Norwich Rüße: „Das ist Stillstand, das ist rückwärtsgewandt, was Sie hier anbieten“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Agragpolitik

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehöre ja nun wirklich zu den Menschen hier im Parlament, die immer wieder gerne über die GAP diskutieren, über die europäische Agrarförderung. Aber ich war schon etwas enttäuscht über den Antrag, den Sie heute hier vorgelegt haben. Der ist aus meiner Sicht ganz, ganz dünne Suppe. Das hat auch Frau Watermann-Krass ähnlich befunden. Ich glaube, man kann es auch nicht anders sehen. Vielleicht ist der Grund dafür, dass wir den Antrag um diese Uhrzeit beraten, dass die Fraktionen das selbst auch erkannt haben. Die Ministerin hat heute ein Gespräch in Berlin. Wenn der Antrag besser gewesen wäre, hätte sie vielleicht alles versucht, an der Diskussion teilzunehmen.
Denn in der Tat wäre es mal interessant, zu erfahren, wie denn die Position der nordrhein-westfälischen Landesregierung an dieser Stelle ist. Denn es geht tatsächlich um viel Geld für Nordrhein-Westfalen. Da wüssten wir natürlich schon gerne, wie wir uns da aufstellen.
Aus unserer Sicht ist es tatsächlich so: Dieser Antrag zeigt, dass Sie agrarpolitisch nicht viel mehr zu bieten haben. Das ist Stillstand, das ist rückwärtsgewandt, was Sie hier anbieten.
Der einzige Grund, diesen Antrag so zu stellen, kann einfach nur sein, dass am nächsten Sonntag Europawahlen sind und die Hoffnung ist, dass es vielleicht in den landwirtschaftlichen Zeitungen noch einmal aufploppt und dort drinsteht, dass CDU und FDP im Landtag einen Antrag gestellt haben. Man hofft dann, dass die Bäuerinnen und Bauern diesen Antrag nicht lesen, sondern nur den Artikel lesen und sehen, CDU und FDP haben etwas gemacht, und dann gehen die vielleicht wählen.
Man erhofft sich, wiedergewählt zu werden.
Wenn die Bauern und Bäuerinnen in NRW diesen Antrag lesen, wird das nichts; das sage ich Ihnen. Für diesen Antrag wird Sie niemand wählen. Er ist so schwammig und inhaltslos, und Sie haben am Ende nur einen einzigen Punkt, den Sie in Ihrem Antrag nach vorne stellen: Die Finanzierung der europäischen Agrarförderung muss stabil bleiben, und die erste Säule muss verlässlich bleiben.
Herr Ritter war es, glaube ich, der gerade dieses Wortspiel „No gap in the GAP“ – oder so ähnlich – gemacht hat. Mir fiel da spontan ein, wenn man in London die U-Bahn benutzt, wird in den Durchsagen immer gesagt: „Mind the gap“. – Ich glaube, wir sollten tatsächlich damit kalkulieren, es wird zu einer Kürzung im Agrarhaushalt kommen, wenn die Briten austreten sollten. Selbst wenn sie nicht austreten sollten, wird eine Kürzung eintreten.
Das heißt, Ihr Antrag ist so eine Art eierlegende Wollmilchsau. Sie versprechen alles. Sie sagen, in der ersten Säule muss es so bleiben, wie es ist. Auch in der zweiten Säule, in der wir eine Menge Herausforderungen erkennen, muss eine Menge passieren.
Aber dann positionieren Sie sich doch mal konkret! Wenn die EU sagt „erste Säule: minus1,5 %, zweite Säule: minus 15 %“, dann müssen Sie doch auch mal sagen, was Sie wollen. Da können Sie doch nicht drumherum schwurbeln.
Wir haben uns im September konkret geäußert. Wir haben auch einen Antrag gestellt; den kennen Sie ja. Wir haben klar gesagt, was wir wollen. Wir wollen die stabile zweite Säule und sagen gerade aus NRW-Sicht: Wir können uns sehr gut vorstellen, eine klare Kappungsgrenze bei mindestens 100.000 Euro zu ziehen. Das ist in unserem Interesse. Das ist für die bäuerlichen Betriebe in Nordrhein-Westfalen gar kein Problem.
Wir würden uns wünschen, wenn Sie in Ihrem Antrag klar formuliert hätten, wie Sie eine degressive Gestaltung hinbekommen, sodass tatsächlich die kleinen Betriebe, Frau Winkelmann, auch mal deutlich mehr davon haben als die großen. Im Moment ist es so, dass ein kleiner Betrieb etwa im Kreis Warendorf vielleicht 10.000 bis 15.000 Euro bekommt – dann ist er noch nicht mal ganz klein –, und ein großer Betrieb kriegt 30.000, 40.000, 50.000 Euro. Das ist doch das Problem, dass Sie im Prinzip denjenigen, die eine Menge haben, eine Menge geben, und diejenigen, die tatsächlich mehr bräuchten, um den Betrieb überhaupt aufrechterhalten zu können, nicht genügend bekommen. Deshalb wäre die Degression so wichtig.
Sie diskutieren gerade auf Bundesebene mit der SPD über die Grundrente. Da fordern Sie eine Bedürftigkeitsprüfung. Hier wäre es auch angesagt, mal zu sagen, die Förderung auf diejenigen landwirtschaftlichen Betriebe zu konzentrieren, die sie tatsächlich brauchen, auf die Regionen, die im Wettbewerb benachteiligt sind, weil sie viel Grünland haben.
Der finanzielle Rahmen wird also deutlich enger werden. Klare Aussagen wären nötig gewesen. Die treffen Sie nicht. Wir haben erhebliche Herausforderungen im Bereich Umwelt, im Bereich Tierschutz. In Ihrem Antrag sagen Sie nichts dazu, wie Sie die bewältigen wollen.
Ich prophezeie schon heute, mit der Einstellung werden wir mit Ihnen genau das erleben, was wir 2005/2010 schon mal hatten, Sie werden es wieder hinkriegen, die nordrhein-westfäli-schen Interessen in der Agrarpolitik nicht ausreichend zu vertreten. Der ELER, unser Programm für den ländlichen Raum, wird durch Ihr Nichtstun wieder eingedampft werden. Es wird kleiner werden, uns werden die Mittel fehlen. Dann werden wir die Landwirtschaft nicht vernünftig nach vorne bringen können.
Wir lehnen Ihren Antrag natürlich ab. – Vielen Dank.
 (Beifall von den GRÜNEN)

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