Verena Schäffer: „Mit dieser Art des Umgangs schaffen Sie eine Misstrauenskultur gegen diese wichtigen Partner.“

Antrag der AfD zu keine Steuergelder für Feinde der Demokratie

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

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Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass eine rechtspopulistische Partei, die klar rassistische Inhalte vertritt und Rechtsextremisten als Mitglieder führt, den Antrag „NRW gegen Extremismus“ stellt, ist an Ironie eigentlich nicht zu überbieten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wenn Sie tatsächlich so in Sorge um unsere Demokratie und Menschenrechte sind, dann sollten Sie als Allererstes in Ihrem eigenen Laden aufräumen, bevor Sie die Arbeit anderer diskreditieren. Und dass Sie Ihren Antrag zu 90 % bei der AfD in der Hamburger Bürgerschaft abgeschrieben haben, zeigt ja, wie wichtig Ihnen die Arbeit gegen antidemokratische und menschenfeindliche Ideologien ist: nämlich gar nicht.
Aber ich denke, es gibt noch mehr, und zwar gute Gründe, diesen Antrag abzulehnen. 2011 haben wir hier in diesem Hohen Hause einen guten Beschluss gefasst. Zugespitzt lautete der Beschluss: Die Extremismusklausel muss weg.
Warum haben wir das damals mehrheitlich so beschlossen? – 2010 hatte die damalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder die Demokratieerklärung eingeführt. Die Träger der verschiedenen Projekte aus dem Bundesprogramm mussten als Fördervoraussetzung diese Demokratieerklärung unterzeichnen. Gegen diese Erklärung hatte sich sehr schnell sehr heftiger Protest formiert,
(Markus Wagner [AfD]: Das wundert mich nicht!)
weil sie sehr exemplarisch für das Misstrauen des damaligen Ministeriums gegenüber Vereinen und Initiativen stand, und auch deshalb, weil sie verschiedene Rechtsunsicherheiten mit sich brachte.
Es gab verschiedene Gutachten; zum Beispiel vom wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages, der verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet hat – zum Beispiel hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots und auch der Verhältnismäßigkeit.
(Markus Wagner [AfD]: Das wird in unserem Antrag berücksichtigt!)
Aber nicht nur das – und das finde ich genauso wichtig –: Das Gutachten hat außerdem noch einmal sehr deutlich und klar formuliert, dass diese Demokratieerklärung eben auch eine Misstrauenskultur auslösen könnte und damit der Arbeit gegen Rechtsextremismus entgegensteht. Genau diese Misstrauenskultur wollen wir hier nicht.
Die Demokratieklausel ist inzwischen abgeschafft worden – nicht zuletzt auch deshalb, weil es diesen Druck aus den Ländern, auch aus Nordrhein-Westfalen gegeben hat. Insofern ist das Thema erledigt. Die Debatte dazu ist schlicht durch; Sie kommen einfach zu spät damit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich will noch einmal auf eines hinweisen, und das ist mir in dieser Debatte auch wichtig: Angesichts von steigenden rechtsextremistischen Straftaten – auch hier in Nordrhein-Westfalen –, insbesondere von rechtsextremer Gewalt,
(Markus Wagner [AfD]: Linksextremistisch auch!)
einer insgesamt polarisierten Stimmung in der Gesellschaft und auch einer Diskursverschiebung nach rechts, die wir derzeit erleben, ist es nötiger denn je, die Zivilgesellschaft zu unterstützen und sie zu stärken. Dazu leisten gerade die Projekte gegen Rechtsextremismus, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einen ganz unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie und zur Achtung der Menschenrechte.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Mit Ihrer Forderung, mit Ihrer Formulierung unterstellen Sie genau diesen Projektträgern in Nordrhein Westfalen – das sind die mobilen Beratungsteams, das sind die Jugendverbände; das geht hin bis zu den kirchlichen Trägern, die diese Projekte machen –, sie würden nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Das ist unhaltbar, das ist nicht belegt. Es gibt überhaupt keinen Anlass für diesen Antrag, weil das schlichtweg hier nicht zutrifft.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie verlangen in einem zweiten Schritt auch noch, dass diese Projektträger ihre Partner überprüfen sollen. Ich bin der Meinung: Mit dieser Art des Umgangs mit Menschen, die sich gerade aktiv für Demokratie, für Vielfalt einsetzen und das schon seit Jahren und Jahrzehnten hier in Nordrhein Westfalen tun, schaffen Sie eine Misstrauenskultur gegenüber diesen wichtigen Partnern – aber das ist offensichtlich von Ihnen auch gewünscht.
Eines will ich hier auch noch sagen: Das Motiv der AfD-Fraktion ist ja relativ klar. Sie wollen genau den Demokratinnen und Demokraten, die sich immer wieder engagiert für solche Themen einsetzen, die bei jedem Ihrer Parteitage gegen Ihre rassistische Politik demonstrieren, Stöcke zwischen die Beine werfen.
(Zuruf von Markus Wagner [AfD])
Das wird Ihnen nicht gelingen; denn wir werden auch weiterhin, auch hier in diesem Hohen Hause, gemeinsam mit den demokratischen Vereinen, mit den Initiativen, mit den Verbänden vertrauensvoll zusammenarbeiten und die Zivilgesellschaft weiter stärken und weiter unterstützen. – Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)