Enttäuschung und Verwirrung beim Masterplan Grundschule: Was gilt denn nun, Plan oder Faktenblatt?

Kleine Anfrage von Sigrid Beer

Im Koalitionsvertrag haben CDU und FDP einen Masterplan Grundschule versprochen. Ministerin Gebauer hat einen solchen immer wieder angekündigt und dann Fristen verstreichen lassen. In der Zwischenzeit wurden die Grundschulen bei neuen Maßnahmen wie Talentschulen oder der Neuausrichtung der Inklusion außen vor gelassen, immer mit dem Hinweis, dass der Masterplan kommt.
Auch die Diskussion um die gleiche Besoldung der Lehrämter wurde immer wieder mit dem Masterplan verbunden. Denn die versprochene Wertschätzung der Grundschulen sind nicht denkbar ohne Lösung der schlechteren Bezahlung beim Grundschullehramt. So stieg die Erwartung an einen Masterplan.
Am 11.08.2020 hat Ministerin Gebauer nun endlich den Masterplan Grundschule vorgestellt. Als Grund für die späte Vorlage führte sie aus, dass es ihr wichtig gewesen sei, den Masterplan ausführlich und detailliert mit den Verbänden zu besprechen.
Umso mehr irritieren die Widersprüche zwischen dem vorgelegten Masterplan und dem auf der Pressekonferenz vorgelegten Faktenblatt zum Masterplan, das auch auf der Website des Ministeriums neben dem Masterplan zum Download bereit steht.
Im Masterplan wird ausgeführt, dass „mittelfristig zumindest die zwei- und mehrzügigen rund
2.400 Grundschulen so zu unterstützen, dass sie auch Kinder mit Lern- und Entwicklungsstörungen unter Einbindung sonderpädagogischer Expertise erfolgreich unterrichten und fördern können.“ Und weiter: „Die Landesregierung wird daher schrittweise die Stellen für das Gemeinsame Lernen um insgesamt 1.000 Stellen in den kommenden Jahren durch entsprechende Haushaltsentscheidungen erhöhen; dieser Stellenausbau soll zum Schuljahr 2021/2022 (mit 200 Tarifstellen und 100 A 13s Stellen) beginnen.“
Abgesehen davon, dass kleineren Grundschulen in Zukunft zwar Konrektorenstellen erhalten sollen, aber unter der Überschrift „Gemeinsames Lernen wohnortnah ermöglichen“ leer ausgehen sollen, ist es bemerkenswert, dass in der laufenden Legislaturperiode nur 300 Stellen für knapp 2800 Grundschulen vorgesehen sind, um die beklagte schlechte personelle Ausstattung der Inklusion im Primarbereich auszugleichen.
Doch die Enttäuschung wird noch größer, wenn man sich das Faktenblatt anschaut, mit dem der Masterplan für die Pressekonferenz zusammenfasst. Dort heißt es: „Die Stellen für das Gemeinsame Lernen werden von derzeit rund 3.500 in den kommenden Jahren um insgesamt 800 Stellen erhöht. Dieser Stellenausbau soll zum Schuljahr 2021/22 beginnen. Bis 2025 sind dafür rund 138 Millionen Euro vorgesehen.“
Offensichtlich hat sich zwischen Drucklegung des Masterplans und der Pressekonferenz noch eine nicht unerhebliche Veränderung gegeben. Bei der Inklusion wurden 20% der vorgesehenen Stellen gestrichen. Das wurde weder bei der Pressekonferenz noch an anderer Stelle erklärt, auch nicht gegenüber den Verbänden, mit denen der Masterplan doch angeblich detailliert besprochen worden war. Offen bleibt die fachliche Begründung, wie die Grundschulen mit 20% weniger Personal als gedacht das Ziel erreichen sollen, „auch Kinder mit Lern- und Entwicklungsstörungen unter Einbindung sonderpädagogischer Expertise erfolgreich unterrichten und fördern“ zu können.
Es stellt sich die Frage, welche Zahl gilt 800 oder 1000? Die Fassung des Masterplans, der am 19.08. dem Schulausschuss des Landtags übergeben wurde, geht weiter von 1000 Stellen aus.
Erstaunlich ist auch die Ankündigung, 5% der Stellen zu Beförderungsstellen zu machen. Davon findet sich nichts im Masterplan selbst, sondern nur im Faktenblatt unter Handlungsfeld
7 „Weitere Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung der Grundschulen und deren Lehrkräfte“: „Die Landesregierung beabsichtigt, erstmalig Beförderungsmöglichkeiten in der Schulform Grundschule zu schaffen und damit auch Lehrkräften außerhalb der Schulleitungsämter eine berufliche Perspektive zu bieten. Anders als in allen allgemeinen Schulformen der Sekundarstufe I ist dies an Grundschulen bisher nicht möglich. Die Landesregierung beabsichtigt daher mit einer Änderung des Landesbesoldungsgesetzes im Umfang von fünf Prozent der Planstellen für Grundschullehrkräfte, Beförderungsmöglichkeiten auch an Grundschulen zu schaffen. Bis 2025 werden im Landeshaushalt rund 45 Millionen dafür eingeplant.“ Laut Aussage von Ministerin Gebauer auf Nachfrage bei der Pressekonferenz wären das 1.300 Stellen.
Also hat es auch hier noch zwischen Drucklegung des Masterplans und Pressekonferenz noch eine entscheidende Veränderung gegeben. Ob das Kürzen bei der Inklusion einerseits und die Verbesserung der Besoldung andererseits in einem Zusammenhang stehen, bleibt offen.
Auf Nachfrage, ob die Schaffung der Beförderungsstellen die Antwort auf die Forderung nach A13 für das Grundschullehramt ist, verneinte die Ministerin und verwies auf eine generelle Lösung, die nicht im Aufgabenbereich des Schulministeriums liege, da es das Landesbesoldungsrecht betreffe. Demgegenüber meinte Staatsekretär Richter, dass man die Beförderungsstellen als einen ersten Schritt zu A13 sehen könnte. Wenn in der Laufzeit des Masterplans (bis 2025) 5% der Stellen A13 erhalten sollen, bräuchte es also 100 Jahre um alle Grundschullehrkräfte zu erreichen. Danach kämen dann die ebenfalls betroffenen Lehrkräfte mit Lehramt Sekundarstufe-I. Das hat die Lehrerverbände nicht nur enttäuscht, sondern zu Recht empört. Und es bleibt offen, wann die Beförderungsstellen geschaffen werden bzw. ob überhaupt noch in dieser Legislatur mit einer Umsetzung zu rechnen ist.
Schleierhaft bleiben die Zahlenangaben zu Kosten und Stellen. Im Faktenblatt und der Pressemitteilung werden insgesamt 718 Millionen Euro genannt, die der Masterplan umfasst. Bei Durchsicht wird nicht transparent, woraus sich diese Zahl ergibt.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.         Wie viele Stellen sollen für das Gemeinsame Lernen an Grundschulen zusätzlich geschaffen werden (bitte in der Schrittigkeit darstellen)?
2.         Wie begründet die Landesregierung, dass diese Anzahl der Stellen ausreicht, um das postulierte Ziel zu erreichen, an zumindest 2400 der 2800 Grundschulen, „auch Kinder mit Lern- und Entwicklungsstörungen unter Einbindung sonderpädagogischer Expertise erfolgreich unterrichten und fördern“ zu können?
3.         Wie viele Stellen sollen als Beförderungsstellen außerhalb von (stellvertretenden) Schulleitungen an Grundschulen mit welchen Funktionen geschaffen werden (bitte in der Schrittigkeit darstellen)?
4.         Welche weiteren Schritte zur Angleichung der Besoldung der verschiedenen Lehrämter sind seitens der Landesregierung geplant?
5.         Wie setzt sich die Summe von 718 Millionen Euro zusammen, die die Maßnahmen des Masterplans Grundschule ausmachen?