Antisemitische Straftaten im ersten Halbjahr 2020

Kleine Anfrage von Verena Schäffer

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Der antisemitische Anschlag im Oktober 2019 in Halle, bei dem zwei Menschen grausam ermordet wurden, hat alle Demokratinnen und Demokraten tief erschüttert. Die jüdische Gemeinde in Halle steht verständlicherweise bis heute unter dem Eindruck dieses schrecklichen Angriffs. Aus den jüdischen Gemeinden wird schon seit Jahren auf antisemitische Vorfälle und diskursive Grenzüberschreitungen aufmerksam gemacht. Antisemitismus ist nach wie vor im Kern rechtsextremer Ideologie verankert und die rechtsextreme Szene versucht seit einiger Zeit stärker mit dem Thema zu mobilisieren, was z.B. die Agitation von „Die Rechte“ im vergangenen Europawahlkampf zeigt. Aber auch im Zuge der Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen wurden immer wieder antisemitische Ressentiments sichtbar, wenn beispielsweise Verschwörungsmythen vorgebracht werden, die einen deutlichen antisemitischen Ursprung haben.
Das Phänomen Antisemitismus hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Neben dem „klassischen“ Antisemitismus sind immer wieder auch „sekundärer“ und „israelbezogener“ Antisemitismus sichtbar. Die beiden letzteren finden derzeit eine größere Verbreitung. Den unterschiedlichen Formen des Antisemitismus liegen jeweils andere Motivationen und Strategien zugrunde. Diese – in der Gesellschaft verbreiteten – antisemitischen Einstellungen führen immer wieder zu antisemitischem Handeln auch in Form von Straf- und Gewalttaten.
In den Jahren 2017 und 2018 ist die Zahl antisemitischer Straftaten in Nordrhein-Westfalen deutlich gestiegen von 324 auf 350 Fällen. Auch im Halbjahresvergleich 2018 und 2019 zeigte sich ein Anstieg von 86 auf 96 Fälle. Im gesamten Jahr 2019 sank die Anzahl antisemitischer Straftaten auf 315 Fälle in Nordrhein-Westfalen. Im gesamten Bundesgebiet stieg die Zahl jedoch auf 2.000 Fälle an und erreichte damit den höchsten Wert seit der Einführung des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes der politisch motivierten Kriminalität. Sowohl bei den bundesweiten Zahlen, als auch in Nordrhein-Westfalen hatte der Großteil der antisemitischen Straftaten einen Hintergrund der politisch motivierten Kriminalität – Rechts (PMK – Rechts).
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.         Wie viele Straftaten mit antisemitischem Hintergrund wurden im ersten Halbjahr 2020 verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten.)
2.         In welche Phänomenbereiche der politisch motivierten Kriminalität fallen die unter Frage 1 erfragten Straftaten?
3.         Wie viele Tatverdächtige wurden wegen antisemitischer Straftaten im ersten Halbjahr 2020 festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter und Geschlecht auflisten.)
4.         Wie viele Ermittlungsverfahren wurden im ersten Halbjahr 2020 wegen antisemitischer Straftaten eingeleitet?
5.         In wie vielen Fällen kam es im ersten Halbjahr 2020 zur Erhebung einer Anklage, Verurteilung oder Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben.)