Josefine Paul: „Das ist eine Wundertüte, die ich nicht nachvollziehen kann“

Entwurf zum Haushaltsplan 2020 - Sport - zweite Lesung

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will auch mit dem offensichtlich aktuellsten und heißesten sportpolitischen Thema, das NRW gerade beschäftigt, einsteigen: der Frage, ob und, wenn ja, wie und in welchem Zustand sich Nordrhein-Westfalen für Olympische und Paralympische Spiele 2032 bewerben wird. In welchem Zustand, Herr Kollege Nettekoven, das ist doch eigentlich die entscheidende Frage.
Sie ziehen es ein bisschen ins Lächerliche, dass die SPD-Fraktion jetzt schon mehrfach eine Machbarkeitsstudie beantragt hat. Sie haben diese jedes Mal mit dem Verweis, man könne doch jetzt nicht sagen, was man 2032 brauchen würde, abgelehnt. Glauben Sie denn, die Planung für Olympische Spiele 2032 kann man im Dezember 2031 machen?
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir müssen doch jetzt endlich auf den Tisch gelegt bekommen, was uns Olympische und Paralympische Spiele kosten werden und welche Infrastrukturmaßnahmen wir dafür noch umsetzen müssen.
Ich finde es einigermaßen erstaunlich, wenn Herr Mronz einerseits sagt, die schwarze Null würde auf jeden Fall stehen, das könne er jetzt schon sagen, während er andererseits erklärt, es sei unredlich, zum jetzigen Zeitpunkt schon genauere Kostenplanungen zu machen. Das ist eine Wundertüte, die ich nicht nachvollziehen kann. Entweder ist das eine oder das andere nicht richtig, oder er hat einen bemerkenswerten Taschenspielertrick, den ich auch gerne kennen würde.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir sind uns doch darin einig, dass Paralympische und Olympische Spiele für Nordrhein-Westfalen eine Chance darstellen können. Deshalb haben wir den gemeinsamen Antrag hier eingebracht, und deswegen haben wir ihn auch mit großer Mehrheit beschlossen.
(Beifall von Andreas Terhaag [FDP])
Wir haben das in großer Einhelligkeit miteinander diskutiert. Wir haben auch die entscheiden­den Fragen, die jetzt zu klären sind, in den Antrag geschrieben. Das ist – vielleicht nicht zentral – der Begriff einer Machbarkeitsstudie. Das, was dahintersteckt, steht schon in dem Antrag, und das ist das Zentrale. Wir müssen uns jetzt darauf verständigen, was die Leitplanken sind, welche Infrastrukturmaßnahmen noch gemacht werden müssen, was das kostet.
Wir müssen die Kostentransparenz herstellen, weil wir doch – darauf haben wir uns in dem gemeinsamen Antrag verständigt – von Beginn an eine breite Bürgerbeteiligung haben wol­len. Das funktioniert aber nur, wenn man Transparenz herstellt.
Ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht, warum Sie Angst vor einer Machbarkeitsstudie haben. Die Dinge, die darin erörtert werden, sind doch das, was wir hier miteinander besprochen und verabschiedet haben. Wir brauchen jetzt Fleisch am Knochen. Wir müssen jetzt ernsthaft darüber sprechen, denn sonst wird sich Nordrhein-Westfalen nicht für Olympische und Paralympische Spiele bewerben – nicht 2032 und auch nicht danach.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Ich will aber auch noch zu anderen Punkten des Haushalts Stellung nehmen, denn es geht hier ja nicht nur um Zukunftsmusik für Olympische und Paralympische Spiele.
Kern der finanzpolitischen Entscheidungen im Sporthaushalt ist auch in diesem Jahr einmal mehr das Programm „Moderne Sportstätte 2022.“ 80 Millionen Euro für das Jahr 2020 sind im Grundsatz eine gute Nachricht für die Sportstätteninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen. Das will ich im Grundsatz gar nicht kritisieren.
Kritisieren möchte ich, dass Sie die Förderung an den Kommunen vorbei gemacht haben. Die Förderung geht allein über die Bünde und Vereine, also allein über den organisierten Sport. Ich kann mir nicht helfen, aber aus meiner Sicht erklärt die Landesregierung hier eine Grundskepsis gegenüber der Sportpolitik auf kommunaler Ebene. Das finde ich ein schlechtes Zeichen für die kommunale Familie.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von Thorsten Schick [CDU])
Es sind nicht zuletzt die Kommunen, die zu 80 % die Sportförderung in diesem Land aufbringen. Sie sind damit der stärkste Träger des Sports. Warum die Landesregierung so misstrauisch gegenüber der kommunalen Sportpolitik ist, erschließt sich mir nicht.
Auch in einem anderen Bereich darf man die kommunale Verankerung der Sportpartei CDU und der Sportpartei FDP hinterfragen. Denn nach wie vor steht im Raum, dass die gegenseitige Deckungsfähigkeit der Pauschalen im GFG zu einer Kannibalisierung der Fachbereiche führt.
Sie haben das Windhundprinzip zu einem neuen Prinzip der Fachpolitik erhoben: Wer am lautesten schreit – das haben Sie damals auch im Interview gesagt –, kriegt mehr Geld. Das Windhundprinzip ist an die Stelle einer nachhaltigen Sportentwicklungsplanung vor Ort getreten. Da waren wir schon einmal wesentlich weiter.
(Beifall von den GRÜNEN)
Leider kann die Landesregierung die Wirksamkeit dieser Politik nicht nachweisen. Sie behaupten, von der gegenseitigen Deckungsfähigkeit würde der Sport profitieren. Wir haben mehrfach gefragt, ob Sie das mit konkreten Zahlen belegen könnten. Ihre Antwort war: Nein, leider nicht, diese Zahlen können wir von den Kommunen nicht erheben.
Das heißt, unterm Strich bleibt: Sie behaupten etwas und kennen die Wirksamkeit nicht. Ich glaube, dass der Sport davon nicht profitiert. Denn wenn es durch die Schuldecke hereinreg­net, dann erneuert man doch nicht zuerst den Boden in der Turnhalle.
Zur Frage der Selbstverzwergung: Es wird ja immer gesagt, Sport sei jetzt Chefsache, und die Selbstverzwergung werde beendet. Dann frage ich mich doch, wann endlich die große Offensive des Ministerpräsidenten kommt, wann die Länder endlich mehr Geld vom Bund für ihre Sportstätteninfrastruktur bekommen.
Das Bäderprogramm ist 17-fach überzeichnet. 10 von 60 Anträgen in Nordrhein-Westfalen wurden genehmigt. Wenn wir wirklich Sportland Nummer eins sein wollen, wenn wir nicht ein Zwerg in Berlin sind und wenn Sport Chefsache ist, dann erwarte ich von dieser Landesregierung, dass ernsthaft etwas passiert, dass sich der Bund stärker finanziell engagiert.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

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