Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Lenzen hat ja versucht, eine gewisse Schärfe in die Debatte hineinzubringen, indem er gesagt hat, wir würden versuchen, Ängste zu schüren und verschiedene andere Dinge.
Ich kann nur sagen: Offensichtlich gibt es in der CDU-Landtagsfraktion ganz unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema. Ich habe jetzt freudig vernommen, dass der OB-Kandidat der CDU in Mönchengladbach, Frank Boss, das Arbeitslosenzentrum in Mönchengladbach besucht und dort sehr klar erklärt hat, dass er die Struktur für richtig hält und es für vernünftig hält, dort auch eine Struktur zu haben, die gewährleistet, dass sich um die Bedürfnisse der Menschen gekümmert wird, ohne den Beratungsaspekt in den Vordergrund zu stellen, die wieder eingliedert werden müssen, die überhaupt erst einmal ins Leben zurückkommen müssen, die lernen müssen, wieder pünktlich zur Arbeit zu gehen müssen und, und, und – all das, was im Arbeitslosenzentrum eine ganz besondere Aufgabe darstellt.
Er ist immerhin Landtagsabgeordneter, also Mitglied Ihrer Fraktion. Sie könnten sich mal darüber austauschen, was ich da falsch verstanden habe, oder was er da falsch verstanden hat, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da gibt es auf jeden Fall offenkundig einen klaren Dissens innerhalb der CDU-Fraktion, was die Aufgabenbeschreibung anbetrifft.
Kollege Lenzen hat es klar angesprochen: Die Arbeitslosenzentren wird es so nicht mehr geben. Das ist eine klare Festlegung bzw. Priorisierung der Koalition. Deswegen ist Ihr Antrag, obwohl er alt ist, immer noch aktuell.
(Beifall von den GRÜNEN)
Was Sie verschwiegen haben, Herr Kollege – das betrifft auch den Kollegen Schmitz –, ist die Sachverständigenanhörung. Sie sind überhaupt nicht darauf eingegangen. In der Sachverständigenanhörung haben alle Sachverständigen ausnahmslos beide Strukturen für richtig erachtet und haben gesagt, dass beide Aufgaben ihre Berechtigung und Notwendigkeit haben.
Alle haben darauf hingewiesen, Herr Minister – anders, als es eben hier ausgeführt worden ist –, dass am Ende diesen zusätzlichen Aufgaben eine Reduzierung der Geldmengen gegenübersteht. Natürlich bedarf es zusätzlicher Kapazitäten, wenn man ausländische Sprachen berücksichtigen muss, wenn man über ausbeuterische Tätigkeiten beraten muss usw. Das ist völlig unstreitig. Sie können doch keinem erzählen, dass das aus dem vorhandenen Budget mal eben nebenbei geht. Das ist eine neue Priorisierung, und die wird auch sehr klar reklamiert.
Wenn Sie in die Zentren vor Ort, in die Erwerbslosenberatungsstellen gehen, dann sagen es Ihnen die Träger auch ganz klar. Auch die Arbeitsmarktkonferenzen sagen ganz klar: Die Arbeitslosenzentren, die nicht mit kommunalem Geld aufgefangen werden, werden schlicht kaputtgehen. Das ist das Werk von Schwarz-Gelb hier in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Deswegen kann ich nur sehr klar sagen: Die 43 solitär aufgestellten Arbeitslosenzentren werden in Schwierigkeiten kommen. Das bedauere ich außerordentlich. Es ist notwendig, Menschen auch wieder einzugliedern. Es ist notwendig, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich aufzuhalten.
Als der Antrag geschrieben worden ist, war die Coronakrise noch nicht fortgeschritten. Wir verzeichnen in Zeiten von Corona allen Ortes eine Isolationshaltung. Alle Menschen suchen nach Treffpunkten, nach Aufenthaltspunkten. Menschen mit wenig Geld oder Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, sind nun einmal auch auf diese Treffpunkte angewiesen. Und Sie sagen einfach: Ach, wir machen eine Priorisierung, wir richten ein paar Erwerbslosenberatungsstellen ein, und das ist es dann. – Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Gehen Sie doch auf die Entwicklung ein, Herr Kollege Lenzen! Sagen Sie mal was dazu! Sie haben sich überhaupt nicht zu diesem Antrag zu der Sache, zu der Entwicklung und zu der Fokussierung auf die neue Zukunft verhalten. Sie sagen das, was Sie immer schon gesagt haben: „Da sind wir schon richtig. Deswegen bleiben wir auch dabei.“
Herr Kollege, Herr Minister, eines haben wir auch vernommen: 2008/2009 haben Sie schon einmal einen ähnlichen Versuch unternommen, die Arbeitslosenzentren in Nordrhein-Westfalen zu zerschlagen. Sie haben damals die Festlegung gemacht – schärfer als heute; das gebe ich zu –: Wir machen diese Struktur rückgängig. – Gott sei Dank ist 2010 eine neue Mehrheit in den Landtag gewählt worden, sodass Ihr Vorhaben nicht durchgezogen werden konnte. Aber eines ist klar: Der Ausgangspunkt war ideologisch motiviert. Sie haben dann versucht, eine neue Fokussierung hinzubekommen.
Aber eines kann ich Ihnen sagen: Dieser Antrag, genau in dieser Struktur trifft des Pudels Kern. Sie wollen weniger Geld für Arbeitslosenzentren. Sie wollen diese Strukturen zerschlagen, und Sie wollen das erkaufen mit einem richtigen Schritt, ohne dafür Geld zu hinterlegen. Das hat Kollege Neumann völlig zutreffend beschrieben. Deswegen kann Ihnen nur sagen: Stimmen Sie diesem Antrag zu! Klären Sie vielleicht auch die Meinungsverschiedenheiten in der CDU.
Eines kann nicht sein: Sie können nicht vor Ort erzählen, Sie seien dafür, Arbeitslosenzentren zu erhalten, während Sie gleichzeitig hier im Landtag den Deckel draufmachen und das Geld abschneiden. Das ist bigott; das ist nicht in Ordnung. Deswegen stimmen Sie unserem Antrag zu! – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)