Mehrdad Mostofizadeh: „Wir hatten schon vor Corona Nachwuchsprobleme, weil die duale Ausbildung offensichtlich nicht mehr die hohe Anziehungskraft hat“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur beruflichen Ausbilung in Corona-Zeiten

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will gar nicht irgendwelche Mauern aufbauen, die ich bei diesem Thema nicht erkennen kann. In der Debatte kann ich sie aber schon ein bisschen erkennen, weil sie etwas herbeigeredet wurden.
Folgendes will ich vorwegschicken. Mit der Pandemie sind viele Herausforderungen verbunden, die auch viel Geld kosten. Eine ganz wichtige Geschichte sollte uns einen: Im Herbst steht der Haupteinstellungszeitraum bei den Ausbildungsplätzen an. Wir als Land müssen alle miteinander das Signal geben: Bitte, lasst die jungen Leute nicht im Regen stehen. Und: Bitte, junge Leute, lasst die Zeit nicht verstreichen. Fangt eine vernünftige Ausbildung an, damit die Zeit genutzt werden kann. Ihr sollt herausfinden, was euch am besten liegt, damit ihr ausgebildet werden könnt.
Es ist soeben richtigerweise gesagt worden, dass der ganze Ausbildungsjahrgang in wesentlichen Teilen darunter leiden kann, wenn das nicht passiert. Das können wir uns angesichts des Fachkräftemangels überhaupt nicht leisten. Uns hier im Landtag sollte das ausdrücklich einen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von Johannes Remmel [GRÜNE], Marco Schmitz [CDU] und Josef Hovenjürgen [CDU])
Das sage ich vor dem Hintergrund, dass ich versucht habe, aus den Anträgen die Substanz herauszulesen. Das Anliegen, das die Koalition mit ihrem Antrag auf den Tisch gelegt hat, ist ausdrücklich richtig. Aber im Prinzip beschreiben Sie Regierungshandeln. Sie sagen: Kümmert euch mal, guckt mal, macht mal Akquise, setzt euch mit den Leuten zusammen! – Aber die konkreten Probleme, die damit zusammenhängen, werden nicht substanziell angesprochen.
Herr Kollege Schmitz, ich verwahre mich ausdrücklich davor – ich kann ja nur für meinen Antrag reden –, dass wir Dinge aus der Mottenkiste herausgeholt hätten. Das finde ich, ehrlich gesagt, unverschämt. Alle drei Vorschläge, die wir aufgeschrieben haben, beziehen sich ausdrücklich auf die Situation. Das können Sie hinterher auch wieder anders machen. Ich finde es zielführend, eine Garantie zu geben, dass die Ausbildung auch wieder zu Ende geführt werden kann, und im Bereich des Kurzarbeitergeldes in der Pandemiezeit auch die Ausbildungsunternehmen einzubeziehen. Ob Sie die gut oder schlecht finden, können Sie ja inhaltlich begründen, aber das als Mottenkiste zu bezeichnen – nach dem Motto: was wir immer schon mal sagen wollten – weise ich ausdrücklich zurück.
(Beifall von den GRÜNEN)
Nun der Blick nach vorne. Herr Minister und liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden es nicht schaffen, das in den Ausschuss zu überweisen, denn es muss schnell gehandelt werden. Das ist mir klar. Aber was uns einen sollte, ist, uns in jedem Ausschuss darüber Gedanken zu machen und auszutauschen und vielleicht auch den jeweiligen Minister um Auskunft zu bitten, was denn nun tatsächlich passiert.
Alle drei Vorschläge kommen aus dem Bereich der Arbeitgeber. Die Industrie- und Handelskammer hat ausdrücklich das Kurzarbeitergeld auch für die Beschäftigten gefordert. Sie hat ausdrücklich gefordert, dass es Garantien geben muss und dass die ausbildenden Betriebe durch ein Förderprogramm gestützt werden können. Das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern das sind alles Aspekte aus der Fachdebatte, und das sollte uns gemeinsam beschäftigen und nicht einfach so vom Tisch gewischt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Weil mir das wirklich ein Anliegen ist und weil die grüne Fraktion so verschrien ist, sie kümmere sich immer nur um die Abiturienten, will ich ausdrücklich sagen: Wir hatten schon vor Corona – das wissen wir alle – Nachwuchsprobleme, weil die duale Ausbildung offensichtlich nicht mehr die hohe Anziehungskraft hat oder weil sie gesellschaftlich nicht so akzeptiert wird. Das mag unterschiedliche Gründe haben. Deswegen werbe ich ausdrücklich dafür: Geht in die Ausbildungsbereiche. Das ist wertvoll. Ihr könnt dort Qualifikationen erwerben, und wenn ihr euch dann noch für einen anderen Weg entscheidet, für einen akademischen, dann ist das in Ordnung.
Was ich sehr klar für die grüne Fraktion reklamieren will, ist: Wir müssen uns um diesen Ausbildungsjahrgang und wahrscheinlich auch noch mindestens um den nächsten Jahrgang viel intensiver kümmern, als das vorher der Fall gewesen ist. Auch die Betriebe, die ihre Pflicht wahrnehmen, die Ausbildung voranzutreiben, auch im eigenen Interesse, sollten wir nach Kräften unterstützen und nicht auf das Parteibuch schauen, sondern auf den Inhalt des Vorschlags. Daran wäre mir sehr gelegen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)