Arndt Klocke: „Wir sind alle miteinander gut beraten, den Wunsch nach Bürgernähe, nach Präsenz ernst zu nehmen“

Gesetzentwurf der "AfD"-Fraktion für ein Landeswahlgesetzm "Stärkungspakt Individualverkehr"

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kollegen aus den demokratischen Fraktionen, die vor mir gesprochen haben, haben es schon ausführlich begründet. Selbstverständlich muss sich ein Parlament immer wieder fragen, ob die Zusammensetzung und das Wahlverfahren zeitgemäß sind und ob die Repräsentanz in dieser Größe und Form auch aufgrund des Wahlrechtes richtig und notwendig ist. Das, was Sie uns hier vonseiten der AfD vorgelegt haben, würde dieses Parlament aber nachhaltig schwächen.
Ich kann das als jemand sagen, der zwar kein direkt gewählter Wahlkreisabgeordneter ist, aber bei den letzten drei Wahlen das Vergnügen hatte, in seinem Wahlkreis zumindest auf dem zweiten Platz zu landen. Das nehme ich auch ernst und verstehe es als Mandat, mich um die Bürgerinnen und Bürger in meinem Kölner Wahlkreis – das sind knapp 200.000 Menschen – intensiv zu kümmern.
Die Vorstellung, wir würden das alles so reduzieren und halbieren, wie Sie das wollen, würde mir den Eindruck vermitteln, man hätte das Doppelte vor der Brust. Dies intensiv zu machen, heißt, sich um Bürgeranliegen und Themen im Wahlkreis eingehend zu kümmern, Bürgernähe zu haben und auch vor Ort bei Veranstaltungen etc. präsent zu sein. Insofern geht das, was Sie vorhaben, an meinen Vorstellungen weit vorbei.
Ich glaube, wir sind alle miteinander gut beraten, den Wunsch nach Bürgernähe, nach Präsenz vor Ort, nach Ansprache, nach Erreichbarkeit usw. ernst zu nehmen, und zwar nicht nur auf digitalem Wege, sondern auch, wenngleich das jetzt in der Coronazeit deutlich eingeschränkt ist, durch reale Präsenz vor Ort mit Ansprechbarkeit etc.
Meines Erachtens gehen die Vorschläge, die Sie uns hier vorgelegt haben, mit einer Sollgröße von 129 Abgeordneten und der Hälfte der Wahlkreise weit an dem vorbei, was Bürgernähe und Repräsentanz signalisieren sollen. Sie würden das Ganze deutlich reduzieren und einschränken und uns viel weiter von den Bürgerinnen und Bürgern entfernen, als es heutzutage der Fall ist. Daher werden wir Ihren Antrag in jedem Fall ablehnen.
Grundsätzlich – das haben auch die Kollegen von FDP, CDU und SPD gesagt – muss sich natürlich der Landtag regelmäßig fragen, ob das jetzige Wahlverfahren von der Größe und der Repräsentanz her weiterhin angemessen ist. Wir werden uns auch mit Blick auf mögliche Wahlprognosen im Hinblick auf die nächste Landtagswahl fragen: Wo ist die Grenze, was Überhangmandate angeht? – Damit müssen wir uns intensiv beschäftigen.
In der jetzigen Phase – wir sind nicht einmal zwei Jahre von der nächsten Landtagswahl entfernt – sage ich, wenn ich nach Berlin schaue und die sehr mühsamen Debatten sehe, die dort schon viel länger laufen: Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass man jetzt noch auf die Schnelle ein gutes Verfahren findet und zu einem demokratischen Konsens kommt, der alle wesentlichen Aspekte berücksichtigt.
Meines Erachtens wäre das eine Aufgabe, der sich der Landtag in der nächsten Wahlperiode, am besten von Anfang an, stellen sollte und muss.
Natürlich müssen wir nicht immer weiter an der Sollgröße in der jetzigen Form festhalten. Wir können auch über die Reduzierung der Zahl von Wahlkreisen diskutieren und über einen anderen Zuschnitt reden. Trotzdem sollten wir dabei auf eine Gesamtzahl von etwa 200 Abgeordneten kommen. Denn anders ist – jedenfalls nach meiner Erfahrung; ich gehöre dem Parlament jetzt zehn Jahre an – eine vernünftige Arbeit mit Bürgernähe, Ansprechbarkeit und Präsenz auch in der Fläche nicht zu gewährleisten.
Das, was Sie uns hier vorgelegt haben, passt natürlich ein Stück weit in das AfD-Schema, das wir von Ihnen auch schon die ganze Zeit wahrnehmen, nämlich ein Nicht-ernst-Nehmen, ein Kleinreden von demokratischer Teilhabe und Partizipation. Entsprechend passt das auch in Ihr Muster hinein. Wir werden es entsprechend ablehnen.
Ich meine aber, dass wir alle gut beraten sind, weiterhin eine intensive Debatte miteinander zu führen und uns vor allen Dingen mit Blick auf die nächste Wahlperiode vorzunehmen, dann zu einer Reform zusammenfinden. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)