Matthi Bolte-Richter: „Das zeigt einfach, dass Sie schlicht nicht wissen wollen, was in der Welt da draußen eigentlich passiert“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu Mobilfunk

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bei diesem Antrag müssen sich die Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen schon nach ihrem Verständnis von Parlamentsarbeit und danach fragen lassen, ob sie sich eigentlich als Parlamentarier sehen oder eher als Werbeagentur der Landesregierung.
Denn das, was uns hier vorliegt, ist nichts anderes als Regierungs-PR, und die fachliche Substanz ist nun wirklich übersichtlich. Das hat die Kollegin Kampmann ja gerade schon aufgedröselt.
Das, was Sie hier als Prüfauftrag formulieren – als Prüfauftrag, nicht als Handlungsaufforderung, es jetzt endlich zu machen, sondern als Auftrag, mal zu prüfen, ob das eigentlich damals ernst gemeint war –, war vor zwei Jahren schon in dem Mobilfunkpakt enthalten, den Herr Pinkwart hier ja nun ausführlich und auch immer wieder unter dem Beifall und mit Unterstützung seiner Fraktion abgefeiert hat. Diese ganze Frage, wie wir Genehmigungsverfahren erleichtern und beschleunigen können, steht im Mobilfunkpakt als der großen verbindlichen Vereinbarung, mit der jetzt endlich alles vorangehen soll.
Wir sehen aber: Da war nichts verbindlich vereinbart, sondern das war: alles kann, nichts muss. – Zwei Jahre lang ist nichts passiert. Es war also vor allem: nichts muss.
Dann finden sich in dem Antrag Forderungen wie die nach einem Musterleitfaden, der wie andere Dinge schlicht und ergreifend ein klares Instrument, ein logisches Instrument ist, wenn man in dem Bereich tatsächlich etwas tun wollte.
Besonders habe ich mich gefreut, in diesem Antrag endlich mal wieder etwas zu dem Mobilfunk an Straßenlaternen zu lesen. Den hatte die CDU hier schon 2014 beantragt. Er war damals – Fun Fact – auch schon keine Innovation mehr. Aber dass Sie solche Geschichten, die damals schon oll waren, jetzt wieder aus der Mottenkiste ziehen, zeigt doch einfach, dass Sie in dieser Debatte nicht wirklich à jour sind und dass Sie auch offensichtlich mit Ihren Instrumenten nicht so richtig vorangekommen sind.
Ich habe mich gefragt, ob Sie das alles nicht gewusst haben, als Sie den Antrag geschrieben haben, ob Sie da in einem von Herrn Pinkwarts Funklöchern saßen oder ob es Ihnen einfach egal ist, was die Landesregierung in diesem Bereich tut.
Das sehen wir an ganz vielen Stellen, dass bei der Umsetzung dieses vielgepriesenen Mobilfunkpakts nichts so recht weitergeht. Die Halbzeitbilanz, die Herr Pinkwart im Februar vorgestellt hat, ist auch eher mager: bei den Neubauten 42 %.
Jetzt kann man sagen: Das ist erst einmal schön. Nach der Hälfte der Zeit 42 % ist gar nicht so schlecht. – Aber Sie – zumindest die Kolleginnen und Kollegen hier im Saal, die sich mit Netzausbau beschäftigen – wissen doch, dass beim Netzausbau das dicke Ende zum Schluss kommt, dass da die Anstrengungen nötig sind und dass die ersten – na ja, je nachdem, wen man fragt – 70 oder 80 % noch relativ leicht realisierbar sind, während die wirkliche Herausforderung erst zum Schluss ansteht.
Das ist offenkundig nicht Ihr Thema gewesen, und jetzt machen Sie hier weiter gute Miene zu eigentlich, wenn man es realistisch betrachtet, gar keinem Spiel auf der Regierungsbank.
Wenn man sich diese Zwischenbilanz anschaut, sieht man: Die Landesregierung macht das, was sie immer tut, wenn sie bei einem Problem der Menschen in der Gegenwart nicht vorankommt: Sie baut irgendwelche Luftschlösser und irgendwelche Wolkenkonstruktionen für die Zukunft, und dann gibt es wieder schöne Überschriften vom Supi-Dupi-5G-Champion NRW und Meldungen darüber, was jetzt wirklich endlich passiert.
Das ist toll für die Leute, die davon irgendwann mal profitieren werden, aber es ist keine Antwort auf die Probleme der Gegenwart in unserem Land.
(Beifall von den GRÜNEN)
Fragen Sie einfach mal bei den Pendlern nach. Die Netzanbieter hätten bis Ende 2019 LTE entlang aller Autobahnen und ICE-Trassen liefern müssen, und zwar nicht aus Nettigkeit und nicht einmal, weil sie das mit Herrn Pinkwart beim Kaffeekränzchen vereinbart haben, sondern weil sie dazu rechtlich aus der Frequenzauktion 2015 verpflichtet waren. Nicht nur wir, sondern alle Pendlerinnen und Pendler in unserem Land wissen, dass dieses Ziel verfehlt wurde.
Dann ist es die Landesregierung, die sich weigert, daraus Konsequenzen zu ziehen. Sie prüfen das noch nicht einmal nach, ob diese Verpflichtung eigentlich erfüllt wurde.
Das macht zum Beispiel Bayern anders. Bayern hat eine eigene Studie in Auftrag gegeben, um festzustellen: Wie ist tatsächlich der Stand? Wieweit haben die Anbieter ihre Verpflichtungen erfüllt?
Das zeigt einfach, dass Sie schlicht auch nicht wissen wollen, was in der Welt da draußen eigentlich passiert.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir können uns das hier bei uns in Nordrhein-Westfalen nicht länger leisten. Wir brauchen mehr Konsequenz beim Ausbau der digitalen Infrastruktur. Wir brauchen eigene Kontrollen des Ausbaufortschritts. Wir brauchen eine Akzeptanzinitiative für den Ausbau, so wie wir das im letzten Plenum hier auch eingebracht haben.
Wir brauchen vor allem auch mehr Power für die Kommunen, dass da die Planungskapazitäten stehen, dass da die Genehmigungsverfahren vereinfacht werden, dass die Genehmigungsverfahren verkürzt werden. Initiieren Sie doch da einfach mal den Wettbewerb, wer die schnellsten und anbieterfreundlichsten Genehmigungen auf den Weg bringt, damit der Aus- bau tatsächlich funktioniert.
Sorgen Sie dafür, dass interkommunale Zusammenarbeit gestärkt wird.
Sorgen Sie dann auch in diesem ganzen Ausbauverfahren dafür, dass der Glasfaserausbau und der Mobilfunkausbau zusammengeführt werden.
Wenn wir über Glasfaser sprechen, dann sprechen wir da über Glasfaser only und nicht mehr über irgendwelche PR-Stunts aus der Werbeagentur der Landesregierung.
Kommen Sie endlich voran. Machen Sie sich jetzt endlich auf den Weg, nachdem Sie jetzt wieder so viele Jahre verdaddelt haben.
(Beifall von den GRÜNEN)