Neuausrichtung der Förderrichtlinie für die „Soziale Beratung für Flüchtlinge“ – Beratungseinrichtungen droht das Aus

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
die geplante Neuausrichtung des Förderprogramms „Soziale Beratung von Geflüchteten“ sorgt derzeit für großen Unmut und tiefe Verunsicherung bei den Trägern.
Hintergrund ist, dass Ende dieses Jahres die aktuelle Förderphase der Förderrichtlinie ausläuft, was die schwarz-gelbe Landesregierung leider zum Anlass genommen hat, tiefgreifende Veränderungen in dem bisherigen Aufbau und dem Charakter der Förderstruktur vorzunehmen. Sie hält zwar weiter grundsätzlich an der Förderrichtlinie fest und erweitert sie auch um die von uns seit Langem geforderte Ausweitung der psychosozialen Betreuung auf die Landesunterkünfte. Doch gleichzeitig sind durch die Festsetzung der Höchstbeträge für die Personalkosten viele Träger mit ihren qualifizierten Beratungsleistungen für Geflüchtete in Landeseinrichtungen und in den Kommunen gefährdet.
Es ist unverantwortlich, dass die Landesregierung die Träger, die seit Jahren in der Flüchtlingsberatung tätig sind, so kurzfristig vor vollendete Tatsachen stellt. Damit zerstört Flüchtlingsminister Stamp die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den freien Trägern und die etablierten Strukturen in der Flüchtlingsberatung.
Zu den Kritikpunkten im Einzelnen:
Unzureichende Finanzierung zwingt viele Träger zur Aufgabe
Die Landesregierung hat die bisherige Anteilsfinanzierung auf eine Festbetragsfinanzierung umgestellt. Sie will zukünftig nur noch 80% des durchschnittlichen Tarifs des Landes NRW pro Personalstelle finanzieren. Um geltendes Tarifrecht einhalten zu können, müssten die sozialen Träger die teilweise hohe Differenz aus Eigenmitteln finanzieren, die sie jedoch oft nicht aufbringen können. Die ersten Träger haben daher bereits angekündigt, ihre Beratungsleistung im Rahmen des Programms zu beenden.
Jobverluste und Qualitätseinbußen in der Beratung
Erfahrung und Expertise kosten Geld, gerade in den komplexen Beratungsfeldern der Flüchtlingsberatung. Mit den geringen Förderhöchstsätzen, die das Land zukünftig nur noch finanzieren will, können gerade erfahrene und hinreichend qualifizierte Beraterinnen und Berater nicht kostendeckend eingestellt werden. Schon jetzt suchen sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Stellen, bei denen sie anerkennend und ihren Qualifikationen entsprechend vergütet werden.
Abkehr von einem politischen Austausch auf Augenhöhe
Das Programm „Soziale Beratung von Geflüchteten“ stellt bundesweit eine einzigartige Struktur dar, innerhalb derer soziale Träger und die Landesregierung bisher in einem kooperativen und wertschätzenden Austausch an der Gestaltung und Weiterentwicklung von integrations- und flüchtlingspolitischen Fragen gearbeitet haben. Dass die Landesregierung die Träger so lange über die Zukunft von fast 500 Beraterinnen und Beratern im Unklaren gelassen hat und sie nun vor vollendete Tatsachen stellt, droht das über Jahre aufgebaute Vertrauen zu zerstören.
Vor diesem Hintergrund habe ich das Thema auf die Tagesordnung der letzten Sitzung des Integrationsausschusses am 28. Oktober gesetzt und im Berichtswunsch die Frage gestellt „Ende des flüchtlingspolitischen Dialogs auf Augenhöhe? Welchen Wert misst die Landesregierung dem Subsidiaritätsprinzip bei?“. Der Bericht von Flüchtlingsminister Stamp kann hier abgerufen werden.
In meiner Pressemitteilung vom 26. Oktober habe ich dazu auch kritisch Stellung bezogen und Minister Stamp aufgefordert, sich unverzüglich mit den Akteuren zusammensetzen, um gemeinsam mit ihnen tragfähige Förderbedingungen zu finden, denn die soziale Beratung und der flüchtlingspolitische Austausch müssen weiterhin gewährleistet bleiben.
In vielen Kommunen wird diese Problematik ebenfalls diskutiert. Ich möchte daher anregen, in den Austausch mit den Trägern der Sozialen Beratung für Geflüchtete vor Ort zu gehen und ihre Initiativen für eine Überarbeitung der Förderrichtlinie zu begleiten und zu unterstützen.
Für Rückfragen stehen unsere wissenschaftlichen Mitarbeiterin für Arbeit, Migration und Flüchtlingspolitik, Freya Kuhn (freya.kuhn@landtag.nrw.de; Tel. 0211-884 2276), und ich gerne zur Verfügung.

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