Verena Schäffer: „Wir wollen, dass diese Kinder eine Zukunft bekommen“

Antrag der "AfD"-Fraktion zur Aufnahme minderjähriger Schutz Suchender

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der hier vorliegende Antrag ist mal wieder ein typischer Antrag der AfD-Fraktion. Er zeigt, wofür die AfD steht, und zwar für nationalistische Abschottung statt einer Flüchtlingspolitik, die sich an Humanität und Menschenrechten orientiert.
(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Regina Kopp-Herr [SPD])
Die Lage in den griechischen Flüchtlingslagern ist schon seit Langem katastrophal, auch ohne Coronakrise. Eine ausreichende medizinische Versorgung der Geflüchteten in den griechischen Lagern war schon vor Corona nicht gegeben. Jetzt kommt die Gefahr durch dieses Virus noch hinzu.
Während wir in Deutschland über Hygieneregeln reden, wie regelmäßiges und gründliches Händewaschen oder Abstandhalten, um das Infektionsrisiko zu senken, besteht dazu in diesen Camps überhaupt keine Möglichkeit. Es gibt keine ausreichende Versorgung mit fließendem Wasser – ganz abgesehen davon, dass man diesen überfüllten Camps überhaupt nicht richtig Abstand halten kann.
Wir Grüne haben schon seit Langem auf diese Probleme in den Lagern hingewiesen. Ich will noch einmal betonen, dass diese wirklich katastrophalen Zustände mehrere Gruppen besonders schutzbedürftiger Menschen betreffen: schwangere Frauen, Menschen mit Behinderung und über 5.300 unbegleitete Minderjährige.
Es gibt den Beschluss der Großen Koalition, insgesamt 1.000 bis 1.500 unbegleitete Minderjährige aus diesen griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. Das bleibt hinter unseren Erwartungen und auch hinter den Erwartungen, die viele Organisationen – von Kirchen bis hin zu Flüchtlingsorganisationen – geäußert haben, zurück.
Die Hilfs- und Aufnahmebereitschaft der Kommunen in Nordrhein-Westfalen ist aus meiner Sicht auch wesentlich größer als das, was die Große Koalition in Berlin beschlossen hat.
Aber immerhin: Vor einer Woche sind die ersten 47 Minderjährigen in Deutschland gelandet. Ich muss Ihnen jedoch ehrlich sagen, dass mich der AfD-Antrag an dieser Stelle einfach nur fassungslos macht. Da kann ich mich Ibo Yetim wirklich anschließen. Davon zu sprechen, dass die Öffentlichkeit getäuscht worden sei, weil keine – Zitat – „kleinen, hilfsbedürftigen Mädchen“ gekommen seien, sondern zu einem Großteil Jungen … Ich muss Ihnen ganz klar sagen, dass Kinderrechte sowohl für Mädchen als auch für Jungen gelten und auch Jungen schutzbedürftig sein können.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)
Wir wollen, dass diese Kinder eine Zukunft bekommen. Wir Grüne haben im März 2020 einen Antrag in den Landtag eingebracht, der hier leider keine Mehrheit gefunden hat. Natürlich bleiben wir aber bei unseren Forderungen, die wir darin aufgestellt haben. Aus unserer Sicht muss es ein bundesweites Aufnahmeprogramm geben, und es muss ein bestimmtes Kontingent vornehmlich für unbegleitete minderjährige Schutzbedürftige, aber auch für weitere schutzbedürftige Personengruppen aus Griechenland in NRW geben.
Der Antrag der AfD-Fraktion ist, ehrlich gesagt, einfach nur schäbig. Wir reden über Kinder. Dass Sie noch nicht einmal Kindern eine Chance geben wollen, der katastrophalen Situation in den Flüchtlingslagern zu entkommen,
(Christian Loose [AfD]: 700 Kinder sterben täglich an dreckigem Wasser!)
zeigt für mich die völlige Empathielosigkeit dieser AfD-Fraktion.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie können noch nicht einmal gegenüber diesen Menschen – noch einmal: wir reden hier über Kinder –, die am allerwenigsten für ihre Situation können, Empathie zeigen. Ich meine, wir sind oft fassungslos über Ihre Anträge. Aber das hier übersteigt wirklich einiges. – Danke.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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