Große Anfrage Rechtsextremismus in NRW

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
wir haben im März eine Große Anfrage zum Thema Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen mit 228 Fragen gestellt. Die Antwort liegt uns nun vor – hier Mit dieser Kommunalinfo wollen wir ein paar Schlaglichter auf interessante Ergebnisse setzen.
Da wir Antworten zu rechtsextremen Organisationen aus ganz NRW – von Gütersloh über Hamm und Dortmund bis zum Rhein-Sieg-Kreis, Siegen und dem Raum Aachen sowie  zu vielen weiteren Städten und Regionen – bekommen haben, möchte ich Euch gerne anbieten, vor Ort oder digital Veranstaltungen durchzuführen und die Ergebnisse der Großen Anfrage vorzustellen sowie unsere Strategien gegen Rechtsextremismus zu diskutieren. Gern unterstützen wir Euch bei der Vorbereitung und bei technischen Fragen zu digitalen Veranstaltungen.
Zur Terminvereinbarung wendet Euch am besten an mein Büro unter: hasret.karacuban@landtag.nrw.de; 0211 884 4321.
Kurzauswertung der Großen Anfrage Rechtsextremismus
Das „Gravitationszentrum des Neonazismus“ in Nordrhein-Westfalen
So bezeichnet der Verfassungsschutz „Die Rechte“ seit Jahren. Angesichts ihrer engen Vernetzung mit nahezu allen neonazistischen Gruppierungen, der rechtsextremen Kampfsport- und Rechtsrockszene sowie ihrer Beteiligung an diversen Versammlungen des rechtsextremen Spektrums liegt diese Einordnung auf der Hand. Dass von den Mitgliedern von „Die Rechte“ eine ernstzunehmende Gefahr ausgeht, ist mit Blick auf die wiederholten Angriffe aus ihrem Kreis u.a. auf Menschen mit Migrationsgeschichte, auf Menschen jüdischer Religionszugehörigkeit, auf demokratische Politiker*innen und Menschen, die sich gegen Rechts engagieren, bereits seit Langem bekannt. Welche Dimension die Gewaltbereitschaft von „Die Rechte“ hat, zeigt sich in der Anzahl der Straftaten, die von ihren Mitgliedern verübt wurden, sehr deutlich. Für den Zeitraum November 2008 bis Februar 2020 hat die Polizei insgesamt 378 politisch rechts motivierte Straftaten von Mitgliedern der  „Die Rechte“ verzeichnet. Darunter sind 85 Körperverletzungsdelikte, davon handelt es sich bei 71 um gefährliche Körperverletzung. In acht Fällen ging es um Straftaten gegen das Waffengesetz und in einem Fall um Terrorismusfinanzierung.
Waffen in der rechtsextremen Szene
Nach Angaben der Landesregierung sind derzeit neun Personen aus dem rechtsextremen Spektrum im Besitz mindestens einer Waffe. 31 Personen haben einen kleinen Waffenschein, der zum Führen von Schreckschuss-, Gas- und Signalwaffen berechtigt. Hinzu kommen die sogenannten Reichsbürger, von denen 162 Personen waffenrechtliche Erlaubnisse haben. In 58 Fällen sind die Personen zum Besitz von erlaubnispflichtigen Schusswaffen berechtigt. Wir müssen davon ausgehen, dass noch mehr Rechtsextreme legal und illegal im Besitz von Waffen sind. Die Angaben in der Antwort auf unsere Große Anfrage beziehen sich nur auf Personen, zu denen der Verfassungsschutz Daten speichert. Das tut er bei Personen, die z.B. als Führungsfiguren relevant für die Ausrichtung und Entwicklung einer rechtsextremen Organisation sind.
Es darf nicht sein, dass Mitglieder von „Die Rechte“, „Der III. Weg“, „NPD“ oder der „Identitären Bewegung“, von denen eine erhebliche Gefahr insbesondere für bestimmte gesellschaftliche Gruppen ausgeht, im Besitz von Waffen sind. Vor dem Hintergrund der rechtsterroristischen Anschläge in Halle und Hanau muss es eine noch höhere Aufmerksamkeit bei den Sicherheitsbehörden dafür geben, dass Waffen in dieser Szene vorhanden sind. Aus unserer Sicht muss dringend überprüft werden, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, die waffenrechtlichen Erlaubnisse zu entziehen.
Rechtsextrem geprägte „Mischszenen“
Seit etwa zwei Jahren finden in Nordrhein-Westfalen regelmäßig Versammlungen der „First Class Crew Steeler Jungs“, der „Bruderschaft Deutschland“, des Vereins „Mönchengladbach steht auf“, des Vereins „Begleitschutz Köln“ und der „Besorgten Bürger Herne“ statt. Diese Gruppierungen sind untereinander gut vernetzt und unterstützen sich gegenseitig bei Versammlungen. Sie setzen sich zusammen aus Hooligans, Rockern und Rechtsextremisten. An ihren Versammlungen nahmen auch Personen aus dem Kreis von „Die Rechte“, der „NPD“, der „Identitären Bewegung“ sowie der Organisator des „Kampf der Nibelungen“ teil. Die Rechtsrock-Band „Kategorie C“ und der Rechtsrock-Sänger „Lunikoff“ traten bei mehreren Veranstaltungen dieser „Mischszenen“ auf. Ein Führungsmitglied der „Bruderschaft Deutschland“ hatte Kontakt zur rechtsterroristischen „Gruppe S.“. Gegen Mitglieder der „Steeler Jungs“, des Vereins „Mönchengladbach steht auf“ und der „Besorgten Bürger Herne“ wurden am 7. Dezember 2019 Ermittlungen wegen der Bildung terroristischer Vereinigungen eingeleitet.
Bei dieser Szene handelt es sich also keineswegs nur um Gruppen, die in der Regel störungsfrei verlaufende „Spaziergänge“ veranstalten. In dieser Szene treffen sich neonazistische und neurechte Akteure. Zudem scheint es eine Anschlussfähigkeit zu rechtsterroristischen Bestrebungen zu geben.
Für Nachfragen stehen unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin für Strategien gegen Rechtsextremismus, Hasret Karacuban (hasret.karacuban@landtag.nrw.de, 0211 884 4321) und ich gerne zur Verfügung.