Oliver Keymis: „Ich glaube, es ist nicht klug, sich aus der terrestrischen Verbreitung von Hörfunk zu verabschieden“

Große Anfrage der SPD-Fraktion zum Radiomarkt NRW

Oliver Keymis (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Dieser Streit, den wir gerade zwischen Regierung und Opposition erlebt haben, zeigt natürlich, dass das die klassischen Formeln sind, wie man so eine Frage diskutieren kann.
Aber am Ende stehen wir vor Problemen, für die wir politisch in dem Sinne nichts können, sondern die sich aufgrund der ökonomischen, aber vor allen Dingen auch der technischen Entwicklung ergeben. Das sind Fragen, die man, wenn man bestimmte Rahmensetzungen einleitet, womöglich ein Stück weit beeinflussen kann.
Doch am Ende müssen natürlich die Verleger entscheiden, ob sie Radio betreiben wollen (Zuruf von der SPD)
und inwieweit sie auf das Angebot der LfM eingehen, sich auf die digitale Zukunft einzulassen. Dann können wir uns wiederum unterhalten.
Es gibt einen entsprechenden Antrag der SPD, zu dem es auch eine Anhörung im zuständigen Ausschuss gab, ob man möglicherweise darüber nachdenkt, in der einen oder anderen Geschichte eine entsprechende Unterstützung staatlicherseits zu organisieren, indem man einen Umstieg zum Beispiel auf DAB+, wie man das in Bayern bei den lokalen Radioangeboten macht, fördert. Ich glaube, das sind die Fragen, über die wir uns politisch Gedanken machen müssen.
Die Grünen haben in ihrem Wahlprogramm schon festgeschrieben, dass sie sich für den DAB+-Umstieg aussprechen, man nicht einen Teil des Technischen aus der Digitalisierung ausklammert, nämlich den Hörfunk. Das ist unvorstellbar, und es macht auch keinen Sinn.
Auf der anderen Seite sollte man sich – das ist auch eine klare Positionierung – nicht darauf verlassen, dass alles nur noch netzabhängig erfolgen kann. Ich finde nicht, dass wir die terrestrischen Frequenzen, die wir digital über DAB+ in viel größerer Vielfalt anbieten können – übrigens auch günstiger als die UKW-Ausstrahlung –, auf die Zukunft gesehen völlig ausklammern sollten.
Ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass DAB+ keine Zukunft hat. Ich halte das für eine Fehleinschätzung. Ich glaube, es ist auch politisch nicht klug, sich aus der terrestrischen Verbreitung von Hörfunk sozusagen digital jetzt schon zu verabschieden und es nur auf das Internet zu verschieben.
Das Internet bedeutet für viele Leute, dass sie zum Beispiel gebührenabhängig Radio hören, nämlich internetgebührenabhängig. Sie haben eine bestimmte Anzahl von Einheiten, die sie sich herunterladen. Ob sie sich dann unter Umständen nicht für ein anderes Angebot entscheiden und nicht beim Hörfunk das Geld ausgeben, das ist eine Frage. Diese Frage stellt sich eben beim terrestrisch verbreiteten digitalen Radio nicht.
Deshalb glaube ich nicht, dass wir mit Blick auf die öffentlich-rechtlichen Angebote, die es da gibt, insbesondere die des Deutschlandfunks, aus der Technik einfach so verabschieden sollten, wie das zum Teil politisch diskutiert wird oder auf Antrag der FDP sogar gerade im Landtag von Niedersachsen beschlossen wurde. Die Grünen haben da auch noch mitgestimmt, was ich überhaupt nicht verstehen kann.
Da sehen Sie: In der Medienpolitik macht jeder seinen Kram. Das ist möglicherweise auch ein systematischer Fehler, über den man auf Dauer wird nachdenken müssen, ob der föderale Staat nicht an seine Gestaltungsgrenzen gerät, wenn in Niedersachsen die einen sagen „DAB+ ist nichts“, aber andererseits DAB+ zum Beispiel für den Deutschlandfunk von nationaler Bedeutung ist. Da müssen wir uns im Grundsatz neu sortieren; das tun wir im Moment an der Stelle leider nicht.
Zu der Großen Anfrage 10 will ich auch noch drei Sätze sagen. Sie hat immerhin 148 Seiten und wird jetzt hier in Block I abgehandelt. Das finde ich schade, denn jetzt wäre die Zeit nötig, um noch auf ein paar Punkte einzugehen. Immerhin sind die 112 Fragen der SPD beantwortet worden,
(Michael Hübner [SPD]: Keine Kritik!)
zum Teil sehr interessant, zum Teil so, dass man sagt, man wisse das auch nicht so genau. Wir haben nachgefragt, doch es kam nicht viel.
Insgesamt kann man sagen: Vielen Dank all denen, die das wieder einmal sehr fleißig zusammengetragen haben. Herr Liminski, richten Sie es bitte auch Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Es ist immer fleißige Arbeit, die zusammengetragen wird.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)
–  Da klatschen jetzt nur die, die im Moment die Regierungsverantwortung tragen. Letztens haben wir immer noch geklatscht, wenn wir das gesagt haben, weil wir als Rot-Grün Regierungsverantwortung trugen. So ist das eben. Ich glaube, der Dank gilt immer – egal, welche Position man gerade im Parlament durch die Wählerinnen und Wähler einzunehmen hat.
Das Zweite ist: Es ist noch mal deutlich gemacht worden in den Antworten, insbesondere im zweiten Teil, also auf den Seiten 90 und folgende, dass insbesondere dieses Thema DAB+ eine wichtige Rolle spielt, es in den Antworten des Westdeutschen Rundfunks, des Deutschlandfunks, die eingeholt wurden, eine Rolle spielt, und auch die lokalen Radiobetreiber hier natürlich Fragen stellen.
Sie wissen, dass das Verfahren dazu bei der Landesmedienanstalt läuft. Man ist faktisch schon in eine Art Schlussrunde eingetreten. Man hat diese Platten auch bei uns formuliert, leider nicht so in dem Kachelsystem, wie man das in Bayern organisiert hat. Aber man hat zumindest seitens der LfM einen Versuch gestartet, nüchtern das DAB-Angebot zu sortieren. Alle, die sich für das Lokalradio interessieren, haben sich auch dazu gemeldet.
Doch wir haben noch keine wirkliche Lösung dieser Problematik, und wir haben bisher politisch noch nicht gehört, wie sich die Mehrheitsfraktionen am Ende zu dem Antrag der SPD stellen werden.
Ich habe mit Interesse der Anhörung entnommen – das passt ein Stück weit in die Beantwortung der Großen Anfrage 10 –, dass es keine Widerstände auf europäischer Ebene gäbe, wenn man sich zur Förderung von DAB-Umstellungen entschlösse.
Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass auf Europaebene erkannt worden ist, dass wir Fake News und anderen Entwicklungen, die das Internet vor allem vorantreibt, etwas entgegenstellen müssen. Da spielt natürlich das lokal verbundene Radio ebenso eine Rolle wie die öffentlich-rechtlichen Angebote.
In diesem Sinne danke für die Beantwortung, danke auch für die Fragen, die gestellt wurden. Auch an die SPD-Fraktion einen Dank – das nenne ich auch Fleiß –, diese Fragen zusammenzustellen.
Wir haben sicher noch viele Gelegenheiten, über einzelne Aspekte, die diese Große Anfrage aufgeworfen hat, weiter im dafür zuständigen Ausschuss zu diskutieren. Vielen Dank, Frau Präsidentin, für die großzügige Überstreckung der Redezeit. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)

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