Matthi Bolte-Richter. „Wir müssen dafür sorgen, dass junge Menschen diese Erfahrungen unabhängig vom eigenen Geldbeutel oder von ihrem sozialen Hintergrund machen können“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zum Hochschulprogramm erasmus+

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Berger, Herr Kollege Körner! Ich glaube, ich tue Ihrem Antrag nicht wirklich Unrecht, wenn ich unterstelle, dass er primär dazu dient, einen Platz für Ihre Abschiedsreden aus diesem Hohen Haus zu schaffen. Das ist Ihr gutes Recht. Ich werde mich zum Ende natürlich auch in den Reigen einfügen. Sie haben sich – das muss ich zugeben – ein schönes Thema ausgesucht, zu dem wir heute Abend miteinander debattieren.
Erasmus+, das europäische Austauschprogramm, ist eine der großen Erfolgsgeschichten der europäischen Einigung. Die 1 Million Erasmus-Babys, lieber Moritz Körner, habe ich in den letzten Monaten sehr oft als plastisches Beispiel dafür bemüht, wie Europa zusammengewachsen ist, und wie Europa durch die Erfahrung des gemeinsamen Austausches für viele Millionen junger Menschen zu einem Lebensgefühl, zu der Erfahrung geworden ist, dass Europa in Vielfalt geeint am besten fährt.
Wir müssen dieses Programm weiter verbessern. Wir müssen insbesondere dafür sorgen, dass junge Menschen diese Erfahrungen unabhängig vom eigenen Geldbeutel oder von ihrem sozialen Hintergrund machen können – nicht nur während des Studiums, wo es heute schon millionenfach Realität ist, sondern gerade auch während der Schulphasen, während der Ausbildung.
Da haben wir gemeinsam noch einiges zu tun; das steht außer Frage. An vielen Stellen, gerade in den Bereichen Schule und Ausbildung, gibt es sehr bürokratische Programme und Vorgaben, die man in jedem Fall erleichtern sollte. Da sind wir nicht so weit auseinander.
Mit Blick auf das Regierungshandeln darf man sich nicht nur die Frage stellen, was konkret in diesem Zusammenhang passiert ist, sondern auch, wie ist es gerade im Bildungsbereich in den letzten Jahren gelaufen ist. Dann muss man sich auch das Ziel der Internationalisierung der Hochschullandschaft anschauen. Das teilen wir alle. Es wird jedoch durch die Landesregierung und die sie tragende Koalition an vielen Stellen immer wieder konterkariert, so zum Beispiel mit Blick auf die Ausländerstudiengebühren, die Sie nach wie vor vorhaben. Sie haben sie zumindest noch nicht offiziell beerdigt.
Man kann sicherlich auch fragen: Wie geht das alles beispielsweise mit Ihren Plänen für die Studienverlaufsvereinbarungen zusammen? Wie passt da ein Erasmusjahr rein? Wie passt das zu dem Studierendengängelungsgesetz – diesen Begriff musste ich in der Abschiedsdebatte natürlich auch noch mal bringen – und den damit einhergehenden Verpflichtungen?
Von daher werden wir uns heute – wohl wissend, welchen Anlass dieser Antrag hatte – so- wohl zum Antrag der Koalition als auch zum Entschließungsantrag der SPD enthalten. Auch beim Entschließungsantrag der SPD hatte ich nämlich nicht unbedingt das Gefühl, dass er uns in dieser Debatte weiterbringt. Vielmehr ging es eher darum, in Erinnerung zu rufen, dass man schon mal einen Antrag gestellt hatte.
Nun zu Ihnen, lieber Kollege Berger, lieber Kollege Körner: Sie haben sich entschieden, in einer schwierigen Zeit für unser europäisches Haus Verantwortung zu übernehmen. Dafür zunächst einmal vielen Dank; verbunden mit dem Wunsch bzw. dem deutlichen Appell, dass Sie sich in den nächsten Jahren den damit einhergehenden Herausforderungen stellen, dass Sie für die Demokratie und die demokratischen Errungenschaften in Europa gemeinsam einstehen und dass Sie Europa gegen seine Feinde – die aus der letzten Europawahl erneut gestärkt hervorgegangen sind – verteidigen. Ihnen persönlich wünsche ich natürlich von Herzen alles Gute. – Schönen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und Matthias Kerkhoff [CDU])