Oliver Keymis: „…dass dieses gebrochene Verhältnis zu den Medien, was Sie immer wieder zum Ausdruck bringen, vielleicht auch etwas mit Ihrem gebrochenen Verhältnis zur Demokratie zu tun hat“

Entwurf der "AfD"-Fraktion zur Reformierung der LfM

Oliver Keymis (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen. Wir haben intensiv über die Dinge im Ausschuss beraten. Vor allem haben wir eine sehr eindrucksvolle Anhörung erlebt, in der deutlich wurde – Herr Strotebeck, Sie haben das ja alles mitverfolgt –, dass es wirklich keinen einzigen Grund gibt, Ihrem Antrag in irgendeiner Weise zu folgen. Insofern können wir klar sagen: Wir lehnen ihn ab.
Im Übrigen – vielleicht erlaube ich es mir, es doch einmal zu sagen –: Man muss auch einmal deutlich machen, dass dieses gebrochene Verhältnis zu den Medien, was Sie mit diesen Anträgen auch immer wieder zum Ausdruck bringen, vielleicht auch etwas mit Ihrem gebrochenen Verhältnis zur Demokratie zu tun hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Andreas Keith [AfD]: Das ist nicht in Ordnung!)
–  Ich glaube schon, es mag sein.
(Andreas Keith [AfD]: Das mag nicht sein! Das ist nicht in Ordnung!)
–  Ich darf hier als frei gewählter Abgeordneter auch meine Meinung sagen,
(Andreas Keith [AfD]: Aber bitte nicht so!)
und das tue ich auch mal.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Andreas Keith [AfD]: Wir behandeln Sie auch mit Respekt!)
–  Ich behandle Sie auch mit Respekt. Da müssen Sie sich keine Sorgen machen, wenn ich Kritik übe. Ich will nur ausführen und sagen: Ich denke, dass Sie genau das zum Ausdruck bringen. Mit diesem Antrag, Herr Tritschler, den Sie vermutlich initiiert haben – das war nicht Herr Strotebeck; der hat die Anhörung abgearbeitet –, mit dem haben Sie wie immer im Grunde den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Visier und suchen einfach die verschiedenen Stellen, an denen Sie meinen, das System, das aus Ihrer Sicht ja kein gutes ist, wäre anzugreifen. Das halte ich für das entscheidende Problem.
Ihnen ist überhaupt nicht bewusst, dass das Bundesverfassungsgericht über Jahrzehnte hinweg genau aus Gründen des Demokratieschutzes und der Demokratiestärkung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk so bestärkt und in seinen Rechtssprüchen ausgestattet hat, wie wir ihn hier durchführen. Insofern gehen diese Angriffe meiner Ansicht nach alle fehl, oder sie laufen in der Form gegen das, was wir in unserem Gemeinwohl für anerkannt halten und von dem wir sagen, dass das die Demokratie, den Austausch, die freie Meinungsäußerung und das Miteinander sowie auch die Meinungsvielfalt fördert, die auch Sie mit Ihren Meinungen genießen. Insofern denke ich, dass man an dem Punkt hier gar keinen großen Streit entfachen muss, sondern sich nur deutlich vor Augen führen muss, dass Sie eigentlich etwas anderes beabsichtigen.
Das ist natürlich das, was uns alle so erschüttert hat bei diesem Video aus Ibiza. Sie beabsichtigen …
(Andreas Keith [AfD]: Was habe ich mit diesem Video … Was ist denn jetzt los?)
Ich habe das, was Sie gesehen haben, im Fernsehen gesehen, und das hat mich genauso erschüttert wie viele andere auch, nämlich dass Ihre politischen Freunde offenbar ein sehr gebrochenes Verhältnis zu Medienfragen haben,
(Helmut Seifen [AfD]: Ihre Freunde?)
dass Ihre politischen Freunde …
(Zurufe von der AfD)
Das scheint Sie ja irgendwie zu treffen, sonst würden Sie sich hier nicht so aufregen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Andreas Keith [AfD]: Wenn Sie mich so diffamieren! Von vielen anderen bin ich das vielleicht gewohnt, aber nicht von Ihnen!)
–  Ich diffamiere Sie doch gar nicht, Herr Keith, ich sage nur, …
(Andreas Keith [AfD]: Gebrochenes Verhältnis zur Demokratie, was soll das denn? Sie unterstellen, ich wäre befreundet mit Herrn Strache. Ich kenne den Mann gar nicht! Nicht mehr wie Sie – Josefine Paul [GRÜNE]: Das ist nichts Neues! – Andreas Keith [AfD]: Mit den ganzen Leuten, die die Kinderschändereien, die bei Ihnen oder bei Ihnen [Der Redner weist in Richtung der SPD und der Grünen.] laufen …- Josefine Paul [GRÜNE]: Moment!)
Oliver Keymis (GRÜNE): Ich finde, dass Ihre Schreierei, Herr Keith, im Grunde belegt, was ich sagen will. Sie verhalten sich nicht so, wie man sich in so einer Diskussion verhalten kann. Sie gehen mit Vorwürfen nicht so um, wie man sich verhalten könnte.
Man könnte auch sagen: Da irrt er vielleicht mal, das werde ich ihm gleich noch einmal sagen. Aber Sie regen sich einfach schon so getroffen auf, dass ich nur das sagen kann, was ich sagen wollte.
Mein Eindruck ist, dass es Ihre politischen Freunde in Österreich sind, die sich desavouiert haben, dieser Mann, dieser Führer dieser Partei mit diesem Video. Er hat sein gebrochenes Verhältnis zu Medien deutlich gemacht, indem er klargemacht hat: Wir kaufen die Zeitungen, dann werden Leute abserviert.
Mir scheint, ein bisschen von diesem Ductus dringt durch die Art, wie Sie mit der Medienpolitik des Landes umgehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich kann Ihnen nur raten: Kehren Sie da um. Kommen Sie auf einen Weg zurück, wenn Sie das können, indem Sie die Dinge, die hier allgemein anerkannt sind, einfach auch anerkennen. Dazu gehört, dass wir ein öffentlich-rechtliches System haben, um das uns weltweit viele Menschen beneiden. Die wären froh, wenn sie eine solche Vielfalt an Angeboten, an Informationsfreiheit und an Meinungsvielfalt genießen könnten.
Vor diesem Hintergrund sollte man Ihre Debatten und Anträge meiner Meinung nach sehen. Deshalb lehnen wir diesen Antrag mit der Entschiedenheit, die ich hier versucht habe, zum Ausdruck zu bringen, ab. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der SPD)
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Keymis. Sie haben die Signallampe gesehen, und ich hatte in meiner Unterbrechung auch schon darauf hingewiesen:
Oliver Keymis (GRÜNE): Ja.
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Es gibt eine angemeldete Kurzintervention der Fraktion der AfD. – Herr Abgeordneter Wagner hat dazu für 90 Sekunden das Wort.
Markus Wagner (AfD): Lieber Kollege Keymis, es ist schon spät, und wenn es spät ist, dann kann man mal Aussagen treffen, über die man am nächsten Morgen, wenn man ausgeschlafen ist, vielleicht noch mal nachdenkt. Das überlasse ich aber Ihnen.
(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)
Interessant am heutigen Tage ist, dass sich Politik in Nordrhein-Westfalen mittlerweile scheinbar in Österreich abzuspielen hat. Dabei finde die Wertungen ich ganz interessant.
Ich sehe da einen Strache und das, was der gemacht und wie er darauf reagiert hat. Er ist nämlich vernünftigerweise von seinen Ämtern zurückgetreten. Ich sehe in Deutschland bei- spielsweise eine Frau von der Leyen, die im Verteidigungsministerium Millionen und Abermillionen an Steuergeldern für Gutachter rausgeschmissen hat und daraus keine Konsequenzen gezogen hat. Ich sehe außerdem deutsche Politiker wie Herrn Habeck, der Vaterlandsliebe
„stets zum Kotzen“ fand – Zitat.
(Monika Düker [GRÜNE]: In einem Atemzug mit Herrn Strache? – Zuruf: Äpfel mit Birnen vergleichen!)
Da muss ich sagen, dass Sie mal ein bisschen davon, andere mutmaßlich für Demokratieverständnis zu kritisieren, weggehen und erst mal vor der eigenen Haustüre kehren sollten – das würde ich Ihnen empfehlen; auch zu dieser späten Uhrzeit. Dabei möchte ich es bewenden lassen.
(Beifall von der AfD)
Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege Keymis, Sie haben das Wort zur Erwiderung.
Oliver Keymis (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Darauf kann ich gar nicht viel erwidern.
Sie kontern nämlich einfach nur mit irgendwelchen anderen Dingen, die zur Sache gar nichts beitragen, Herr Fraktionsvorsitzender Wagner.
(Zurufe von der AfD)
Ich beobachte das Geschehen in diesem Parlament schon einige Jahre, und ich kann Ihnen nur sagen:
(Markus Wagner [AfD]: … auf Ihrem Niveau ankommen!)
–  Was wissen Sie denn vom Niveau, Herr Wagner? Ich meine, Sie kennen den schönen Spruch – übrigens von einem Österreicher, Karl Kraus –: Das Niveau ist gestiegen, aber es ist keiner mehr drauf.
Das ist Ihr Problem, aber wir wollen nicht auf der Ebene diskutieren.
(Heiterkeit – Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und Stefan Lenzen [FDP] – Dr. Günther Bergmann [CDU]: Das gute alte deutsche Bildungsbürgertum!)
Ich kann Ihnen sagen: Ich beobachte das Geschehen in diesem Parlament jetzt seit rund 19 Jahren. Vieles von dem, was ich in den zwei Jahren, die Sie hier im Parlament sitzen, erlebt habe, haben wir vorher so einfach nicht erlebt.
Im Hinblick auf die demokratischen Gepflogenheiten, die wir hier miteinander üben, finde ich das ehrlich gesagt bedauerlich.
(Zurufe von der AfD)
Einen Teil davon haben wir heute Mittag erlebt, Herr Wagner.
Ich war derjenige, der sagte: Lassen Sie die Fahnen ruhig stehen. – Das fand ich relativ groß- zügig. Man hätte die Dinger auch wegräumen lassen können, um das mal deutlich zu sagen.
(Andreas Keith [AfD]: Die Geschäftsordnung gibt das her!)
Das habe ich aber getan; das war ich als Präsidierender. Ich will die Rollen aber nicht vermi- schen, deswegen vergessen wir das einfach wieder.
Ich will Ihnen nur sagen: So viel Toleranz sollten Sie im Gegenzug dann auch mal aufbringen, wenn jemand sagt, dass manches von dem, was Sie hier äußern, nicht dem entspricht, was wir, glaube ich, unter demokratischem Gebaren verstehen.
(Markus Wagner [AfD]: Das falsche Verhältnis zur Demokratie lasse ich mir von Ihnen nicht unterstellen! Ganz einfach!)
Schlafen Sie doch mal eine Nacht drüber, vielleicht kommen Sie drauf. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP – Zuruf von Markus Wagner [AfD])

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