Mehrdad Mostofizadeh: „Am Ende ist es ein Beschäftigungsprogramm für Verwaltungsangestellte“

Entwurf der Landesregierung eines Kommunalabgabengesetzes - zweite Lesung

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum diskutieren wir überhaupt über das KAG und die Straßenausbaubeiträge? – Auslöser waren eine Initiative der SPD und auch im Vorfeld Aussagen von Koalitionsabgeordneten. Ganz vorne weg hat der amtierende Verkehrsminister Hendrik Wüst – es ist eben zitiert worden – gesagt: Die Straßenausbaubeiträge müssen abgeschafft werden, weil sie mittelstands- feindlich sind. – Dieser Verkehrsminister ist nicht nur Verkehrsminister, sondern auch Abgeordneter dieses Landtages. Auch die Kollegin Fuchs-Dreisbach hat nach eigenem Bekunden die Volksinitiative – wir reden ja gerade nicht nur über den Gesetzentwurf, sondern auch über die Volksinitiative – selbst unterschrieben. Also, eigentlich gibt es in diesem Landtag – ich weiß jetzt nicht, wie die fraktionslosen Abgeordneten abstimmen – eine Mehrheit für die Zustimmung zur Volksinitiative.
(Beifall von der SPD)
Das ist Fakt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich will Ihnen auch sagen, warum ich das jetzt hier so einführe, nämlich weil natürlich eben auch der Kollege Höne, der ja, finde ich, inhaltlich respektabel vorgetragen hat, wieder einmal versucht hat, Noten zu vergeben.
Ich kann Ihnen auch sagen, Herr Kollege Höne: Bei etlichen Einschätzungen bin ich durchaus bei Ihnen. Nur Sie müssen sich als Koalition den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie keinen klaren Kurs gefahren haben, dass Sie geschlingert sind und dass Sie auch im gesamten Verfahren – anders als wir; ich werde gleich darauf zurückkommen – nicht dazugelernt haben, sondern mit dem Kopf durch die Wand gehen,
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Dahm [SPD]: So ist das!) wie es die „WAZ“ noch vor zwei Tagen hier in Nordrhein-Westfalen geschrieben hat.
(Zurufe von der FDP)
Ich sage Ihnen Folgendes – hören Sie genau zu –: Wir haben uns die Mühe gemacht, den Wissenschaftlichen Dienst zu beauftragen, um genau die Fragen, die jetzt eine Rolle spielen in Ihrem Gesetzentwurf, zu erörtern. Wir haben uns darüber Gedanken gemacht. Wir haben mit vielen Juristen und Juristinnen gesprochen. Wir haben dann die Frau Bauministerin angeschrieben und gefragt: Wie sieht es denn in den Städten aus? Wie sind denn die Erträge?
Denn es macht doch Sinn, Beiträge zu erheben, um Straßen zu bauen oder auch andere Dinge zu machen. Wir sind doch dafür gewesen. Aber es macht keinen Sinn, mit den Beiträgen Verwaltungsangestellte zu beschäftigen und kein Geld mehr für die Straßen übrig zu haben. Das macht aus unserer Sicht schlicht keinen Sinn, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Deswegen ist es nicht nur misslich, sondern fast schon ärgerlich, dass wir vonseiten der Landesregierung keine klaren Aussagen darüber bekommen, wie denn die Erträge aus den Straßenausbaubeiträgen sind, was das Verwaltungsverfahren kosten wird und ob es konnexitätsrelevant ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Zuruf von Christian Dahm [SPD])
Was Sie machen, ist also insofern nicht sachlich unterfüttert.
Kollege Höne, warum sind es 65 Millionen Euro? Warum legen Sie nicht 68 oder 70 Millionen Euro vor? Das gilt auch für die Kompensationen, die
(Hendrik Wüst, Minister für Verkehr betritt den Saal.)
–  Guten Tag, Herr Verkehrsminister –, wenn die Volksinitiative recht bekommt, ermittelt werden wollen.
Mit all dem haben Sie sich entweder nicht auseinandergesetzt – das glaube ich aber nicht so ganz – oder Sie haben keine befriedigenden Antworten bekommen. Das hat in dem Gesetzgebungsverfahren insofern keine Rolle gespielt. Das ist, ehrlich gesagt, nicht sachangemessen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen kommen wir zu dem Schluss, für die Volksinitiative und gegen den Gesetzentwurf von CDU und FDP zu stimmen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich sage Ihnen auch sehr klar, dass wir – das wissen Sie aber auch – uns nicht vom Druck der Straße oder Initiativen haben anstecken lassen.
(Henning Höne [FDP]: Nein, natürlich nicht!)
–  Ja, ganz vorsichtig.
(Henning Höne [FDP]: Ich sage ja gar nichts!)
Ich könnte Ihnen jetzt Zitate von namhaften Abgeordneten von FDP und CDU aus allen Bundesländern liefern. Dazu gehört unter anderem zuletzt der Gott sei Dank nicht designierte Ministerpräsidentenkandidat Mike Mohring, der eine lange Erklärung abgegeben hat.
(Der Abgeordnete hält ein DIN-A4-Blatt hoch.)
Diese könnte man eins zu eins hinter Ihr Gesetz legen: Warum müsste man die Straßenausbaubeiträge abschaffen?
Also Vorsicht an der Bahnsteigkante, was Populismus oder Populismusunterstellungen anbetrifft.
Wir als grüne Fraktion haben uns, weil wir es grundsätzlich für richtig halten, zu erörtern, ob jemand von einer Maßnahme einen Vorteil hat und dann auch beteiligt werden kann, zu dem Gesetzgebungsverfahren die Mühe gemacht, das Ganze durchzurechnen, anzugucken und zu einem Ergebnis zu kommen. Das Ergebnis lautet, dass das, was Sie im Gesetzgebungsverfahren vorgelegt haben, zu einer Mehrbelastung des Landeshaushalts, einer Teilentlastung der Bürgerinnen und Bürger, aber zu keiner Entlastung der Kommunen, nicht zu Mehreinahmen und nicht zu einer verbesserten Finanzausstattung führt. Am Ende ist es ein Beschäftigungsprogramm für Verwaltungsangestellte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir doch einen Strich darunter. Es ist am Ende doch Quatsch, dieses Gesetz nur durchzusetzen, weil man nicht von seiner Position abweichen kann. Ziehen Sie doch die Kernsequenz daraus und sagen: So, wie es jetzt ist, ist es nicht reformierbar. Wir ziehen das nicht durch. Wir stimmen der Volksinitiative zu und setzen uns unter vier Fraktionen zusammen und machen ein vernünftiges Gesetzgebungsverfahren dazu, wie man die Kompensation hinbekommen kann.
Dazu sind Sie nicht in der Lage, weil Sie sich verrannt haben. Das kann ich Ihnen nur vorwerfen. Ich würde Ihnen dringend empfehlen, vielleicht gleich eine kleine Auszeit zu machen und zu überlegen, wie Sie vorgehen. Wir werden den Gesetzentwurf jedenfalls ablehnen und der Volksinitiative zustimmen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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