Eckpunkte für ein neues Kinderbildungsgesetz: Alter Wein in neuen Schläuchen?

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
ich wünsche Euch ein Frohes Neues Jahr und freue mich auf die weitere gute Zusammenarbeit im Bereich der Kinder- und Familienpolitik.
In diesem Jahr wird die Kinderrechtskonvention 30 Jahre alt. Viel ist erreicht, gleichzeitig haben wir noch einiges zu tun, um die Rechte der Kinder in unserem Land sicherzustellen.
Im vorliegenden Kommunalinfo möchte ich die schwarz-gelben Eckpunkte zur Reform des Kinderbildungsgesetzes bewerten, die von der schwarz-gelben Landesregierung vorgelegt wurden und Euch über unser Positionspapier zur Novellierung der Kitafinanzierung informieren.
Der Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend debattierte heute die Novellierung des Kinderbildungsgesetz (KIBIZ). Familienminister Stamp hatte zuvor die Eckpunkte am 8.1.2019 in der Pressekonferenz zum Thema „Landesregierung schließt Pakt für Kinder und Familien“ vorgestellt.
Das reformierte Gesetz soll ab dem Kitajahr 2020/21 in Kraft treten. In Kürze wird der Minister den konkreten Gesetzentwurf dem Parlament vorlegen müssen.

Die Eckpunkte der Landesregierung
Die schwarz-gelbe Landesregierung hält an der bestehenden Finanzierungssystematik des KiBiz über Kindpauschalen fest. Minister Stamp hat sich mit den kommunalen Spitzenverbänden darauf geeinigt, 750 Millionen € in Personal- und Sachkosten zu geben. Die Mittel werden von den Jugendämtern und dem Land hälftig geteilt. Die Kindpauschale soll nicht mehr dynamisiert, sondern indexiert werden. Das bedeutet, dass die Mittel mit Anstieg von Sach- und Personalkosten steigen werden. Für den investiven Ausbau sollen jährlich ca. 115 Millionen € zur Verfügung gestellt werden. Die Mittel können für Aus-, Um- und Neubau oder Ausstattungsverbesserung beantragt werden. In den Eckpunkten ist auch die Flexibilisierung der Öffnungszeiten von Kitas vorgesehen (und/oder Zusatzangebote der Kindertagespflege). Die längeren Öffnungszeiten sollen mit 100 Millionen € ermöglicht werden. Des Weiteren kündigt Familienminister Stamp Investitionen in Sprachbildung und Familienzentren an.
Von den insgesamt 1,3 Milliarden €, die zusätzlich ins System gegeben werden sollen, tragen die Kommunen rund 400 Millionen €. 431 Millionen € kommen aus Mitteln des „Gute-Kita-Gesetzes“. Das Land selbst trägt etwa 490 Millionen €.
Bewertung
Das Kinderbildungsgesetz ist am Ende seiner Reformierbarkeit angelangt. Die Chance die Kita-Finanzierung endlich vom Kopf auf die Füße zu stellen und das System nachhaltig zu stabilisieren wurde verpasst. Eine wirkliche Qualitätsverbesserung rückt damit weiter in die Ferne.

Die Landesregierung hält an den Grundzügen des KiBiz fest
Die Kindpauschale wird nicht durch eine Sockelfinanzierung abgelöst. Das bedeutet, dass den Einrichtungen weiterhin pro angemeldetes Kind Geld zur Verfügung gestellt wird. Die GRÜNE Landtagsfraktion vertritt die Auffassung, dass für eine nachhaltige finanzielle Absicherung die Mittel belegungsunabhängig weitergeleitet werden müssen.
Gute Kitas brauchen gute Bedingungen. Zentral für die Qualitätsentwicklung ist der Fachkraft-Kind-Schlüssel. Eine verbindliche Regelung ist dafür unabdingbar. Vor allem muss sich die Regelung, wie viele Kinder von Erzieher*innen betreut werden, an den realen Arbeitsanforderungen abbilden:  Zeiten für Vor- und Nachbereitung, Elterngespräche und Leitungszeit müssen genauso einberechnet werden, wie Fortbildung, Urlaub oder Krankheitsausfälle. Die Landesregierung erwähnt den Fachkraft-Kind-Schlüssel in ihren Eckpunkten nicht, und verpasst so die Sicherstellung eines wesentlichen Qualitätsmerkmals in der frühkindlichen Bildung.
Klar ist: Bildung muss auch in der KITA gebührenfrei sein. Den Einstieg in die Beitragsfreiheit wollen wir durch eine landeseinheitliche gestaffelte Elternbeitragstabelle gewährleisten, die die unteren Einkommen komplett von Beiträgen entlastet und den ungerechten Gebühren-Flickenteppich ablöst. Dieser Schritt wäre für alle Familien in NRW sozial gerechter gewesen.
In keinem anderen Bundesland sind so viele Kinder von Armut betroffen wie in NRW. Die angekündigten zusätzlichen Mittel für Sprachförderung sind zu begrüßen. Um gleiche Startchancen für alle zu ermöglichen, braucht es aber mehr als das.
Wir wollen die Plus-Kitas erheblich ausbauen, die Familienzentren mit deutlich mehr Mitteln stärken. Die Gesundheit der Kinder wollen wir durch gesunde Ernährung (die kostenfrei zur Verfügung gestellt werden soll) und Sport in allen Kitas fördern. Somit vermissen wir in den Eckpunkten ein Konzept, dass den Folgen von Armut entschieden entgegenwirkt.

Tagespflege nicht vergessen!
Die Tagespflege bildet eine wichtige Säule unserer Betreuungslandschaft in NRW. Die Kindertagespflege wird in den Eckpunkten nicht erwähnt. Eine grundsätzliche Reform des Kinderbildungsgesetzes darf die Kindertagespflege nicht außen vor lassen. Wir fordern die Bereiche der Qualifizierung, Fortbildung und Fachberatung gesetzlich zu regeln und auch die notwendigen finanziellen Mittel dafür bereit zu stellen. Die kompetenzorientierte Qualifizierung Kindertagespflege (QHB), wie sie durch das Deutsche Jugendinstitut entwickelt wurde, soll flächendeckend und verpflichtend in NRW eingeführt werden.
Angehängt finden Sie und Ihr die Vereinbarung zwischen Minister Stamp und den Kommunalen Spitzenverbänden; hier weitere Links zum Thema:
·       Josefine Paul: Grundlegende Reform verpasst (Unsere Pressemitteilung)
·       Grüne Leitlinien für gute Kita (Unser Positionspapier)
·       „Kein Meilenstein für bessere Kitas“ (Die Pressemitteilung der Freien Wohlfahrtpflege)
Ich wünsche Euch eine interessante Lektüre und freue mich jederzeit über Rückmeldungen und Austausch.

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