Grüne Vorschläge für mehr Sicherheit

Zeit für GRÜN: Verena Schäffers Halbzeitbilanz

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen sorgt tagtäglich für unsere Sicherheit, sie handelt dabei rechtsstaatlich und setzt auf Bürgernähe. Dies wollen wir Grüne weiter stärken. Daher wollen wir eine*n unabhängige*n Polizeibeauftragte*n einsetzen und eine Strukturreform, durch die die Polizei effektiver für Sicherheit sorgen und Verbrechen bekämpfen kann. Innenminister Reul setzt dagegen auf eine „robuste Polizei“, einen massiven Ausbau von Polizeibefugnissen und schränkt mit dem Beifall der FDP die Bürgerrechte in NRW ein.

Reuls redselige Art kommt in der Öffentlichkeit gut an, ist aber ein Problem. Immer wieder muss sich der Innenminister korrigieren und entschuldigen, weil er ungenau, missverständlich oder falsch informiert: Reul verwechselte in einer Debatte um Abschiebungen nach Syrien Assad-Verfolgte mit Assad-Anhängern – und entschuldigte sich. Er forderte, Richter sollten das Rechtsempfinden der Menschen berücksichtigen – und ruderte zurück. Er behauptete nach dem tödlichen Unfall eines Journalisten im Hambacher Wald, dieser sei von Schmähgesängen verhöhnt worden – und musste zugeben, dass das nicht stimmte. Er behauptete, er habe vor der Räumung des Hambacher Waldes keine RWE-Vertreter getroffen – und musste sich korrigieren. Er zeigte Journalist*innen Waffen, die bei Durchsuchungen im Wald gefunden worden seien – und ließ unerwähnt, dass die meisten bereits Jahre zuvor beschlagnahmt wurden. Die Vermutung liegt nahe, dass Reuls Irrungen und Wirrungen Ergebnis einer Strategie sind: Er versucht Sachverhalte falsch darzustellen und zu dramatisieren, um seine bürgerrechtsfeindliche Politik zu legitimieren.
Denn Schwarz-Gelb hat im Polizeigesetz völlig unverhältnismäßige Befugnisse für die Polizei geschaffen, etwa die Einführung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, eine Woche Gewahrsam zur Identitätsfeststellung oder die Ausweitung der Videobeobachtung. Die Änderungen bringen wenig Sicherheit, gehen aber zulasten unserer Bürgerrechte. Außerdem schafften CDU und FDP die von Rot-Grün eingeführte Kennzeichnungspflicht für die Bereitschaftspolizei ohne Evaluation aus rein ideologischen Gründen ab. Die ehemalige Bürgerrechtspartei FDP trägt all dies Beifall klatschend mit – ein Totalausfall.
Grüner Gesetzentwurf für eine*n unabhängige*n Polizeibeauftragte*n
Wir wollen eine bürgernahe und dialogorientierte Polizei. Wir wollen über die bisherigen Beschwerdemöglichkeit hinausgehen und fordern eine*n unabhängige*n Poizeibeauftragte*n. Die Person soll für Bürger*innen und für Polizeibeamt*innen ansprechbar sein und einen niedrigschwelligen Zugang für Lob, Beschwerden und Anregungen ermöglichen. So sollen der professionelle Umgang mit möglichen Fehlern bei der Polizei verbessert sowie strukturelle Defizite erkannt und behoben werden. Durch die Ansiedlung beim Parlament sollen die Unabhängigkeit der/des unabhängigen Polizeibeauftragten gesichert sowie die Abgeordneten in ihrer Kontrollfunktion gegenüber der Regierung unterstützt werden.
Missbrauchsfall von Lügde aufarbeiten, strukturelle Probleme beseitigen
Der schreckliche Missbrauchsfall auf dem Campingplatz in Ostwestfalen hat ganz Deutschland schockiert. In einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss werden wir das Versagen der beteiligten Behörden aufarbeiten. Jahrelang wurde den Hinweisen auf die Täter nicht nachgegangen. Nach deren Festnahme ging die Fehlerserie weiter: 155 Datenträger verschwanden, Durchsuchungen wurden schlampig durchgeführt und missbrauchte Kinder wurden unprofessionell befragt. Diese Reihung deutet auf ein strukturelles Problem hin. Minister Reul hätte die Ermittlungen früher von der überforderten Kreispolizeibehörde Lippe auf das Polizeipräsidium Bielefeld übertragen müssen. Kleine Kreispolizeibehörden können so große Ermittlungsverfahren organisatorisch und personell kaum stemmen. In keinem anderen Bundesland ist die Polizeistruktur so zersplittert wie in NRW mit seinen 29 Landratsbehörden und 18 Polizeipräsidien. Wir schlagen vor, durch eine Strukturreform die Polizeibehörden zu reduzieren und damit die Effektivität der Polizei zu erhöhen.
Schwarz-Gelb muss Lehren aus NSU-Aufarbeitung umsetzen
In Nordrhein-Westfalen bestehen seit Jahrzehnten Netzwerke von Neonazis. Die Entwicklungen der letzten Jahre werden angesichts von Aktivitäten der rechtsterroristischen Gruppierung „Combat 18“, der rechtsextremen Kampfsportgruppen und selbst ernannter Bürgerwehren immer besorgniserregender. Während im Koalitionsvertrag von CDU und FDP das Themenfeld Rechtsextremismus nur am Rande eine Rolle spielt, wurden in diesem Jahr im Landtag zwei Grüne Anträge zur Verurteilung der Amokfahrt in Bottrop sowie nach dem Mord an Dr. Walter Lübcke beschlossen. Die Landesregierung ist aufgefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus Einhalt zu gebieten. Dazu gehört auch die konsequente Umsetzung der Handlungsempfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses. Das würde unter anderem eine dauerhafte Verstetigung der landesweiten Beratungsstruktur gegen Rechtsextremismus sowie eine proaktive Weitergabe von Kontaktdaten auf Wunsch der Betroffenen durch die Polizei an die spezialisierten Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt umfassen.
Die Landesregierung als Erfüllungsgehilfin von RWE
In der Debatte um die Räumung des Hambacher Waldes täuschte die Landesregierung Parlament und Öffentlichkeit bewusst. Wochenlang suchte vor allem Innenminister Reul fieberhaft nach einem Vorwand für die Räumung, damit RWE noch vor Abschluss der laufenden Gerichtsverfahren und noch während die „Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ um den Kohleausstieg rang, mit der Rodung des Waldes vollendete Tatsachen schaffen konnte. Das geht aus – inzwischen und auf beharrlichen Druck – veröffentlichten Gutachten und Regierungsakten hervor. Am Ende fand die Regierung doch tatsächlich das Baurecht und argumentierte mit mangelndem Brandschutz in den Baumhäusern. Öffentlich wurde lange bestritten, dass die Räumung des Waldes etwas mit den Rodungsplänen von RWE zu tun hatte. Heute ist von alledem keine Rede mehr: Natürlich habe die Räumung mit der Rodung zu tun, gibt Innenminister Reul inzwischen freimütig zu. Mittlerweile ist also klar: Die schwarz-gelbe Landesregierung hat sich im Sommer 2018 zum Handlanger eines Unternehmens gemacht und die NRW-Polizei in den größten und unsinnigsten Polizeieinsatz in der Geschichte NRWs geführt, bevor RWE vom Gericht gestoppt wurde.
Ein besonders schlechtes Bild gab dabei Armin Laschet ab. Als Ministerpräsident wäre es seine Aufgabe gewesen, in dem Konflikt zu vermitteln. Alle Appelle von Kirchenvertreter*innen, Verbänden und sogar des Verwaltungsgerichts, den Konflikt politisch zu lösen, verhallten in der Staatskanzlei ungehört. Stattdessen stellte sich der Ministerpräsident auf die Seite des Kohlekonzerns und lehnte jede politische Verantwortung ab.