Stefan Engstfeld: „Ist die Welt so einfach gestrickt, oder nimmt man das nur durch Ihre politische Brille so wahr?“

Entwurf der "AfD"-Fraktion für ein Medientransparenzgesetz -erste Lesung

Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Gesetzentwurf eines Medientransparenzgesetzes NRW der AfD-Fraktion haben wir zur Kenntnis genommen.
Schon die sogenannte Problembeschreibung in Teil A Ihres Gesetzentwurfs wirft massiv die Frage auf, inwieweit die antragstellende Fraktion der AfD ihr offenbar schwer angeschlagenes Verhältnis zu diesem Staat mit solcher Art Anträge selbst hervorstellen will.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wieso ist eigentlich eine besondere Staatsnähe für Sie von vornherein ein Problem? – Haben Sie wirklich im Blick, welche Rolle die Parteien auch nach dem Grundgesetz unserer Republik in unserem Land spielen sollen?
Glaubt jemand hier im Hohen Haus ernsthaft, dass angesichts der enormen medialen Vielfalt und der Informationsflut über alle Kanäle irgendeine ernsthafte Meinungsbeeinflussung durch irgendwelche Beteiligungskonstruktionen in einzelnen Medienunternehmen stattfindet?
(Zuruf von der AfD: Ja!)
Ist die Welt so einfach gestrickt, oder nimmt man das nur durch Ihre politische Brille so wahr?
Wieso vermuten eigentlich ausgerechnet Sie, dass die Parteien nur vitale Eigeninteressen verfolgen, die Menschen in ihrer öffentlichen Wahrnehmung beeinflussen wollen und – igittigitt – danach streben, ihre politische Macht zu vergrößern?
Während Sie von der AfD-Fraktion Meinungsvielfalt und Pluralität wieder einmal einschränken wollen, nachdem Ihr entsprechender Antrag in Bezug auf den WDR und die Landesanstalt für Medien hier schon gescheitert ist, arbeitet Ihre Partei selbst in zig Filterblasen und mit eigenen Video‑ und Internetkanälen ganz selbstverständlich nur daran, objektiv und ohne jedes Einflussbestreben künftig auf jegliche politische Teilhabe zu verzichten. – Achtung, das war natürlich ironisch gemeint.
(Beifall von den GRÜNEN)
Bevor Sie die politische Konkurrenz nach der Machtübernahme abräumen, wollen Sie uns erst einmal kleinmachen. Oder wie anders ist die Aussage des Führers Ihres Rechtsaußen-Flügels zu verstehen, wenn er einem ZDF-Journalisten das Interview verweigert – so viel auch zum Thema Transparenz –
(Zuruf von der AfD)
und damit droht, dass er ja auch mal eine wichtige politische Person in diesem Lande werden könnte? Immerhin drohte er einen Satz vorweg: Wir wissen nicht, was kommt.
Allerdings hat er offenbar selbst schon vergessen, was er laut „Westdeutscher Allgemeiner Zeitung“ vom 17. September 2019 schon im Juli 2019 angekündigt hatte, übrigens im typischen Höcke-Sprachduktus, der nicht nur einen Nachgeborenen wie mich höchst unangenehm erschauern lässt. Ich zitiere, damit alle wissen, was kommt:
Nachdem hier am 27. Oktober in Thüringen Geschichte geschrieben worden ist, werde ich mich mit großer Hingabe und großer Leidenschaft der Neuwahl des Bundesvorstandes hingeben. – Gnade uns Gott, dass solch ein Sprücheklopfer niemals mehr eine wichtige politische Person in diesem Land werden kann.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Meine Damen und Herren, wir werden alle wachsam bleiben. Wehret den Anfängen, denn glasklar mit den Worten des großen deutschen Dichters Bertolt Brecht gesprochen: Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. –
Sorgen Sie also erst einmal in der AfD – das haben meine Vorredner ja auch schon gesagt – für Demokratie, Transparenz und Ordnung in Ihren eigenen Reihen, bevor Sie hier irgendwelche Transparenzgesetze einbringen, die Ihrem eigenen Verhalten in Stil und Inhalt diametral gegenüberstehen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Wir werden der Überweisung zustimmen, weil es so Usus ist. Den Gesetzentwurf lehnen wir aber in jedem Fall ab, weil wir solchen üblen Bauernfängereien sicher nicht auf den Leim gehen werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

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