Jetzt erst recht! – Windenergieausbau in NRW

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,

Schwarz-Gelb sorgt für Verunsicherung in der Energiepolitik, um das eigene Ziel zu erreichen: Der Windenergieausbau soll ausgebremst werden. Die Landesregierung will deswegen pauschale Abstände zur Wohnbebauung einführen und plant weitere Einschränkungen.

Mit diesem Kommunalinfo möchte ich Euch darlegen, warum die schwarz-gelben Ankündigungen noch nicht das Ende des Windkraftausbaus bedeuten müssen und wie Ihr vor Ort mit der neuen Situation umgehen könnt, damit die Windenergie in Eurer Kommune weiter ausgebaut werden kann. Zusätzlich findet Ihr weiter unten allgemeine Hinweise zur Windenergie.

Das Wichtigste vorab:

·         Der rot-grüne Windenergieerlass vom 04.11.2015 gilt zunächst weiter.

·         Flächennutzungspläne oder andere Planungen der Kommunen müssen nicht geändert werden.

·         Der Entwurf des neuen Erlasses befindet sich aktuell in der Verbändeanhörung, sein Inkrafttreten ist nicht vor Frühjahr kommenden Jahres zu erwarten.

·         Der Erlass ändert die Rechtslage nicht grundsätzlich. Die bisherigen Planungen zum Windenergieausbau müssen nicht verändert werden.

·         Daher lade ich zu einer Informationsveranstaltung zu allen Fragen rund um den Windenergieerlass am Freitag, 10.11.2017, um 16:00 Uhr im Landtag ein. Weitere Informationen folgen in Kürze.

Neuer Erlass schafft keine grundsätzlich neue Rechtslage

Grundsätzlich ist ein Erlass lediglich eine Empfehlung und Hilfe zur Abwägung für die Kommunen. Das gilt auch für den neuen schwarz-gelben Windenergieerlass. Der Entwurf des Erlasses enthält keine rechtlichen Änderungen, sondern gibt lediglich die aktuelle Rechtsprechung und -lage wieder. Allerdings gibt der neue Erlass von CDU und FDP Hinweise, wie der Windenergie in NRW das Leben schwer gemacht werden kann, und spiegelt die ablehnende Haltung der neuen Landesregierung wider. Bisher und weiterhin gilt: Kommunen und Windenergieanlagenplaner müssen bei Planungen Grenzwerte beachten und einhalten, etwa beim Schall. Ob der zur Einhaltung der Grenzwerte erforderliche Abstand 1.500 Meter betragen, geringer oder sogar höher sein muss, muss immer noch im Einzelfall geprüft werden. Entscheidend bleibt, dass die Immissionsschutzgrenzwerte wie bisher nicht überschritten werden dürfen. Selbst wenn der Erlass-Entwurf unverändert verabschiedet würde, bliebe der darin enthaltene Abstand von 1.500 Metern lediglich ein Rechenbeispiel für einen Einzelfall.

Würden von den Kommunen auf Grundlage des Erlasses jedoch bereits bei der Planung von Windvorrangzonen in Flächennutzungsplänen pauschale Abstände von 1.500 Metern angenommen werden, würden sich die Potentialflächen unnötig reduzieren. Damit würden Kommunen dem schwarz-gelben Ziel der Fesselung der Windenergie in die Hände spielen.

Es ist noch völlig unklar, ob die pauschalen 1.500 Meter Abstand zur reinen Wohnbebauung, wie sie der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag vorsieht, rechtlich umsetzbar sind. Ein Rechtsgutachten der Stiftung Umweltenergierecht zweifelt dies an. Der Windenergieerlass ist jedenfalls keine solche rechtssichere Umsetzung.

Was jetzt vor Ort zu tun ist

Da viele von Euch sich bei mir gemeldet und gefragt haben, wie lange die Verabschiedung der neuen Regelungen dauern wird und ob sie diese abwarten sollten, möchte ich hier noch einmal dringend davon abraten: Wenn Eure Kommune wartet, bis der neue Erlass veröffentlicht ist, hat die Landesregierung ihr Ziel erreicht, den Windenergieausbau in NRW zu bremsen! Die Unsicherheit in Verwaltung und Räten über das weitere Vorgehen und die daraus häufig folgende Untätigkeit sind genau das, was Schwarz-Gelb wollte.

In Beratung oder Aufstellung befindliche Flächennutzungspläne und Änderungen an diesen müssen weder aufgrund des Entwurfs noch später aufgrund eines neuen Windenergieerlasses verschoben oder verändert werden.

Auch die Erstellung von Gutachten zu den Potenzialen der Erneuerbaren in Eurer Kommune, die oft geförderter Bestandteil eines integrierten kommunalen Klimaschutzkonzepts sind, solltet Ihr wegen der drohenden Erlasslage keinesfalls verschieben oder gar darauf verzichten.

Falls der Landesregierung außerhalb des Windenergieerlasses wider Erwarten eine rechtssichere Umsetzung von 1.500 Meter-Abständen gelingt, gilt: Konzepte, die mögliche Standorte für Windenergieanlagen im Planungsbereich untersuchen, verlören nicht zwangsläufig ihre Gültigkeit. Gegebenenfalls wäre nur eine Überarbeitung der Konzepte notwendig, auch wenn Flächen wegfallen oder begrenzt werden.

Landesregierung will Windenergie ausbremsen

Obwohl der Erlass keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen mit sich bringt, setzt die Landesregierung ihren ideologiegetriebenen Kampf gegen die Windenergie fort und sorgt für Unsicherheit im ganzen Land.

Der Städte- und Gemeindebund NRW sah sich deswegen auch veranlasst in einem Schnellbrief eine Reihe von Klarstellungen zum Erlass zusammenzufassen und äußerte dabei schwere Bedenken. So weist der Verband darauf hin, dass eine pauschale Festlegung eines Mindestabstands in einem Erlass unzulässig wäre und die Gefahr bestünde, „dass sich der Abstand von 1.500 Metern in der Praxis (unzutreffenderweise) als Orientierungswert etablieren würde, der von der Öffentlichkeit im Rahmen der Planung zunächst generell eingefordert werden könnte. Dies würde die Konzentrationszonenplanung in den Städten und Gemeinden nur zusätzlich erschweren.“ (Schnellbrief 231/2017)

Hintergrundinfos: Ausschreibungen und Windenergieausbau in NRW

Seit diesem Jahr müssen potenzielle Betreiber*innen von Windkraftanlagen zur Ermittlung der Vergütungshöhe des eingespeisten Stroms an einem Ausschreibungsverfahren der Bundesnetzagentur teilnehmen. Voraussetzung für die Teilnahme ist grundsätzlich das Vorliegen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die in dem Gebot angegebene(n) Anlage(n). Nur Bürgerenergieprojekte müssen zur Vereinfachung keine solche Genehmigung vorlegen und haben zwei Jahre länger Zeit für die Realisierung. Unternehmen haben diese Ausnahme ausgenutzt, indem sie Bürgerprojekte gegründet und so rund 90 Prozent der Zuschläge erhalten haben. Sie konnten aufgrund der längeren Realisierungsdauer mit geringeren Preisen kalkulieren.

Die Bundesnetzagentur hat die Zuschläge der zweiten Ausschreibung für Windenergie an Land zum Gebotstermin 1. August 2017 veröffentlicht. Die Ausschreibung war deutlich überzeichnet, die Preise niedrig. Der durchschnittliche Zuschlagswert liegt bei 4,28 ct/kWh. Bei der ersten Ausschreibung zum Gebotstermin 1. Mai 2017 waren es noch 5,71 ct/kWh. Die Fachagentur Wind hat die Ausschreibungsergebnisse ausgewertet. Erschreckend ist dabei die Bilanz für NRW: Kein einziges Angebot aus Nordrhein-Westfalen wurde diesmal berücksichtigt. Das ist ein herber Rückschlag für die heimische Branche.

Aufgrund dieser Entwicklungen gibt es nach aktuellem Stand ab Mitte 2018 nur noch zwei genehmigte Projekte in NRW. Nach einem für NRW zu erwartenden Rekordjahr 2017 mit 114 gebauten Anlagen allein im ersten Halbjahr ist diese Entwicklung besonders bitter. Die Windbranche in NRW warnt daher zu Recht vor einem Strukturbruch. 

Auch wenn diese Entwicklungen ihren Ursprung auf der Bundesebene haben und die nächste Bundesregierung durch eine Überarbeitung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes schnellstmöglich Abhilfe schaffen muss, sind auch die Signale der schwarz-gelben Landesregierung fatal. Sorgt sie mit ihren Ankündigungen doch für Verunsicherung bei Planungsbüros, Betreiber*innen und Kommunen, die einer sowieso schon gefährdeten Branche den letzten Rest geben könnten.

Lasst uns also gemeinsam daran arbeiten, dass die Landesregierung mit ihrer Strategie nicht erfolgreich ist und wir in den Kommunen auch weiterhin die Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende legen.

Bei allen Fragen dazu bin ich sehr gerne Eure Ansprechpartnerin.

Wibke Brems

Mehr zum Thema

Energie & Klimaschutz