Norwich Rüße: „Die Landwirtschaft zeigt Ihnen von der CDU die Rote Karte“

Haushaltsplan 2020 - Umwelt, Landwirtschaft, Naturschutz - zweite Lesung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Winkelmann, all das, was Sie vorgetragen haben, hat mich nicht wirklich überzeugt.
(Beifall von Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD] – Zurufe von der CDU: Oh! – Henning Höne [FDP]: Sie wollten sich gar nicht überzeugen lassen!)
Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn ich mir den Haushalt so ansehe, wäre es gut, wenn gerade die CDU und die FDP den Mut hätten, den Haushalt dieses Ministeriums wenigstens auf den Stand zurückzubringen, den er mal hatte, bevor 2005 Schwarz-Gelb an die Regierung gekommen ist und diesen Haushalt kleingehäckselt hat. Das wäre mal was. Das tun Sie aber nicht.
(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Genau!)
Stattdessen feiern Sie sich noch für mehr Blühflächen, mehr Agrarumweltmaßnahmen, ob­wohl all das in Wahrheit durch die Verhandlungen, die damals Johannes Remmel und Horst Becker als Staatssekretär geführt haben, ermöglicht wird, weil dadurch in der zweiten Säule mehr Gelder nach Nordrhein-Westfalen gekommen sind, wovon Sie nun profitieren.
Die Herausforderungen für das Umweltministerium sind größer geworden; das sollten wir wohl alle klar erkannt haben. Der Klimawandel hat – das hat fast jeder hier im Haus begriffen – massive Einflüsse auf die Landwirtschaft, auf unseren Wald und auch auf die Umwelt insgesamt.
Wenn also die Herausforderungen so viel größer sind, sind wir der Meinung, dass man dieses Ministerium stark machen muss.
Zu den Herausforderungen insbesondere für die Landwirtschaft. Frau Winkelmann, es hat mich gewundert, dass Sie dazu nichts gesagt haben: 8.600 Traktoren in Berlin und Landwirte, die absolut nicht wissen, wie es auf ihren Höfen weitergehen soll.
Die Landwirte haben ihre Höfe nach vorne entwickelt. Alle, die dort waren, sind Anlagemillionäre, verfügen aber nicht über ein ausreichendes Einkommen. Was da passiert, bedeutet eine Diskrepanz. Das ist absolut nicht hinnehmbar.
(Beifall von den GRÜNEN und von Annette Watermann-Krass [SPD])
Was passiert da? – Die Landwirtschaft zeigt Ihnen von der CDU die Rote Karte. So ist das.
(Zuruf von Sven Werner Tritschler [AfD])
Das ist die Rote Karte für die CDU, für Ihre verfehlte Agrarpolitik, die Sie in den letzten 20 Jahren betrieben haben.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Bianca Winkelmann [CDU] – Gegenruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])
Sie haben den Bäuerinnen und Bauern gemeinsam mit dem Bauernverband erklärt: Verzichtet auf die Milchquote und geht mit uns den Weg auf den Weltagrarmarkt. Da holen wir den Profit der Zukunft. Das läuft, das klappt.
(Zuruf von Henning Höne [FDP])
Heute, 20 Jahre später, ist die Hälfte der Höfe weg – die Hälfte.
(Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])
Das ist Ihre agrarpolitische Bilanz, meine Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir können zusammen einen Blick nach Österreich werfen, der gleiche Zeitraum; Österreich hat es anders gemacht. Österreich ist damals unter Franz Fischler den anderen Weg gegangen. Dort wurde gesagt: Unsere Landwirtschaft kann nicht am Weltagrarmarkt mitspielen. Wir stärken sie massiv über Agrarumweltmaßnahmen.
So wurde es dort gemacht, und das hätten auch wir besser so machen sollen. Das war eine katastrophale Fehlentscheidung der CDU.
Wir möchten angesichts der Herausforderungen eine Stärkung des Umweltministeriums erreichen. Dieses Umweltministerium hatte, als der Euro eingeführt wurde, mal einen Anteil am Landeshaushalt von 2 %. Damals war Bärbel Höhn noch Ministerin, und der Haushalt des Ministeriums betrug rund 950 Millionen Euro, der Landeshaushalt 48 Milliarden Euro.

Frau Winkelmann hat eben gesagt, wie begrenzt der Haushalt ist: Heute haben Sie 1,043 Mil­liarden Euro bei einem Gesamthaushalt von knapp 80 Milliarden Euro. Das ist ein Anteil von 1,3 %.
Würden wir diesen Anteil wieder auf 2 % hochfahren, hätten Sie rund 550 Millionen Euro mehr, die man für gute Programme des Landes im Bereich „FöNa“ einsetzen könnte, damit die Biologischen Stationen zusammen mit der Landwirtschaft Naturschutzmaßnahmen umsetzen können.
Wir könnten viel mehr machen im Bereich Tierwohl, im Bereich Tierschutz. Da wäre so viel mehr möglich. Frau Heinen-Esser, Sie müssen sich im Kabinett auch einmal durchsetzen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie müssen mehr erreichen. Sie müssen erreichen, dass der Umwelthaushalt nicht die globale Minderausgabe erbringt. Das ist doch viel zu wenig.
Dieser Posten, Frau Winkelmann, hatte früher mal ein Volumen von 45 Millionen Euro. Den haben Sie auf 16 Millionen Euro abgesenkt. Das war schon eine Schande an sich. Jetzt freuen wir uns doch nicht darüber, dass er in einem Zeitraum von zwei Jahrzehnten wieder auf 38 Millionen Euro angestiegen ist. Es muss deutlich mehr passieren.
Ich fordere Sie auf: Setzen Sie sich im Kabinett durch. Sorgen Sie dafür, dass wir in Nordrhein-Westfalen wieder vernünftige Umweltpolitik machen können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir brauchen – darüber sind wir uns sicherlich einig, Frau Heinen-Esser – einen Pakt für Landwirtschaft, Naturschutz und Tierschutz, der ausfinanziert ist. Dann können wir gemeinsam auf die Bundesebene Druck machen, aber Sie müssen auch hier im Land Ihre Hausaufgaben machen.
Ich sage Ihnen: Ein Stall auf Haus Düsse macht noch keinen Sommer. Ich bin gespannt, wann der wirklich steht. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)