschutzes und meinen die für die Klimafolgenanpassung relevanten Handlungsfelder wie sie beispielsweise in den Anpassungsstrategien des Landes Nordrhein-Westfalen oder des Bundes definiert sind. Hier sind beispielhaft zu nennen: Landwirtschaft und Boden, Wald und Forstwirtschaft, Fischerei, Biologische Vielfalt und Naturschutz, Bauwesen, Menschliche Gesundheit, Verkehr und Verkehrsinfrastruktur, Wasserhaushalt/ Wasserwirtschaft, Städte- und Ballungsräume, Tourismus, Industrie und Gewerbe, Energiewirtschaft, Versicherungswirtschaft. Die jeweiligen Sektoren bzw. Handlungsfelder sind auf die spezifischen Bedürfnisse in Nordrhein-Westfalen anzupassen. Diese konkrete Anpassung und Abgrenzung der Klimaanpassungs-Sektoren soll im Rahmen der Erarbeitung des Klimaschutzplans nach § 6 und somit unter Einbezug aller dafür relevanten Akteure er-folgen.
Zu § 4 (Umsetzung der Klimaschutzziele durch die Landesregierung)
In Absatz 1 wird die Landesregierung verpflichtet, die ihr zur Verfügung stehenden ordnungsrechtlichen, beratenden und finanziellen Möglichkeiten zu nutzen, um die in § 3 erklärten landesweiten Klimaschutzziele zu erreichen. Für die Landesregierung sind die Klimaschutzziele des § 3 unmittelbar verbindlich. Zur Erreichung der landesweiten Klimaschutzziele soll die Landesregierung vor allem den Klimaschutzplan und die Raumordnung nutzen, wo insbesondere auf Basis von landesweiten Analysen Potenziale und Beiträge der klimarelevanten Sektoren sowie der Regionalplanungsgebiete im Klimaschutzplan ermittelt werden und diese, soweit raumbedeutsam, in die Landes- und Regionalplanung Eingang finden. Bei der Umsetzung über die Raumordnung findet eine Abwägung aller Belange statt. Die noch nicht gebietsscharfen, nicht konkret auf einen ganz bestimmten Raum bezogenen Vorgaben des Klimaschutzplans werden bei der gebietsscharfen Festlegung im Regionalplan mit anderen Belangen abgewogen. Bei der Nutzung ihrer Handlungsmöglichkeiten soll die Landesregierung der Steigerung des Ressourcenschutzes, der Ressourcen- und Energieeffizienz, der Energieeinsparung und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien gegenüber anderen abwä-gungserheblichen Belangen auch außerhalb der Raumordnung eine besondere Bedeutung beimessen. Darüber hinaus werden hier ein Förder- und ein Bildungsauftrag an die Landesregierung formuliert. Damit ist einerseits die Schaffung von Förderprogrammen im Rahmen der haushaltsmäßigen Möglichkeiten gemeint. Andererseits ist die aktive Beteiligung der Bevölkerung zur Erreichung der Klimaschutzziele erforderlich. In ihrer Vorbildfunktion ist die Landesregierung deshalb angehalten, Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung zu schaffen. Hier zu dient ein breites Angebot aus Information, Beratung, Bildung, Ausbildung und Motivation in Hinblick auf Klimawandel, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung.
Absatz 2 verpflichtet die Landesregierung, einen Klimaschutzplan nach § 6 zu erstellen, der die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele nach § 3 konkret benennt und der regelmäßig fortgeschrieben wird. Die konzeptionelle Erarbeitung und Fortschreibung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen wird damit in einen kontinuierlichen Prozess eingebettet. Dieser soll dazu beitragen, die Klimaschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen zu verstetigen.
Absatz 3 hebt die Vorbildfunktion der Landesregierung beim Klimaschutz hervor und verpflichtet diese, ein Konzept zu erstellen, welches darlegt, wie das Ziel einer insgesamt klimaneutralen Landesverwaltung bis zum Jahre 2030 zu erreichen ist. Nähere Details erläutert die Begründung zu § 7.
Absatz 4 vertieft die Verpflichtung und Vorbildfunktion der Landesregierung hinsichtlich des landesweiten Klimaschutzes und verlangt ein gemeinschaftliches und gleichgerichtetes Handeln. Daher trägt die Landesregierung Verantwortung für die Umsetzung der Ziele und für eine konsequente und kohärente Klimaschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen. Hierzu ist ein aufeinander abgestimmtes Handeln der Landesregierung erforderlich. Daher muss nach Ziffer 1 gewährleistet sein, dass neue Verwaltungsvorschriften und Rechtsverordnungen sowie die Verwendung von Fördermitteln des Landes die Ziele dieses Gesetzes unterstützen und ihnen nicht entgegenstehen. Darüber hinaus ist die Landesregierung nach Ziffer 2 angehalten, bestehende Verwaltungsvorschriften und Rechtsverordnungen, die den Zielen des Ge-setzes entgegenstehen, aufzuheben oder entsprechend anzupassen. Die Landesregierung wird verpflichtet, zur Prüfung und eventuellen Anpassung bestehender Verwaltungsvorschriften und Rechtsverordnungen ein geeignetes Verfahren zu entwickeln.
Zu § 5 (Klimaschutz durch andere öffentliche Stellen)
In § 5 werden die anderen öffentlichen Stellen außerhalb der Landesregierung angesprochen. Zur sprachlichen Vereinfachung werden diese im Folgenden innerhalb der Erläuterung zu § 5 „öffentliche Stellen" genannt. Diese haben – ebenso wie auch die Landesregierung – eine Vorbildfunktion beim Klimaschutz und bei der Klimaanpassung und stellen Klimaschutzkonzepte auf.
Die Pflicht der öffentlichen Stellen, Klimaschutzkonzepte zu erstellen, tritt für die öffentlichen Stellen unmittelbar ein, sie haben dazu zwei Jahre Zeit. Darüber hinaus wird die Landesregierung ermächtigt, per Rechtsverordnung Klimaschutzkonzepte für die öffentlichen Stellen inhaltlich zu konkretisieren. Die Pflicht zur Erstellung von Klimaschutzkonzepten tritt für die Gemeinden und Gemeindeverbände und die von ihnen beherrschten privaten Stellen nach § 2 Absatz 2 Satz 2 erst mit Erlass der Rechtsverordnung ein. Details und Ausgestaltung der Anforderungen insbesondere an kommunale Unternehmen im Sinne des §2 Absatz 2 Satz 2 werden im Verfahren zur Rechts-Verordnung erarbeitet. Die Gemeinden und Gemeindever-bände berücksichtigen bei der Aufstellung von Klimaschutzkonzepten die kommunalen An-stalten und Zweckverbände oder wirken darauf hin, dass diese eigene Klimaschutzkonzepte erstellen.
Nach Absatz 2 setzen die öffentlichen Stellen die Vorgaben des Klimaschutzplans um, sofern diese durch Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 6 für die öffentlichen Stellen verbindlich werden. Die Umsetzung bzw. die Rechtsverordnung bezieht sich auf die quantitativen Ausbauziele für Erneuerbare Energien, auf die Steigerung des Ressourcenschutzes und der Ressourcen- und Energieeffizienz sowie der Energieeinsparung, auf die Umsetzung nachhaltiger Strategien und Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemission, die geeignet sind, die Erreichung der landesweiten Ziele und Zwischenziele zu unterstützen sowie auf die Umsetzung geeigneter Maßnahmen zur Begrenzung der negativen Auswirkungen des Kli-mawandels.
Absatz 3 verlangt, dass die Klimaschutzkonzepte der öffentlichen Stellen erstmals zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes fertig zu stellen sind. Ausnahme bilden die Gemeinden und Gemeindeverbände. Diese erstellen ihre Klimaschutzkonzepte zwei Jahre nach Inkrafttreten einer Rechtsverordnung nach § 5 Absatz 1 Satz 3. Bereits existierende oder sich in Arbeit befindende Klimaschutzkonzepte können, ggf. mit einigen Modifizierungen, weiterhin genutzt werden. Die Klimaschutzkonzepte sollen regelmäßig fortgeschrieben werden. Dabei ist der jeweils gültige landesweite Klimaschutzplan zu beachten.
Zu § 6 (Klimaschutzplan)
Nach Absatz 1 wird die Landesregierung verpflichtet, einen Klimaschutzplan unter der umfassenden Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen sowie der kommunalen Spitzenverbände zu erstellen. Klimaschutz und -anpassung sind eine gesellschaftliche Aufgabe, die nur unter breiter Beteiligung erfüllt werden kann. Die Beteiligung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen und der kommunalen Spitzenverbände in Vertretung der Kommunen Nordrhein-Westfalens soll dabei von Beginn der Erarbeitung des Klimaschutzplans an erfolgen. Gesellschaftliche Gruppen meint das gesamte Spektrum der Interessenverbände, wie z.B. Umwelt-, Verbraucher- und Wirtschaftsverbände, Frauenverbände und -netzwerke, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände, Kirchen, Industrie- und Branchenver-bände, Bürgerinnen und Bürger, aber auch Behörden sowie wissenschaftliche Einrichtungen. Zur Beteiligung entwickelt die Landesregierung ein geeignetes Dialog- und Partizipationsverfahren. Der Klimaschutzplan soll neben einer Status-Quo-Analyse auch Zielszenarien und Entwicklungspfade aufzeigen, wie die landesweiten Klimaschutzziele erreicht werden können. Dabei sollen gemeinsam mit den betroffenen Akteuren Potenziale verschiedener Sektoren und Regionen zur Minderung der Treibhausgasemissionen erarbeitet sowie deren mögliche Beiträge zur Erreichung der landesweiten Klimaschutzziele nach § 3 ermittelt und festgelegt werden. In Anlehnung an internationale Übereinkünfte sowie vorhandener Daten sollen die hier gemeinten Sektoren im Bereich des Klimaschutzes unter Berücksichtigung der Bedürfnisse in Nordrhein-Westfalen abgeleitet werden. Diese sind andere als im Bereich der Klimaanpassung. Die konkrete Abgrenzung von Schnittstellen solcher Klimaschutz-Sektoren erfolgt innerhalb des oben beschriebenen Beteiligungsprozesses.
Der Klimaschutzplan wird einerseits aus Strategien, Maßnahmen, Hinweisen und Vorgaben zu Klimaschutz und Klimaanpassung bestehen. Andererseits sollen im Klimaschutzplan Empfehlungen zur Änderung und/ oder Schaffung gesetzlicher Vorgaben enthalten sein. Um Verbindlichkeit für Dritte zu erlangen, müssen die entsprechenden Normsetzungen dann jeweils ein separates Verfahren durchlaufen. Für die öffentlichen Stellen wird die Landesregierung ermächtigt, den Klimaschutzplan nach § 6 Absatz 4 Nummer 2, 4 und 6 als verbindlich zu erklären ( s. Begründung zu § 6 Absatz 6). Der Klimaschutzplan, der auch einer Strategischen Umweltprüfung nach § 4 a UVPG NW unterliegt, soll vom Landtag beschlossen werden.
Nach Absatz 2 soll der Klimaschutzplan geeignete Maßnahmen konkretisieren, die zur Erreichung der Klimaschutzziele nach § 3 notwendig sind. Der Klimaschutzplan soll erstmals im Jahr 2012 erstellt und danach alle fünf Jahre fortgeschrieben werden. Dadurch wird einer-seits eine Korrektivmöglichkeit verankert, andererseits kann künftigen Entwicklungen ausreichend Rechnung getragen werden.
Nach Absatz 3 sind bei der Erarbeitung des Klimaschutzplans Wirkungsbeiträge und Wechselwirkungen von Instrumenten zur Emissionsminderung auf europäischer Ebene und Bundesebene darzustellen und zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für den europäischen Emissionshandel. Dabei sind keine eigenen ordnungsrechtlichen Vorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen für den Emissionshandelssektor gemeint, sondern dessen Einbezug in die Betrachtung der Entwicklung der Gesamtsumme von Treibhausgasemissionen. Darüber hinaus sind auch die Wirkungsbeiträge und Wechselwirkungen von Produktionsverlagerungen nach und aus Nordrhein-Westfalen bei der Berechnung der Gesamtemissionen in geeigneter Weise zu berücksichtigen. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit zum Beispiel bei bestimmten Produktionsverlagerungen CO2eq-Anrechnungen im Rahmen der Gesamt-Berechnung vorgenommen werden können. Vor diesem Hintergrund ist es auch erforderlich, wissenschaftliche Methoden zu entwickeln, durch die nordrhein-westfälische CO2eq-Emissionen insgesamt zutreffend mit Blick auf die Erreichung der globa-len Klimaschutzziele bewertet werden können. Soweit Unternehmen des Privatrechts nach § 2 Absatz 2 Satz 2 im Wettbewerb mit mehrheitlich privat beherrschten Unternehmen (z.B. Stadtwerke, Nahverkehrsbetriebe, Hafenbetriebe, Abfallwirtschaftsbetriebe) stehen, sollen sie durch den Klimaschutzplan im Wettbewerb nicht benachteiligt werden.
Absatz 4 legt die wesentlichen zentralen Elemente fest, die insbesondere in dem zu erstellenden Klimaschutzplan enthalten sein müssen. Dies dient der inhaltlichen Stringenz künftiger Klimaschutzpläne.
Nummer 1 bestimmt, dass der Klimaschutzplan Zwischenziele für die Reduktion von Treibhausgasemissionen für den Zeitraum bis 2050 enthält. Auf der Basis von technisch und wirtschaftlich realistischen sowie rechtlich möglichen Annahmen soll der Klimaschutzplan mögliche Entwicklungspfade für die Gesamtemissionen in Nordrhein-Westfalen beschreiben. Die Zwischenziele dienen dazu, eine begründete Einschätzung darüber zu ermöglichen, ob das langfristige Klimaschutzziel erreicht werden kann. Gleichzeitig bietet die Beschreibung eines Entwicklungspfades eine langfristige Orientierung.
Nummer 2 schreibt vor, dass im Klimaschutzplan konkretisierende Ziele zum Ausbau Erneuerbarer Energien, zur Energieeinsparung, zur Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz sowie zur Erhöhung des Ressourcenschutzes festgelegt werden. Da relevante Treibhausgase zum größten Teil durch Energieumwandlungsprozesse emittiert werden, gilt es, die Energieversorgungsstruktur in Nordrhein-Westfalen klimafreundlich zu gestalten.
Nummer 3 sieht vor, dass im Rahmen des Dialog- und Partizipationsverfahrens zur Erarbeitung des Klimaschutzplans auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Potenzialanalysen die Möglichkeiten einzelner Sektoren zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen in Nordrhein-Westfalen ermittelt werden. Im Dialog mit den Betroffenen sollen dann entsprechende Beiträge der Sektoren festgelegt werden, die diese zur Erreichung der landesweiten Klimaschutzziele leisten können. Die konkrete Definition und Abgrenzung der erfassten Sektoren erfolgt im Rahmen der Erstellung des Klimaschutzplans.
Nach Nummer 4 enthält der Klimaschutzplan unter anderem konkrete und nachhaltige Strategien und Maßnahmen, durch welche die Klimaschutzziele, einschließlich der Zwischenziele und sektoralen Ziele, erreicht werden sollen. Nachhaltig meint die Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und sozialer Belange bei der Festlegung solcher Strategien und Maßnahmen. Unter den genannten Strategien und Maßnahmen sind neben Initiativen innerhalb von Nordrhein-Westfalen auch Empfehlungen und Anforderungen für gesetzliche Regelungen auf Bundesebene und europäischer Ebene zu verstehen. Rechtsverpflichtungen für nicht öffentliche Stellen entstehen nicht unmittelbar durch den Klimaschutzplan, sondern erst nach entsprechenden Normsetzungen in dafür vorgesehenen, separaten Verfahren.
Nummer 5 legt fest, dass das Konzept für eine insgesamt klimaneutrale Landesverwaltung nach § 7 Bestandteil des Klimaschutzplans ist.
Nummer 6 erfordert die Erarbeitung von sektorspezifischen Strategien und Maßnahmen zur Begrenzung der negativen Folgen des Klimawandels.
Darüber hinaus wird in Satz 2 geregelt, dass der Klimaschutzplan, soweit erforderlich, auch Vorgaben und Hinweise für die Regionalplanungsgebiete gemäß Landesplanungsgesetz enthalten soll. Damit sind diejenigen in Absatz 4 aufgeführten Elemente des Klimaschutzplans angesprochen, die raumrelevant und damit in der Regionalplanung zu konkretisieren sind. Absatz 5 verlangt, dass bei der Erstellung des Klimaschutzplans bestehende Fachplanungen, die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele beschreiben, berücksichtigt wer-den sollen.
Absatz 6 ermächtigt die Landesregierung, Vorgaben des Klimaschutzplans nach § 6 Absatz 4 Nummer 2, 4 und 6 für die öffentlichen Stellen als verbindlich zu erklären. Details und Ausgestaltung der Anforderungen insbesondere an kommunale Unternehmen im Sinne des §2 Absatz 2 Satz 2 werden im Verfahren zur Rechts-Verordnung erarbeitet.
Zu § 7 (Klimaneutrale Landesverwaltung)
Aufgrund ihrer Vorbildfunktion ist ein Konzept für eine insgesamt klimaneutrale Landesverwaltung von der Landesregierung vorzulegen, das Bestandteil des Klimaschutzplans ist. Dabei wird das Ziel verfolgt, für alle Behörden, Einrichtungen, Sondervermögen und Hochschulen des Landes sowie für die Landesbetriebe bis zum Jahr 2030 eine klimaneutrale Bilanz vorzulegen. Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung wurde davon abgesehen, die Vorschrift für Kreise und Gemeinden im Gesetzestext für nicht anwendbar zu erklären, soweit sie als untere staatliche Verwaltungsbehörden tätig sind. Die klimaneutrale Bilanz der Landesverwaltung soll unter anderem durch eine tatsächliche Reduktion der Treibhausgasemissionen – durch Energieeinsparung, Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz und der Deckung des Energiebedarfs durch erneuerbare Energien sowie des Ressourcenschutzes – erreicht werden.
Zu § 8 (Monitoring)
Die Klimaschutzziele und deren Umsetzung werden nach Absatz 1 von einem wissenschaftlichen Monitoring begleitet, um die Fortschritte bei der Erfüllung der Klimaschutzziele messen und nachvollziehen zu können. Das Monitoring wird von dem jeweils für Klimaschutz zuständigen Ministerium beauftragt. Die Ergebnisse des Monitorings sind Grundlage zur Fortschreibung des Klimaschutzplans, werden von der Landesregierung veröffentlicht und dienen dem Klimaschutzrat als Bewertungs- und Arbeitsgrundlage.
Um die inhaltliche Stringenz der Monitoringberichte zu gewährleisten, regelt Absatz 2 deren zentrale Elemente: Diese sollen nach Ziffer 1 eine aktuelle Erhebung der Treibhausgasemissionen in Nordrhein-Westfalen sowie nach Ziffer 2 eine Darstellung der erwarteten Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Nordrhein-Westfalen beinhalten. Die Monitoringberichte sollen darüber hinaus detailliert Auskunft über die Emissionsminderungswirkung der einzelnen Maßnahmen des Klimaschutzplans hinsichtlich der langfristigen Klimaschutzziele sowie der (sektoralen) Zwischenziele geben.
Um eine umfassende Beurteilung der Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen vornehmen zu können, sollen die Monitoringberichte nach Ziffer 3 für die Umsetzung der Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen relevante Aspekte berücksichtigen. Dies sind beispielsweise die Auswirkungen auf Natur und Umwelt, die Kosten von Klimaschutzmaßnahmen, mögliche Innovations-, Wirtschafts- und Beschäftigungseffekte, Investitionsentwick-lungen, aber auch soziale Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger.
Ziffer 4 fordert vom Monitoringbericht die Berücksichtigung und Beschreibung sowohl der Wirkungsbeiträge von Maßnahmen des Bundes sowie der Europäischen Union zur Emissionsentwicklung in Nordrhein-Westfalen sowie der Wechselwirkungen solcher Maßnahmen mit denen des Landes Nordrhein-Westfalen als auch von Produktionsverlagerungen von und nach Nordrhein-Westfalen. Dies dient der Abgrenzung der Wirkungsweisen von auf Grundlage dieses Gesetzes bzw. des Klimaschutzplans umgesetzten Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen und denjenigen, die durch entsprechende Maßnahmen auf europäischer und/ oder Bundesebene erzielt werden.
Auf Grundlage ihrer Ergebnisse enthalten die Monitoringberichte nach Ziffer 5 Empfehlungen zur Fortschreibung des Klimaschutzplans sowie für die Festlegung neuer Zwischen- und sektoraler Ziele.
Ferner soll nach Ziffer 6 ein Überblick über die bereits eingetretenen Auswirkungen des Klimawandels in Nordrhein-Westfalen sowie auch über die Anstrengungen des Landes zur Anpassung an den Klimawandel gegeben werden.
Zu § 9 (Klimaschutzrat Nordrhein-Westfalen)
Nach Absatz 1 wird ein Klimaschutzrat eingesetzt, dem fünf Persönlichkeiten aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen angehören. Die Mitglieder des Rates werden von der Landesregierung für die Dauer von fünf Jahren berufen, wobei eine Wiederberufung möglich ist. Die konkrete Ausgestaltung des Klimaschutzrates beschließt das Kabinett. Der Klimaschutzrat soll interdisziplinär zusammengesetzt sein, um den unterschiedlichen Erwartungen und Ansprüchen an die Klimaschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen Rechnung zu tragen. Er soll entsprechend § 12 LGG Nordrhein-Westfalen geschlechterparitätisch besetzt werden.
Absatz 2 definiert die zentralen Aufgaben des Klimaschutzrates. Er achtet auf die Einhaltung der Klimaschutzziele und berät die Landesregierung bei der Erarbeitung und Fortschreibung des Klimaschutzplans. Als unabhängiges Beratungsgremium ist der Rat an keine Weisungen gebunden. Er kann sich auf eigene Initiative, auf Anregung des Landtages hin und auf Anfrage der Landesregierung mit spezifischen Themen der Klima- und Energiepolitik befassen.
Ferner begutachtet und bewertet der Klimaschutzrat nach Absatz 3 die umgesetzten Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen auf Grundlage des Monitoringberichts nach § 8. Seine Ergebnisse legt der Klimaschutzrat alle fünf Jahre in einem Bericht der Landesregierung und dem Landtag vor. Neben der Darstellung und Bewertung des Umsetzungsstands der Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen kann der Klimaschutzrat in seinem Bericht Empfehlungen für konkrete, zu ergreifende Maßnahmen für die Klimaschutzpolitik aussprechen.
Absatz 4 fordert die Stellungnahme der Landesregierung zu den Berichten des Klimaschutzrates und damit zum Umsetzungsstand des Klimaschutzplans binnen drei Monaten gegenüber dem Landtag. Die Ergebnisse und Empfehlungen des Klimaschutzrates sind bei der Fortentwicklung der Klimaschutzpolitik durch die Landesregierung zu berücksichtigen.
Zu § 10 (Inkrafttreten, Berichtspflicht)
§ 10 regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes sowie die Berichtspflicht der Landesregierung gegenüber dem Landtag über die Erfahrungen mit diesem Gesetz. In ihrem Bericht soll die Landesregierung vor allem den Umsetzungsstand der Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen sowie den Stand zur Erreichung der quantitativen Klimaschutzziele des § 3 darstellen. Der Bericht der Landesregierung soll sich auf die Ergebnisse des wissenschaftlichen Monitorings nach § 8 sowie auf die Einschätzungen des Klimaschutzrats nach § 9 stützen.

Zu Artikel 2 ( Änderung des Landesplanungsgesetzes)

Zu 1.(§12 Absatz 3)
Neben Fachbeiträgen, wie z. B. ökologischen Fachbeiträgen zu Regionalplänen, kommt speziellen Konzepten wie z. B. kommunalen oder regionalen Klimaschutz- oder Gewerbeflächenkonzepten, eine besondere fachliche Bedeutung bei der raumordnerischen Festlegung von Zielen und Grundsätzen zu. Deshalb sind von öffentlichen Stellen vorgelegte Fachbeiträge und Konzepte bei der Erarbeitung von Raumordnungsplänen zu berücksichtigen.
Zu 2.(§ 12 Absatz 6 )
§ 12 Absatz 6 ist ein gesetzlicher Handlungsauftrag für alle Raumordnungspläne in Nordrhein-Westfalen.
Der Beitrag der Planung zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel liegt insbesondere darin, die Klimaschutzziele in § 3 des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen als Ziele oder Grundsätze selbst zu konkretisieren oder den Konkretisierungsauftrag verbindlich an die nachgeordneten Planungsebenen weiterzugeben. Dies bedeutet neben einer Konkretisierung der raumordnerischen Festlegungen hinsichtlich der Ziele zur Minderung der Treibhausgasemissionen eine Konkretisierung der raumordnerischen Festlegungen, mit denen ein Beitrag zur Steigerung des Ressourcenschutzes, zur Ressourcen- und Energieeffizienz , zur Energieeinsparung und zum Ausbau Erneuerbarer Energien vorrangig geleistet wird sowie von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Auf Ebene des Landesent-wicklungsplans direkt erfolgt dies vor allem dadurch, dass einer klimaschädlichen Zersiedelung entgegengewirkt und eine klimafreundliche Freiraumkonzeption realisiert wird, durch die zugleich ein Beitrag zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes geleistet wird. Es ist mit Zielen und Grundsätzen dafür zu sorgen, dass derartige raumordnerische Festsetzungen auch auf den nachfolgenden Planungsebenen erfolgen. Die Raumordnung leistet dadurch einen maßgebenden Beitrag dazu, die Verwirklichung klimarelevanter Fachpolitiken und Fachplanungen in der Weise zu fördern, dass deren Anforderung an den Raum, die in Konkurrenz mit anderen Raumnutzungsansprüchen stehen, zur Geltung gebracht werden.
Die Klimaschutzziele sind raumbezogen vorrangig als Ziele der Raumordnung festzulegen. Sofern dies aufgrund entgegenstehender Belange nicht möglich ist, sind sie ansonsten als Grundsätze der Raumordnung festzulegen. Die Abwägung mit anderen Belangen bleibt so erhalten. Darüber hinaus hat der Landesentwicklungsplan die Vorraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Ziele, Strategien und Maßnahmen des Klimaschutzplanes raumordnerisch umgesetzt werden. Damit wird zwischen Klimaschutzplan und Landesentwicklungsplan eine direkte Verknüpfung geschaffen, da die Klimaschutzziele nur erreicht werden, wenn wirksamer Klimaschutz auf allen Planungsebenen verfolgt wird.
Zu 3.(§ 12 Absatz 7 )
In den Raumordnungsplänen werden die Ziele und Grundsätze der Raumordnung festgelegt. Um der besonderen Bedeutung des Klimaschutzes Rechnung zu tragen, wird nun durch den neu eingefügten Absatz verdeutlicht, dass die Raumordnungspläne auch die Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass die verbindlichen Vorgaben des Klimaschutzplans entsprechend § 8 Absatz 6 ROG umgesetzt werden. Die Festlegungen im Raumordnungsplan erfolgen, wenn möglich, über Ziele, sonst über Grundsätze der Raumordnung. Durch diese Festlegungen, die nach § 4 ROG festgelegte Bindungswirkung für die jeweils nachfolgenden Planungsträger und damit u.a. auch für die Bauleitpläne entfalten, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auf den nachfolgenden Planungsebenen die Vorgaben des Klimaschutzplans zum Tragen kommen.

Zu Artikel 3

Der Artikel regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.