Mehrdad Mostofizadeh: „Wer meint, mit Ängsten so spielen zu müssen, der muss das mit sich selber ausmachen“

Antrag der "AfD"-Fraktion zur Gesundheitspolitik

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich im Wesentlichen dem anschließen, was Frau Schneider vorgetragen hat.
Einen Satz, den die Kollegin vorgetragen hat, finde ich sehr wichtig. Er lautete: Ohne wissenschaftliche Erkenntnisse sollte man keine Ängste schüren.
(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])
Jetzt könnte man sehr lange darüber diskutieren, inwiefern die AfD trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse viele Sachen nicht annimmt. Das will ich alles gar nicht tun. Ich schaue mir einfach nur an, was hier passiert ist.
Es gab – scheinbar, muss man korrekterweise sagen – eine Häufung von Fehlbildungen. Dem ist das Ministerium sofort nachgegangen. Dazu musste es auch gar nicht aufgefordert werden.
Wir sind kurzfristig als Ausschuss im Rahmen einer Obleuterunde sehr ausführlich informiert worden. Vielen Dank dafür an Staatssekretär Heller und an Sie, Herr Minister. Man hat auch wirklich analysiert, wie oft das im Land vorgekommen ist.
Natürlich ist es schrecklich, wenn eine Missbildung vorliegt. Aber allein, dass in einem Antrag als erste Feststellung des Landtages steht, dass jedes Leben schützenswert ist, macht zumindest mich schon einmal stutzig, warum man denn so etwas aufschreibt.
Zurück zur Sachverhaltsbetrachtung: Das Ministerium hat die Fälle ausgewertet und das mit den Vorjahren und auch mit anderen Regionen verglichen. Dabei hat man keine Anhaltspunkte gefunden. Trotzdem wurden alle Krankenhäuser aufgefordert, entsprechende Daten abzuliefern.
Gerade wir als Politiker und als Landtag haben ein hohes Interesse daran, dass im Ministerium möglichst viele Daten und Auswertungen vorliegen. Aber wir müssen natürlich auch darauf achten, dass wir die Ressourcen, die wir haben …
(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Vor allen Dingen will man es wissen!)
–  Man will es wissen, Herr Minister; völlig richtig. Man will auch herausfinden, wie es dazu kam.
Aber deklinieren wir doch einfach einmal einen Fall durch. Es liegt eine Missbildung vor, die sehr klein sein mag. Dann wird das Krankenhaus aufgefordert, das weiter zu analysieren. Wenn man wirklich Daten haben will, die auch etwas bringen, müsste man ins Gespräch mit der Familie gehen und zur Vertiefung diverse Anamnesen machen.
Ich zum Beispiel würde dabei nicht mitspielen, wenn das keine tiefergehende Geschichte wäre. Dann muss man sich fragen: Welchen Wert hat das überhaupt noch?
Da stimme ich dem Kollegen Preuß zu, der am Anfang gesagt hat: Ja, wenn es vernünftige Anhaltspunkte gibt, sollte man dem nachgehen. Dann muss man auch überlegen, ob man ein Transparenzregister braucht. In diesem Fall sollte man sich aber bundesweit abstimmen, wie dieses Register auszusehen hat.
Ich kann mir das bei dem Sachverhalt, wie er hier vorliegt, nicht wirklich vorstellen. Wenn ich dazu weitere Erkenntnisse bekommen könnte, wäre ich gerne bereit, mich aufklären zu lassen. Aber nach dem, was uns jetzt vorliegt, ist das Vorgehen der Landesregierung nachvollziehbar. Ich kann das auch mittragen.
Bei anderen Geschehnissen mag man das anders beurteilen.

Präsident André Kuper: Herr Kollege, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage aus den Reihen der AfD.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Nein, möchte ich nicht zulassen.

Präsident André Kuper: Okay.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Ich komme jetzt auch zum Schluss.
Alles in allem werden wir der Überweisung zustimmen. Vor einem möchte ich aber dringend warnen – da möchte ich mich der Kollegin anschließen –: Wer meint, mit Ängsten so spielen zu müssen, der muss das mit sich selber ausmachen.
(Helmut Seifen [AfD]: Das machen Sie doch seit 30 Jahren!)
Wir nutzen das nicht aus. Wir haben ja einen anderen Vorfall, bei dem es um eine Apotheke geht. Auch dort sind wichtige Fragen aufzuklären.
Ich kann nur allen raten: Wir haben die Aufgabe, der Landesregierung sehr systematisch auf die Finger zu gucken. Aber davor, aus Sachen etwas zu machen, an denen aus meiner Sicht nichts dran ist und bei denen auch das Handeln der Landesregierung nicht zu bemängeln ist, kann ich nur warnen.
Das muss man auch unterscheiden. Sonst ist man irgendwann nicht mehr ernst zu nehmen. Eine Opposition, die alle Fälle gleichmacht und alles gleichbehandelt, macht sich am Ende des Tages lächerlich und ist auch von der Regierung nicht mehr ernst zu nehmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Kollege. – Anstelle einer Zwischenfrage gibt es jetzt eine Kurzintervention aus den Reihen der AfD. Herr Dr. Vincentz hat das Wort. Bitte.

Dr. Martin Vincentz (AfD): Vielen Dank für die Zulassung der Kurzintervention, Herr Präsident. – Herr Kollege Mostofizadeh, Sie haben sich am Ende Ihrer Rede darauf verstiegen, die Forderung nach einem solchen Register zu skandalisieren.
Ich möchte Sie kurz darauf hinweisen, dass Ihre eigene Fraktion im Landtag Thüringen am 17.09.2019 in einer Pressemitteilung Folgendes mitgeteilt hat:
„Um in Zukunft besser gewappnet zu sein, brauchen wir schnellstmöglich die Einführung eines … Fehlbildungsregisters, vor allem, um statistische Häufungen schneller erkennen zu können.“
Sie halten mir eine eigene Forderung Ihrer grünen Landtagsfraktion in Thüringen vor. (Nic Peter Vogel [AfD]: Hört! Hört!)
Gleichzeitig kam mehrfach von Kollegen die Frage auf, wie ein solches Fehlbildungsregister tatsächlich ausgestaltet sein kann. Da kann ich Ihnen eine ganz einfache Antwort geben: EUROCAT macht das schon längst erfolgreich. EUROCAT macht das in mehreren Ländern und erfasst insgesamt 25 % aller Geburten in Europa.
Warum müssen wir jetzt an dieser Stelle in Nordrhein-Westfalen und auch im Bund das Rad neu erfinden, wenn es schon längst funktioniert, wenn es schon längst von mehreren Ländern in der Europäischen Union getestet und für gut befunden wurde? Warum schließen wir uns da nicht einfach an?
Und warum, Herr Mostofizadeh, um alles in der Welt skandalisieren Sie eine Forderung, die nicht nur berechtigt ist und nicht nur wichtig ist, sondern auch schon längst von verschiedenen europäischen Ländern genau in der Art und Weise, wie ich es gefordert habe, umgesetzt wird?
(Beifall von der AfD)

Präsident André Kuper: Jetzt hat Herr Kollege Mostofizadeh die Gelegenheit zur Reaktion auf diese Kurzintervention. Er hat das Wort.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie zu erwarten war, hat die AfD nichts Neues vorzutragen gehabt,
(Lachen von der AfD)
sondern nur etwas wiederholt. Im Gegensatz zu dem, was Sie mir unterstellen, bin ich des Lesens durchaus mächtig. Ich habe das, was Sie hier vorgetragen haben, schon im Antrag gelesen.
Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Ich habe meinen Standpunkt ausführlich dargelegt. Ich halte es nach wie vor nicht für nötig, über die Stöckchen zu springen, die eine völkische Partei mir hier hinhält.

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