Grüne Kritik am Landarztgesetz: Gute Arbeitsbedingungen statt starrer Quoten

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
der Landtag hat in seiner letzten Sitzung in diesem Jahr mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD das Landarztgesetz verabschiedet.
Mit dem Gesetz versucht die Landesregierung dem vielerorts herrschenden Hausärztemangel zu begegnen. In einer Reihe von ländlichen Regionen, aber auch in einigen städtischen Gebieten, gibt es Probleme eine hausärztliche Versorgung sicherzustellen. Auch in der fachärztlichen Versorgung bestehen kleinräumig oder fachgruppenspezifisch Versorgungsengpässe, die auf einer unpassenden Verteilung von Arztsitzen oder einem veränderten Bedarf beruhen, etwa durch eine älter werdende Bevölkerung. So wurde in der Anhörung im Landtag zum Gesetzentwurf darauf hingewiesen, dass es auch an Kinder- und Jugendärzt*innen mangelt. Die kommunalen Spitzenverbände haben zudem auf fehlende Ärzt*innen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) hingewiesen. Schließlich wurden Alternativen aufgezeigt, wie die Ausbildungskapazitäten deutlich erweitert werden könnten.
Was regelt das Gesetz?
Das Landarztgesetz sieht vor, dass Bewerber*innen über eine Vorabquote für den Studiengang Humanmedizin ohne Numerus clausus zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie sich dazu verpflichten, nach dem Studium in einem Bereich der ärztlichen Versorgung zehn Jahre tätig zu werden, in der das Land einen besonderen öffentlichen Bedarf in Bezug auf Hausärzte festgestellt hat. Die Quote soll zunächst für knapp acht Prozent der Medizin-Studienplätze gelten.
Bei Vertragsbruch droht eine hohe Strafzahlung: Wenn Studierende den Vertrag nach ihrer Aus- und Weiterbildung nicht erfüllen, drohen Strafzahlungen in Höhe von bis zu 250.000 Euro.
GRÜNE Position gegen den Ärztemangel
Die Landarztquote löst das generelle Problem des Ärztemangels nicht. Nordrhein-Westfalen braucht dafür mehr Medizinabsolvent*innen. Die Quote wird erst nach vielen Jahren ihre Wirkung entfalten. Die frühzeitige Vorfestlegung der Studierenden steht sowohl im Widerspruch zu der Grundausrichtung des Hochschulgesetzes wie auch zur gelebten Realität in der Lebensplanung junger Menschen. Welcher junge Mensch weiß schon vor Beginn seines Studiums, in welchem Fachbereich er später arbeiten und in welchem Lebensumfeld leben will? Sinnvoller wäre, dass Universitäten öfter mit Krankenhäusern im ländlichen Raum kooperieren. Wenn Studierende bereits einen großen Teil ihres Studiums dort verbringen, werden sie nach ihrem Abschluss auch häufiger freiwillig in Krankenhäusern im ländlichen Raum arbeiten oder sich dort mit einer Praxis niederlassen – zumindest, wenn die Bedingungen der öffentlichen Infrastruktur stimmen. 
Bereits mit den heute vorhandenen Mitteln könnten mehr Mediziner*innen ausgebildet werden: Nur etwa ein Fünftel des vom Land bezahlten Potenzials wird für die Ausbildung genutzt. Entfristungen beim Personal der Universitätskliniken könnten die Ausbildungskapazitäten in der Vorklinik erhöhen. Auch sind Professor*innen derzeit überwiegend in der Krankenversorgung und nicht in der Lehre tätig. Durch patientenorientierte Lehre könnte die Ausbildungskapazität erhöht werden. Das würde insgesamt 6.000 bis 7.000 zusätzliche Studienplätze ermöglichen.
Über die Ausbildungskapazitäten hinaus kann Telemedizin gegen den Ärztemangel helfen, indem sie die medizinische Arbeit vor Ort unterstützt. Sie ermöglicht eine qualifizierte Unterstützung der medizinischen Behandlung in einigen Bereichen und eine bessere sektorübergreifende Zusammenarbeit. Sie sollte aber nur dort eingesetzt werden, wo sie tatsächlich die Patientenversorgung verbessert und die Arbeit erleichtert.
Klar ist: Die medizinische Versorgung auf dem Land mit einer wohnortnahen ärztlichen, pflegerischen und psychosozialen Betreuung muss sichergestellt sein. Die ungleiche Verteilung der Arztpraxen mit einer Unterversorgung in ländlichen und strukturschwachen Räumen und einer Überversorgung strukturstarken Regionen ist ein Problem. Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Menschen in NRW.
Wir GRÜNE haben den Gesetzentwurf abgelehnt. Dem Landarztgesetz haben wir in der Abstimmung im Landtag einen Entschließungsantrag gegenübergestellt.
Für Rückfragen stehen unser wissenschaftlicher Mitarbeiter für Soziales, Gesundheit, Pflege und Alter, Harald Wölter (harald.woelter@landtag.nrw.de, 0211/884 2878)  und ich gerne zur Verfügung.
Mit Grünen Grüßen
Mehrdad Mostofizadeh

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