Johannes Remmel: „Wenn es konkret wird, verweigern Sie die Unterstützung“

Entwurf zum Haushaltsplan 2020 - Europa und Internationales - zweite Lesung

Johannes Remmel (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns nur über die Zahlen des Haushalts unterhalten müssten – so haben wir es auch im Ausschuss diskutiert –, gäbe es eine große Übereinstimmung über fast alle Fraktionen des Hauses hinweg, was den Europahaushalt angeht und was die Europapolitik betrifft.
Insofern kann man jetzt eigentlich die Rede beenden. Man könnte solche Zahlen linksherum drehen, rechtsherum drehen. Vieles hat sich gegenüber der Zeit vor 2017 an den Zahlen nicht geändert; im Wesentlichen besteht also Kontinuität. Wir könnten alle zufrieden sein.
Aber so eine Haushaltsdebatte ist auch Anlass, darüber zu reden, was Anspruch und was Herausforderung an dieser Stelle ist, gerade im Bereich der Europapolitik.
Hier ist eine Landesregierung angetreten zu sagen: Wir wollen als großes Land in Europa eine viel größere Schlagkraft entwickeln. Wir wollen präsenter sein.
Dann müssen Sie aber genau hinsehen, an welchen Stellen das Land Nordrhein-Westfalen in Sachen Europapolitik wirklich präsent ist und in welcher Weise sich das Land einbringt.
Fragen wir doch einmal, gehen wir doch einmal die Bereiche durch. Wie sieht es in der europäischen Klimapolitik aus? Ich habe von dieser Landesregierung nichts gehört, wenn es um die Weiterentwicklung der europäischen Klimapolitik geht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich habe nichts gehört, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn es darum geht, die originären Interessen dieses Landes in die zukünftige Finanzgestaltung der europäischen Haushaltsordnung einzubringen.
Wir, beispielsweise auch die Ruhrkonferenz, sind von Fördergeldern in Teilen abhängig. Nur durch die Förderung der Europäischen Union lassen sich die ehrgeizigen Projekte, die jetzt gesammelt worden sind, finanzieren.
Aber wir haben ein Finanzierungsproblem, siehe Brexit. Was sagt denn diese Landesregierung dazu? Wie soll zukünftig eine Strukturförderung organisiert werden? Wohin soll das Geld gehen? Wo sollen die Schwerpunkte gesetzt werden? – Null. Anspruch, Wirklichkeit und Her­ausforderung sind nicht in Übereinstimmung zu bringen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wie sieht es denn in der europäischen Agrarpolitik, dem wichtigen Feld, aus? Warum demonstrieren denn die Bauern derzeit in Berlin?
(Henning Höne [FDP]: Gegen die Grünen! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Gegen eure permanente Verunglimpfung!)
Weil es große Unsicherheiten gibt. Wo ist da die Positionierung der Landesregierung, wie zukünftig Landwirtschaft organisiert werden soll? Das ist eine Zukunftsfrage für unser Land. Hier kommt null von dieser Landesregierung.
Wie sieht es in dem wichtigen Feld der Handelspolitik aus? Für Nordrhein-Westfalen als Industriestandort ist die Handelspolitik von großer Bedeutung. Auch hier sehen wir keine eigenen Initiativen.
Also: Anspruch und Herausforderung in der Europapolitik werden nicht geleistet, stattdessen Symbole, die auch teilweise keine Wirkung entfalten oder nur ins Schaufenster gestellt werden sollen.
Offensichtlich ist das die Absicht, beispielsweise durch die Ernennung von Herrn Merz zum Brexit-Beauftragten. Ich meine, dabei sind lediglich zwei Weiterbildungsgespräche mit dem Wirtschaftsminister herausgekommen. Jedenfalls ist dem Landtag und der Öffentlichkeit mehr nicht berichtet worden.
Wenn ich zu Recht an die großen Ankündigungen denke, die Herr Ministerpräsident in Sa­chen Unterstützung von Notre Dame gemacht hat, frage ich mich, was dabei herausgekommen ist. Es war wieder Symbolpolitik.
Im Münsterland werden Handwerkerinnen und Handwerker in mittelalterlicher Bauweise unterrichtet und gefördert. Alles gut und schön, aber den Ankündigungen und den Herausforderungen entspricht diese Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht. Wenn es konkret wird, verweigern Sie die Unterstützung.
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
– Herr Höne, ein solcher Zwischenruf ist nun wirklich unter Ihrem Niveau. Beschäftigen Sie sich bitte mit der Europapolitik und sagen Sie da, was Sie dazu denken. Auch von Ihrer Fraktion kommt an dieser Stelle null Initiative. Insofern reihen Sie sich in diese Koalition ein.
Sorry, Herr Krauß, wir haben nicht mehr 215 Europaschulen. Letzte Woche gab es eine Presseerklärung der Landesregierung, dass zwölf hinzugekommen sind. Wir haben einen konkreten Antrag zur Unterstützung der europäischen Bildungsarbeit gestellt. Das lehnen Sie ab.
Auch wenn es darum geht, die Eine-Welt-Politik und die internationale Politik durch eine Vorlage einer Eine-Welt-Strategie nach vorne zu bringen oder endlich eine Neuaufstellung der Partnerschaft mit Südafrika anzugehen – meine Kollegin Aymaz hat es im Ausschuss bereits ausgeführt –, bleiben Sie Antworten schuldig.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, treten Sie als Ministerpräsident beim Internationalen und bei der Eine-Welt-Politik in die Fußstapfen des Ministers Laschet. Damals war in diesem Bereich sehr viel mehr los als heute. Daran könnten Sie wieder anknüpfen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)