Verena Schäffer: „Natürlich steht der öffentliche Dienst auch in Konkurrenz zur Privatwirtschaft“

Antrag der SPD-Fraktion zu sachgrundlosen Befristungen im Öffentlichen Dienst

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das gerade war eine interessante Argumentation. Ich glaube, die muss ich nicht vertiefen.
Ich würde gern zum Antrag sprechen. Wir haben als Abgeordnete, als Haushaltsgesetzgeber eine Fürsorgepflicht für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen.
Deshalb finde ich es richtig, dass wir uns mit dem Thema der sachgrundlosen Befristung in den von uns zu verantwortenden Bereichen auseinandersetzen. Ich sehe hier auch eine Bereitschaft von den Vertretern von CDU und FDP; darauf kann man doch ganz gut aufbauen.
Die sachgrundlose Befristung führt zu Unsicherheit, sie verhindert langfristige Planungen, Familiengründungen sind schwierig. Gerade im Wissenschaftsbereich ist doch in den vergangenen Jahren immer wieder nachgezeichnet worden, dass eine Projektbefristung nach der anderen für den wissenschaftlichen Nachwuchs dazu führt, dass Familienplanung im Prinzip überhaupt nicht möglich ist. Das ist ein Stück weit die Sicht von den Arbeitnehmern.
Aber auch aus Arbeitgebersicht gibt es einige Gründe, die gegen die sachgrundlose Befristung sprechen, denn sie ist natürlich verantwortlich für so etwas wie Fluktuation, weil sich Betroffene auf andere, auf unbefristete Stellen wegbewerben.
Wir wollen doch eigentlich die Kontinuität sichern. Wir wollen Kontinuität, um Fachwissen zu generieren. Natürlich steht der öffentliche Dienst auch in Konkurrenz zur Privatwirtschaft. Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristungen kann neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Faktor sein, um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen.
Dass die Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes nicht zuletzt vor dem Hintergrund von rund 3.500 unbesetzten Stellen in der Verwaltung des Landes in unserem Interesse sein muss, ist auch klar.
Nach dem Antrag der SPD sollen auch bei der Abschaffung der sachgrundlosen Befristungen nach wie vor weiterhin begründete Befristungen möglich sein; es soll also eine gewisse Flexibilität erhalten bleiben, zum Beispiel bei Elternzeitvertretungen, bei Vertretungen aufgrund von Erkrankungen, bei Erprobung oder eben auch bei Projektarbeiten.
Deshalb kann ich für uns Grüne sagen, dass wir grundsätzlich dem Antrag sehr positiv gegenüberstehen und uns auf die Debatte im Ausschuss freuen.
Nichtsdestotrotz – das klang hier zum Teil schon an – steckt der Teufel oft im Detail. Ich glaube, dass wir im weiteren Verfahren und in der weiteren Diskussion durchaus noch einige Fragen zu klären haben, und zwar, ob es Bereiche gibt, in denen die Abschaffung der sachgrundlosen Befristungen möglicherweise problematisch sein kann.
Herr Witzel hat gerade schon den Fall angesprochen – und das gestehe ich Ihnen auch zu –, wenn das Land über Bedarf ausbildet. Die Frage ist, ob wir nicht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zumindest für einen gewissen Zeitraum befristet übernehmen wollen.
Wir müssen auch noch einmal darüber diskutieren, welche rechtlichen Möglichkeiten tatsächlich bestehen, um Vorgaben für die Landesbetriebe machen zu können.
Ich möchte gern noch einen anderen Bereich ansprechen, der mir sehr wichtig ist, weil ich viel mit dem Bereich von Projektförderung zu tun habe. Das sind keine Beschäftigten des Landes, aber das Land fördert zum Teil Projekte, die es schon seit Jahren und Jahrzehnten gibt, wo Projekte unabhängig von Regierungskonstellationen gefördert werden und wo klar ist, dass solche Förderungen auch weiter fortbestehen werden.
Trotzdem laufen diese Förderzusagen häufig nur von Jahr zu Jahr, was eben in der Folge auch bedeutet, dass die Träger, die solche Projekte durchführen, Arbeitsverträge nur befristet ausstellen können.
Das ist zwar keine sachgrundlose Beschäftigung – das ist mir völlig klar –, sondern es ist begründet befristet, weil eben die Förderzusage befristet ist. Aber ich glaube, dass wir uns in diesem Kontext auch damit beschäftigen müssen oder sich vor allen Dingen der HFA beschäftigen muss, wie man solche Projektförderungen, von denen wir wissen, dass sie über Jahre durchgeführt werden, auch verstetigt werden müssen. Es wäre mir wichtig, auch diesen Aspekt noch mal zu beleuchten.
Wir Grüne freuen uns auf die Debatte im Ausschuss, weil ich wirklich glaube, dass es ein wichtiges Thema ist, dem wir uns annehmen müssen, um die Beschäftigung im öffentlichen Dienst attraktiver zu machen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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