Norwich Rüße: „Diese Pipeline wird definitiv gar nicht gebraucht; sie ist unnötig“

Antrag der GRÜNEN im Landtag

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit vielen Jahren, seit 2006, diskutieren wir hier im Landtag, aber auch in ganz Nordrhein-Westfalen, vor allem in den betroffenen Regionen, über diese Pipeline. Heute stellen wir noch einmal den Antrag, das damals beschlossene Rohrleitungsgesetz wieder aufzuheben.
Der Rechtsstreit über die Pipeline ist beendet, aber es ist unsere feste Auffassung, dass Rechtsfrieden damit nicht eingetreten ist. Daher liegt der Ball sehr wohl erneut im Spielfeld der Politik.
Wir Politikerinnen und Politiker – teilweise waren es unsere Vorgänger; einige von uns waren damals schon dabei – haben das Rohrleitungsgesetz hier im Landtag beschlossen, und wir allein haben auch die Kraft, es wieder aufzuheben, wenn wir es denn wollen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dass in der Region kein Frieden hergestellt werden kann, zeigt auch die Resolution, die der Kreistag des Kreises Mettmann verabschiedet hat. Diese ist dort geschlossen verabschiedet worden, auch mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP. Das ist ein Signal aus der Region an uns, an den Landtag, uns noch einmal mit diesem Gesetz zu beschäftigen und uns genau zu überlegen, ob wir das wirklich so machen wollen oder ob wir nicht besser sagen sollten: Wir haben damals, im Jahr 2007, eine Fehlentscheidung hier im Landtag getroffen, und diese Fehlentscheidung gilt es, zu korrigieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Eines hat mich wirklich erstaunt. Sie wissen, dass ich mich schwerpunktmäßig eigentlich mit Agrarpolitik und Naturschutz beschäftige.
Ich habe dann versucht, mal die Debatte nachzulesen, die damals geführt worden ist. Man will ja die Gründe dafür wissen: Warum ist dieses Gesetz für diese Pipeline gemacht worden? Warum haben wir das getan?
Ich habe erwartet, es muss eine intensive Debatte dazu hier im Landtag und im Ausschuss gegeben haben. Aber es gibt nichts darüber. Es gibt nicht ein einziges Protokoll, in dem irgendjemand ein Wort dazu gesagt hätte, weder im Ausschuss noch hier im Plenum.
Dieses Gesetz ist – und das gilt leider auch für meine Fraktion – damals nicht so diskutiert worden, wie wir es hätten diskutieren müssen. Und daher ist es richtig, dass wir uns hier heute noch mal mit dem Thema beschäftigen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Es waren die Bürgerinnen aus der Region, die uns aufgezeigt haben, dass es mit dieser Pipeline ein massives Problem geben kann, dass es tatsächlich hochriskant ist, eine solche Pipeline, die Kohlenmonoxid transportieren soll, durch Wohngebiete zu führen. Erst dadurch, dass von außen die Informationen an uns herangetragen worden sind, sind wir wach geworden und haben jetzt die Möglichkeit, noch mal zu überlegen: Was ist das eigentlich, was wir da machen? Brauchen wir wirklich diese Pipeline, oder ist diese Pipeline nicht deutlich zu gefährlich für die Region und die Menschen, die dort leben? Muss man deshalb nicht sagen: „Wir bauen diese Pipeline nicht, wir ziehen dieses Gesetz zurück bzw. heben es wieder auf“?
Eines steht auch fest: Die Zeit hat sich ja weitergedreht. Die Firma Covestro – damals noch Bayer – hat immer argumentiert, man brauche diese Pipeline unbedingt. Jetzt sind aber schon über zehn Jahre ins Land gegangen, und diese Pipeline ist zwar da, aber sie funktioniert noch nicht. Es wird nichts transportiert. Wenn man die Stellungnahme von Covestro hört, will das Unternehmen auch weiterhin alles ganz in Ruhe abwickeln, die zusätzliche zweite Matte noch mal obendrauf legen und dann mal gucken, wie es allmählich weitergeht. Man spürt, dass dieses Unternehmen gar keinen Druck hat. Es gibt keinen wirtschaftlichen Druck. Diese Pipeline wird definitiv gar nicht gebraucht; sie ist unnötig. Sie mag einen gewissen ökonomischen Vorteil bringen. Das kann sein. Aber sie ist nicht notwendig für das Unternehmen, um tatsächlich zu überleben.
Das Beste ist, dass genau dieses Unternehmen zusammen mit der RWTH Aachen einen Forschungspreis bekommen hat, weil sie entlang der Kohlendioxide ein Verfahren entwickelt haben, durch das man Kunststoffe auch so herstellen kann. Man braucht zukünftig mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht mehr Kohlenmonoxid; man kann darauf verzichten. Auch das spricht dafür, dass diese Pipeline eben nicht die Zukunft ist, sondern etwas von gestern, etwas aus dem Jahr 2007 ist, das wir hier besser aufheben sollten.
Ein weiterer Aspekt: Ich habe im Umweltausschuss in den letzten Jahren von etlichen Leckagen bei Rohrleitungen gehört, die ich mir nicht hätte vorstellen können. Was haben wir im Zusammenhang mit Raffinerien erlebt! Jetzt kann der eine oder andere sagen, das seien andere Stoffe. Aber was da für Sauereien abgelaufen sind, hätte ich mir, bevor ich hier in den Landtag gekommen bin, nicht vorstellen können. Deshalb habe ich auch kein Vertrauen darin, dass mir irgendjemand sagen kann: So eine Pipeline für einen so gefährlichen Stoff – Kohlenmonoxid – ist zu 100 % sicher. – Das glaube ich nicht. Darauf vertraue ich nicht. Ich sage auch deutlich: So eine Pipeline gehört zumindest nicht durch Wohngebiete gelegt. Allein das ist ein Grund, um dieses Rohrleitungsgesetz aufzuheben. Ich bitte Sie deshalb darum, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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