Stefan Engstfeld: „Weil für uns der Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner höchste Priorität hat“

Antrag der "AfD"-Fraktion zur "Umweltspur" in Düsseldorf

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab: Der Überweisung stimmen wir natürlich zu, aber in der Sache lehnen wir den Antrag ab.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich bin meinem Vorredner Herrn Middeldorf eigentlich ganz dankbar für seinen Redebeitrag. Denn Sie haben Ihren Beitrag damit begonnen, klarzustellen, dass für die FDP der Schutz der Gesundheit der Menschen, die in unseren Städten leben, gleichwertig ist mit individueller Bewegungsfreiheit. So haben Sie es, glaube ich, formuliert. Das gibt mir die Gelegenheit, den Unterschied zwischen unseren Positionen noch einmal hervorzuheben.
Das sehen wir nämlich nicht so. Warum nicht? – Weil für uns der Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner höchste Priorität hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich bin ja Düsseldorfer. Wir haben diverse Messstellen in der Stadt: Corneliusstraße, Dorotheenstraße, Ludenberger Allee. Viele davon überschreiten mit Stickoxidwerten von über 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel die Grenzwerte. An der Corneliusstraße haben wir im Jahr 2008 einen Jahresmittelwert von 54 Mikrogramm gemessen.
Man kann aus meiner Sicht nicht gesundheitliche Schäden, körperliche Schäden der Menschen, die dort wohnen und arbeiten, gleichsetzen mit der Freiheit, von Erkelenz zum Shoppen nach Düsseldorf zu fahren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das ist etwas anderes. Deswegen kann diese Gleichsetzung aus unserer Sicht nicht erfolgen. Natürlich ist individuelle Bewegungsfreiheit wichtig, aber der Gesundheitsschutz geht schon vor und ist nicht gleichwertig.
Die Umweltspuren – auch in Düsseldorf – werden ja eingerichtet, um die ansonsten auf jeden Fall drohenden Dieselfahrverbote zu verhindern. Ich glaube, über diesen Umstand gibt es in diesem Parlament eigentlich eine große Einigkeit: Dieselfahrverbote wollen wir natürlich verhindern. Wenn wir die verhindern wollen, dann ist das Instrument Umweltspur ein mögliches Mittel der Wahl. Es muss nur gut gemacht sein.
Bei der dritten Umweltspur, über die gestern im Düsseldorfer Rat gestritten wurde, ist wahrscheinlich – so haben wir Grüne das ja auch analysiert – der zweite Schritt vor dem ersten gemacht worden.
Deswegen haben wir ja angeregt, das Instrument nicht per se zu verdammen und auch nicht sofort die Umweltspur wieder abzuschaffen, sondern relativ schnell andere notwendige Maßnahmen umzusetzen. Es fehlt zum Beispiel eine Taktverdichtung bei den Bussen. Die Führung der Buslinien auch auf der Autobahn könnte vielleicht über den Standstreifen erfolgen, der dann direkt in die dritte Umweltspur führt. Das ließe sich relativ schnell umsetzen. Wir brauchen natürlich mehr Park-and-Ride-Anlagen. Die Mitfahr-Apps sind nicht so ausgebildet, wie sie sein sollten.
Wir haben gesagt: Wenn wir jetzt mehr Zeit brauchen, um die handwerklichen Mängel, die wir ja nach sechs Wochen sehen, zu beheben, dann sollte überlegt werden, ob man kurzzeitig die dritte Umweltspur aussetzt. Aber dann müssten die Verwaltung, die Stadt und die Rheinbahn mal sagen, wie viel Zeit sie denn brauchen, um das, was ich gerade beschrieben habe, umzusetzen.
Deswegen haben wir ja gestern auch den Antrag der FDP zur dritten Spur abgelehnt. Die FDP hat ja im Stadtrat die ersten beiden Umweltspuren mit beschlossen. Der Name „Umweltspur“ stammt übrigens von Ihren Fraktionskollegen, Herr Middeldorf. Ihr Antrag zur direkten Abschaffung der dritten Umweltspur stand ja gestern im Rat der Stadt Düsseldorf zur Abstimmung.
Sie haben den CDU-Antrag im Düsseldorfer Stadtrat gestern abgelehnt. Die CDU wollte ja alle drei Umweltspuren sofort beseitigen. Die FDP hat auch dagegen gestimmt. Für die direkte Abschaffung der dritten Umweltspur haben Sie dann nur noch die Zustimmung von der CDU und von der AfD und von den Republikanern bekommen. Denken Sie vielleicht noch einmal darüber nach, ob das dann so richtig schnuckelig ist.
(Zurufe von Rainer Matheisen [FDP] und Andreas Keith [AfD])
Es muss eindeutig mehr passieren. Die Pendlerverkehre müssen reduziert werden. Wir brauchen mehr Radschnellwege. Wir brauchen Expressbuslinien. Wir brauchen eine deutliche Ausweitung von Park-and-Ride-Parkplätzen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir brauchen Ausbau im Schienennetz und überörtliche ÖPNV-Verbindungen. Eigentlich sollten wir uns gar nicht so intensiv mit so einem …
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Engstfeld, Entschuldigung, dass ich Sie kurz vor Ende Ihrer Rede unterbreche, aber Kollege Matheisen würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Stefan Engstfeld (GRÜNE): Ich bringe den Satz noch zu Ende. Dann kann er gerne seine Frage stellen.
Es muss also natürlich deutlich mehr passieren.
Ich fand das ganz witzig, Herr Strotebeck, dass Sie gesagt haben: Weniger Ideologie sei doch hier notwendig, gerade in der Verkehrspolitik.
(Carsten Löcker [SPD]: Dann hätte der Antrag aber anders ausfallen müssen! Ihr bietet doch gar nichts an!)
Ich kenne keine andere Fraktion in diesem Parlament, die ideologischer unterwegs ist als Sie. Da muss ich immer ein bisschen schmunzeln, wenn Sie dann Ideologiefreiheit einfordern, die Sie ja den ganzen Tag und in den letzten Plenartagen hier überhaupt nicht gezeigt haben.
Also: Ablehnung in der Sache, Zustimmung zur Überweisung. Dann wird es im Verkehrsausschuss ja vielleicht noch das eine oder andere Wortgefecht geben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Jetzt kann der Kollege Matheisen gerne seine Frage stellen.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Das heißt, der lange Satz war jetzt zu Ende?
Stefan Engstfeld (GRÜNE): Genau.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Wunderbar. – Herr Kollege Matheisen, Sie haben das Wort.
Rainer Matheisen (FDP): Herzlichen Dank. – Kollege Engstfeld, wie beurteilen Sie in Anbetracht Ihrer Äußerung, die Sie gerade getätigt haben, die Tatsache, dass seinerzeit SPD, Grüne und Oberbürgermeister Geisel in Düsseldorf die Tour de France mit der AfD, den Republikanern und anderen gemeinsam beschlossen haben?
Stefan Engstfeld (GRÜNE): Das sind zwei Paar Schuhe, aber egal. Ich habe ja nur darauf aufmerksam machen wollen – das war eigentlich mein Punkt; vielleicht reden wir ein bisschen aneinander vorbei –, …
(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zwischenfrage ist gestellt. Die Antwort sollte gegeben werden. Herr Engstfeld will Ihnen die Antwort geben. Sicher hören alle gerne zu.
Stefan Engstfeld (GRÜNE): Ich habe nur gesagt, dass man vielleicht darüber nachdenken sollte, ob es nicht einen anderen Weg gibt, als sich solche Mehrheiten zu organisieren. Das war mein Punkt, und dabei bleibe ich auch.
(Beifall von den GRÜNEN – Andreas Keith [AfD]: Wir stimmen auch mit Ihren Anträgen!)

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