Arndt Klocke: „Besonders volksnah und besonders bürgernah ist das nicht“

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP zur Verkehrspolitik

Arndt Klocke (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Middeldorf, ich hoffe, dass die Landesregierung nicht erst heute in eine moderne Mobilität einsteigt. Sie sind immerhin schon zwei Jahre an der Regierung. Auch mit Blick auf die Halbzeit ist zu erwarten, dass man in diesen zwei Jahren möglicherweise schon etwas geschafft hat.
Der Antrag ist mit dem Titel „Nordrhein-Westfalen stellt die Weichen für die Mobilität der Zukunft“ überschrieben. Er enthält durchaus manches Richtige. Wir haben das bereits in den Ausschüssen diskutiert. Als Grüne haben wir uns auch dazu verhalten und werden den Antrag daher gleich nicht ablehnen. Aber wir vermissen auch einiges.
Ich finde, dass der Antrag sehr technisch angelegt bzw. technikgläubig ist. In Bezug auf die Verkehrsvermeidung wird nur wenig gesagt. Das Fahrrad zum Beispiel kommt darin gar nicht vor. Wenn im Titel des Antrags von der Mobilität der Zukunft die Rede ist, wäre jedenfalls meine Erwartung als Politiker, dass der Antrag die ganze Breite dessen abbildet. Der Antrag ist jedoch sehr stark auf die Digitalisierung ausgerichtet.
Für die Digitalisierung ist eine neue Fachabteilung eingerichtet worden. Selbstkritisch möchte ich zu unserer eigenen Regierungszeit sagen: Wir haben in diesen Jahren vieles vorangebracht, was der aktuelle Verkehrsminister weiterführen kann und wofür er jetzt Geld ausgeben kann. Seinerzeit ist das bei der Verkehrsministerkonferenz in Berlin mühsam erkämpft worden; Stichworte: Kieler Schlüssel, ÖPNV, zusätzliche Gelder etc. Aber im Bereich Digitalisierung – das möchte ich selbstkritisch anmerken – hätte die vorherige Landesregierung, hätte ich vielleicht auch ich als Abgeordneter, der schon damals verkehrspolitischer Sprecher war, durchaus mehr tun können. Wir haben nicht so viel getan, wie damals nötig gewesen wäre. Das muss ich rückblickend so sagen.
Jetzt gibt es eine neue Fachabteilung. Darüber haben wir kürzlich im Ausschuss gesprochen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich die Präsentation im Ausschuss noch sehr grundsätzlich und wenig konkret fand. Mir ist im Nachhinein zum Beispiel unklar, wie die Verkehrsverbünde unterstützt werden. Welche Fördermaßnahmen sind schon jetzt konkret auf dem Weg, damit VRR, VRS etc. Umstellungen vornehmen können? Was ist mit E-Ticketing usw.? Ein sehr engagierter Mitarbeiter hat das beim letzten Mal im Ausschuss vorgestellt. Dennoch fand ich es eine sehr grundsätzliche Erklärung für uns, was Digitalisierung im Verkehrsbereich überhaupt bedeutet.
Wir hatten als Grüne den Vorschlag gemacht, in einer Art Unterausschuss oder eigenem Gremium, wie es die damalige Opposition aus CDU und FDP beim Klimaschutzgesetz gemacht hat, regelmäßig zusammenzukommen, damit uns das Ministerium informiert oder wir mit dem Haus im Austausch darüber sind, welche konkreten Schritte unternommen werden. Das ist jedoch bei der Regierungskoalition nicht gewünscht. Das möchten Sie nicht. Darüber haben wir heute in der Obleuterunde gesprochen. So etwas wird es nicht geben. Na gut. Dann lassen wir das und werden es regelmäßig als Berichtspunkt beantragen.
Uns interessiert auf jeden Fall, was in diesem Bereich vorangeht, weil es sicherlich ein Zukunftsbereich ist, in dem viel getan werden muss. Die Einrichtung der Fachabteilung halten wir für gut. Das finden wir auch an dem Antrag richtig. Deshalb werden wir es auch weiterhin unterstützen.
Nun komme ich zu dem letzten Punkt, den Sie angesprochen haben, lieber Herr Kollege Middeldorf. Das ist zwar in Ihrem Antrag nicht konkret formuliert. Ich habe bei Ihrer Rede aber schon verstanden, was Sie mit den neuen Mobilitätsangeboten und dem Personenbeförderungsgesetz meinten.
Heute standen 2.000 Taxifahrer vor dem Landtag und haben demonstriert. Sie haben in Ihrer Oppositionszeit wirklich keine Demonstration ausgelassen, um sich hier vorne hinzustellen und Reden zu halten. Sie haben alles für sich vereinnahmt, was gegen die damalige Landesregierung ging.
Ich hätte mir schon gewünscht, dass ein Kollege von CDU und FDP die Traute gehabt hätte, den Taxifahrern heute vor dem Landtag zu sagen: Wir verabschieden heute einen Antrag und unterstützen Herrn Scheuer beim Personenbeförderungsgesetz, sodass Marktteilnehmer wie Uber einen Zugang erhalten und die Taxiinnung entsprechende Konkurrenz bekommt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dann hätten Sie wirklich Traute gehabt. Das wäre angemessen gewesen, als die demonstrierenden Taxifahrer draußen gestanden haben. Ich habe mit ihnen geredet. Ich habe auch eine Rede gehalten, obwohl das wirklich keine klassisch grüne Klientel ist. Wenn Sie für sich beanspruchen, Herr Kollege Voussem, eine Volkspartei zu sein, dann hätte es Ihnen heute gut zu Gesicht gestanden, sich bei dieser Demonstration mal blicken zu lassen. Stattdessen waren Sie hier im Haus.
(Zuruf von Klaus Voussem [CDU])
Keiner von Ihnen ist zu den Demonstranten gegangen. Auch der Verkehrsminister hat das nicht gemacht.
Nun verabschieden wir um 20:05 Uhr einen Antrag, mit dem man Herrn Scheuer einen Persilschein gibt, damit er für Uber und andere den Markt öffnet. Besonders volksnah und besonders bürgernah ist das nicht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Deswegen werden wir diesen Antrag nicht mittragen. Wir werden uns enthalten. Wir enthalten uns, weil einige Punkte zwar richtig sind, bei anderen Punkten aber nachgearbeitet werden muss. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)

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