Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ging es ein bisschen so wie der Kollegin Watermann-Krass. Auch ich habe mich in der Tat gefragt, was man zu diesem Antrag sagen soll; denn etwas so Substanzloses erlebt man selten.
Herr Dr. Blex, wenn Sie sich an die Landwirtschaft wenden, dann müssen Sie, so meine ich, in den Beschlusspunkten eines Antrags doch auch mal einen Weg aufzeigen, wie es gehen könnte. Alles, was Sie können, ist, zu sagen: Das wollen wir nicht.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Da sind Sie aber an einer Stelle von vor ungefähr 30 Jahren. Sie haben die gesamte Debatte der letzten 20 oder 30 Jahre anscheinend nicht mitbekommen. Sie verweigern sich und sind nicht in der Lage, auch nur ansatzweise Lösungen anzubieten.
Das Problem ist auch, dass Sie überhaupt nichts verstanden haben. Sie haben nicht verstanden, warum die Ministerin heute nicht hier ist – nämlich, weil es eine Sonderagrarministerkonferenz gibt. Sie haben nicht verstanden, dass diese Fleischsteuer – da muss ich den Kollegen Herrn Haupt ein bisschen korrigieren – nach der Borchert-Kommission noch überhaupt nicht feststeht. Es ist nicht klar, was genau passieren soll, also ob es eine Steuer oder eine Abgabe werden soll. Darüber wird noch debattiert; das wissen wir noch gar nicht. Auch die Bundesregierung hat der FDP-Fraktion im Bundestag klar geantwortet, dass man sich noch im Prozess befinde und genau nachdenke, wie man das ausgestalten wolle.
Klar ist aber sehr wohl – und da führt dieser AfD-Antrag ja total hinter die Fichte –, dass das, was dort eingenommen werden soll, genau dazu dienen soll, den Teil abzudecken, der jetzt an Mehrkosten für die Landwirtschaft entsteht, an der Ladentheke von den Verbraucherinnen und Verbrauchern aber nicht zu erreichen ist. Das ist von Frau Winkelmann richtig angesprochen worden. Es gibt eine Lücke zwischen Käuferwünschen und Käuferhandeln. Diese muss man schließen. Genau dazu wird das jetzt gemacht.
(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])
Sie nehmen anscheinend nichts wahr. Wenn Politik so handeln würde, wie Sie es wollen, und nichts tun, sondern „irgendwie ist doch alles gut“ sagen würde, dann müssten Sie leider auch irgendwie die Gerichte negieren. Wir haben Gerichtsurteile. Jedes Jahr kommt eines, etwa das Kastenstandsurteil, und stellt fest: Es geht so nicht mehr; es muss anders werden. Wir werden sicherlich irgendwann etwas im Bereich „Milchkuhhaltung, ganzjährige Anbindehaltung“ bekommen. Da wird eins nach dem andern kommen; wir hatten schon das Urteil zu den Käfigen in der Legehennenhaltung.
Wenn man das negiert und wir als Politik immer einem Gerichtsurteil nach dem anderen hinterherhinken, dann entsteht doch genau dadurch die Unsicherheit, die in der Landwirtschaft herrscht, nämlich, dass man nicht weiß, ob der Stall, den man jetzt gebaut hat, noch 20 Jahre zu nutzen ist oder nicht.
2015 haben wir – das ist jetzt auch schon wieder fünf Jahre her – das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats bekommen. Spannend für mich: Damals hat sich der zuständige Bundeslandwirtschaftsminister nicht dazu in der Lage gesehen, dieses Gutachten entgegenzunehmen.
Es ist eigentlich gute Praxis, dass man das macht, dass man so ein Gutachten entgegennimmt. Das hat Christian Schmidt damals nicht gemacht, weil er dieses Gutachten abgelehnt hat. Er wusste natürlich, was kommen würde. Dieses Gutachten hat schon ganz klar den Weg beschrieben, den wir jetzt endlich gehen werden.
Im Prinzip hat die Borchert-Kommission all das noch einmal aufgegriffen und hat – das finde ich sehr lobenswert – einen wirklich guten Zeitplan aufgestellt. Aus grüner Sicht könnte der vielleicht noch ein bisschen ambitionierter sein in seinen Zielen – aber diesen Zeitplan aufzustellen, das ist sehr wohl ein Verdienst an der Stelle. Es ist lobenswert, das zu tun.
Da finde ich, dass wir alle miteinander – mit Ausnahme von ganz rechts –wirklich jetzt ein erhebliches Stück weiter sind. Dieser Antrag bringt uns jedoch keinen Millimeter weiter. In der Enquetekommission werden wir gemeinsam, glaube ich, konstruktiv etwas erarbeiten. Ich vermute, dass Sie auch da nicht wirklich konstruktiv mitarbeiten werden. Sie versuchen bloß, Ängste zu schüren vor der Verteuerung von Fleisch. Sie versuchen, Ängste bei Bäuerinnen und Bauern zu schüren.
Das ist eine Art von Politik, wie wir sie als Grüne ablehnen. Wir werden diesen Prozess weiter konstruktiv begleiten und hoffentlich dann gemeinsam mit allen anderen zu einem positiven Ende führen.
2040 werde ich 74 Jahre alt sein. Ich hoffe, dass ich das noch erlebe, wenn wir dann die Endausbaustufe haben und dann tatsächlich – das ist ja auch ein Ziel – gute Haltungsbedingungen für Tiere haben und eine Befriedung haben in dieser Gesellschaft, dass nämlich alle sagen: Jawohl, diese Tierhaltung, so wie sie jetzt ist, tragen wir als Gesellschaft mit. Das ist ein guter Konsens gewesen, den wir da ab dem Jahr 2020 beschritten haben. Von daher: Lassen Sie uns auf den Weg machen. Dann, glaube ich, wird es auch gut.
Ihren Antrag braucht es dazu nicht. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)