Matthi Bolte-Richter: „Da braucht es schon ein bisschen mehr an politischem Handeln, als einfach nur zu beobachten und zu begrüßen“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zu Künstlicher Intelligenz

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Hafke, Sie hatten gerade bemängelt, und dem schließe ich mich an, dass das Positionspapier der SPD nicht so richtig toll und abschließend und
(Zuruf von der SPD: Was?)
dass das nicht gut genug kommuniziert worden sei. Es steht zumindest im Internet. Vielleicht sehen wir uns das noch einmal zusammen für die gemeinsamen Beratungen an.
Liebe Kollege Hafke, ich fand es gut, dass Sie eben in Ihrer Rede auch die Chancen von Künstlicher Intelligenz für unsere Debatte in den Mittelpunkt gestellt haben. Da haben wir auf jeden Fall keinen Dissens, dass diese Chancen enorm sind, auch für gesellschaftlichen Fortschritt zu sorgen. Wir sollten diese Chancen gemeinsam nutzen und gemeinsam in den Mittelpunkt stellen, ohne die Risiken auszublenden.
In dem Antrag wird viel begrüßt, beachtet und beobachtet. Aber wir fragen uns schon, wann das denn alles – das haben wir uns bei der Digitalpolitik der Landesregierung schon sehr, sehr oft gefragt – umgesetzt wird.
Sie wollen 4,5 Millionen Euro für Künstliche Intelligenz, für KI NRW einsetzen. Das ist sicherlich nicht schlecht. Vergleichen wir aber einmal verschiedene Haushaltspositionen. Bei Herrn Pinkwart gibt es 4,5 Millionen Euro für Künstliche Intelligenz, und bei Frau Scharrenbach gibt es 12 Millionen Euro – in Zukunft sogar noch mehr – für – Sie nennen das Heimat – Schützenfeste und dicke Bohnen. Daran sieht man doch, dass die Priorität dieser Landesregierung darin liegt, darüber nachzudenken, wie man die CDU demnächst über 30 % bekommt, und nicht darüber, wie die Digitalisierung in unserem Land gestaltet werden kann.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundesfinanzminister ist mir in dieser Debatte ein bisschen zu gut weggekommen. Es ist zwar so, dass die Bundesregierung eine Strategie für Künstliche Intelligenz erstellt hat, aber so richtig finanziell hinterlegt, wenn man sich das einmal ansieht, ist es nicht. Es ist doch vielmehr ein ziemliches Trauerspiel. Zuerst waren 5 Milliarden Euro angekündigt, dann kam nichts, dann wurden es 500 Millionen Euro, und im Moment sind wir, meine ich, bei 1 Milliarde für fünf Jahre. Wir wissen doch, dass wir in jedem Falle mit dem, was Olaf Scholz da macht, global nicht konkurrenzfähig sind. Vielleicht reicht es für den SPD-Vorsitz, aber sicher nicht für die Gestaltung der Digitalisierung.
Und das bunte Zuständigkeitschaos in der Bundesregierung ist sicherlich auch nicht unbedingt berauschend.
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde es wichtig, dass wir diese Debatte mit großer Ernsthaftigkeit führen, dass wir uns hier gemeinsam darüber unterhalten, welche ethischen Fragen mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz einhergehen. Im Antrag sind ein bisschen, wenn man das jetzt sehr wohlmeinend interpretiert, die ethischen Fragen – insbesondere hinsichtlich der Diskriminierung – angesprochen worden nach dem Motto: „Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem.“
(Beifall von Wibke Brems [GRÜNE])
Es ist ja schon einmal gut, dass wir gemeinsam dieses Problem bewundern wollen, weil wir aus der Fachdiskussion und aus vielfältiger Berichterstattung wissen, dass es unter anderem die Gefahr der Diskriminierung von Frauen, von People of Color gibt, wenn Algorithmen, die standardmäßig von weißen Männern lernen sollen, darüber entscheiden, wie wir künftig die Welt sehen. Wir brauchen selbstverständlich eine demokratische Kontrolle von Algorithmen. Wir müssen uns darüber unterhalten, wie wir diese gesellschaftliche Diversität auch in Künstlicher Intelligenz abbilden. Dafür gibt es inzwischen – unter anderem die Gleichstellungsministerkonferenz hat dafür schon Vorschläge erarbeitet – Konzepte, aber die müssen wir gemeinsam politische Realität werden lassen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es gibt auch noch viele weitere Punkte in diesem Antrag, für die munter geworben wird. Warum soll die Landesregierung nur für den Ausbau von KI-Professuren werben? Das Land verlässt sich darauf, dass die Hochschulen Mittel umschichten, anstatt selber an dieser Stelle aktiv zu werden, zum Beispiel durch Wettbewerbe für KI-Professuren hier im Land.
Das sind doch Punkte, bei denen man sich fragt: Warum regieren Sie, wenn Sie einfach nur für irgendetwas werben wollen?
(Beifall von den GRÜNEN)
Ähnlich ist es auch bei der Flexibilisierung und Unterstützung von Lehrenden bei unternehmerischen Tätigkeiten; denn das bedeutet jedenfalls dann, wenn man das nicht auffängt, natürlich im Umkehrschluss, dass Lehrende künftig weniger lehren können. Das ist nach einem Hochschulgesetz, durch das Schwarz-Gelb gezeigt hat, dass CDU und FDP eben nicht in die Lehre gehen wollen, dass sie nicht die Interessen der Studierenden an den Hochschulen in den Mittelpunkt stellen wollen, ein weiterer Schritt zu einer Qualitätsverschlechterung in der Lehre.
Insofern muss man an dieser Stelle einfach sagen, dieser Antrag geht davon aus, dass alles schon irgendwie passieren wird, dass alles schon irgendwie gutgehen wird. Ich glaube, da braucht es schon ein bisschen mehr an politischem Handeln, als einfach nur zu beobachten und zu begrüßen.
Wir sind sehr gern bereit und freuen uns wirklich auf die Beratungen im Ausschuss. Ich stelle mir auch vor, dass wir das gemeinsam und in einer Ernsthaftigkeit machen, die vielleicht auch mal über das klassische Anhörungs-Setting hinausgeht, damit wir da zu einer gemeinsamen Diskussion kommen können; denn das Thema wäre es auf jeden Fall wert, politisch ordentlich bearbeitet zu werden. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)