Kümmert es die Landesregierung nicht, wenn bei ihren Entscheidungen der Anschein von Befangenheit entsteht?

Kleine Anfrage von Johannes Remmel und Horst Becker

Die Kleine Anfrage Nr. 398 stellte fest: „Die Mitglieder der Landesregierung schwören in ihrem von der Landesverfassung vorgegebenen Amtseid, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das ihnen übertragene Amt nach bestem Wissen und Können unparteiisch verwalten, Verfassung und Gesetz wahren und verteidigen, ihre Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werden. Für sie gilt zudem, ebenso wie für die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre des Landes NRW, dass sie sich in behördlichen Verfahren an die gesetzlichen Vorschriften zu halten haben, die u.a. in den Verwaltungsverfahrensgesetzen für NRW festgelegt sind. Dabei ist für die Glaubwürdigkeit der Landesregierung wichtig, dass auch nicht der Anschein entsteht, ihre Mitglieder könnten das Amt parteiisch oder gar zum persönlichen Nutzen ausüben. Gesetzlich sind verschiedene Tatbestände normiert, die ein Mitwirkungsverbot bei Befangenheit verlangen. Um einen solchen bösen Anschein zu vermeiden, hat Ministerpräsident Laschet bereits Landesminister Dr. Holthoff-Pförtner von seiner Zuständigkeit für Medienpolitik entbunden. Minister Dr. Holthoff-Pförtner ist weiterhin Anteilseigner der Funke-Mediengruppe und daher, auch wenn sämtliche Stimmrechte im Konzern ruhen, wirtschaftlich direkt von Entscheidungen der Landesregierung in diesem Bereich betroffen. Die Entscheidung, den Zuständigkeitsbereich von Minister Dr. Holthoff- Pförtner zu beschneiden, hat Ministerpräsident Laschet erst aufgrund des massiven Drucks durch Parlament und Öffentlichkeit getroffen. Unklar ist weiterhin, wie und ob Minister Dr. Holthoff-Pförtner auch bei Kabinettsentscheidungen, bei Abstimmung von Kabinettsvorlagen innerhalb der Landesregierung und bei Beratungen in Parlaments-, Fraktions- und Parteigremien im Hinblick auf die Medienpolitik sich seiner Mitwirkung enthalten wird, und wie die Landesregierung dies sicherstellt. Ein ähnlicher „Anschein“ besteht insbesondere in Bezug auf die Themen „Tierschutz“ und „Tierhaltung“ bei der Ministerin Schulze Föcking. Darüber hinaus ist nicht bekannt, ob es in der Landesregierung weitere Fälle von Interessenkollisionen gibt und inwiefern daraus Konsequenzen gezogen wurden oder noch werden.“
In seiner Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 398 vom 12. Oktober 2017 teilte Ministerpräsident Laschet mit, dass mögliche Interessenkonflikte bei Mitgliedern der Landesregierung durch die Ministerehrenkommission überprüft würden, seine eigenen Prüfungs- und Einwirkungsbefugnisse u.a. im Rahmen seiner Geschäftsleitungsbefugnis nach Art. 54 Abs. 1 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen dabei in der verfassungsrechtlichen Ressortverantwortung nach 55 Abs. 2 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen ihre Grenze fänden. Damit blieb er eine klare Beantwortung der Fragen schuldig. Unklar ist auch, wie die Landesregierung seit ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage mit dieser Problematik umgegangen ist:
Vor diesem Hintergrund fragen wir erneut die Landesregierung:
1.           Welche Ministerinnen und Minister bzw. Staatssekretärinnen und Staatssekretäre des Landes Nordrhein-Westfalen haben sich unter Beachtung des gesetzlichen Mitwirkungsverbots in welcher Form bisher der Mitwirkung an Entscheidungen ihres Ministeriums enthalten?
2.           Welche Ministerinnen und Minister bzw. Staatssekretärinnen und Staatssekretäre des Landes Nordrhein-Westfalen haben unter Beachtung des gesetzlichen Mitwirkungsverbots in ihrem Ministerium ihre Enthaltung an Entscheidungen in Bereichen, die die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen würden, erklärt und welche entsprechenden Vorkehrungen im Entscheidungsprozess getroffen?
3.           Inwiefern hat Minister Dr. Holthoff-Pförtner sowohl in Vorbereitung der Kabinettsbefassung mit Medienpolitik als auch bei konkreten Kabinettsentscheidungen zur Medienpolitik dafür Sorge getragen, hieran nicht persönlich beteiligt zu sein?
4.           Wie wurde der befangenheitsbedingte Mitwirkungsverzicht von Ministerinnen und Ministern bzw. Staatssekretärinnen und Staatssekretären in den Akten dokumentiert?