Englisch erst ab Klasse 3 – auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse stützt sich die Landesregierung bei der geplanten Änderung?

Kleine Anfrage von Sigrid Beer

Schulministerin Gebauer hat angekündigt, im Rahmen eines Masterplans Grundschule den Beginn des Englischunterrichts von Klasse 1 auf Klasse 3 zu verschieben. Das war zumindest der Presse zu entnehmen. Denn entgegen früherer Ankündigungen wurde der Masterplan nicht bis Ende 2018 vorgelegt, sondern bislang nur einzelne Elemente der Presse gegenüber verkündet.
Die Ankündigung zum Englischunterricht überrascht und wirft Fragen auf. Es bleibt schleierhaft, worauf sich die Schulministerin stützt. Denn im Koalitionsvertrag von CDU und FDP von 2017 hieß es zu dem Thema noch: „Aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse soll die Erteilung des Fachs Englisch in den Grundschulen überprüft werden.“ Diese Ankündigung hatte die Fachwelt insofern beruhigt, als dass eine Entscheidung wissenschaftlich fundiert getroffen werden soll.
Seit der Einführung des Englischunterrichts in der Grundschule 2003 wurde von konservativer Seite befürchtet, dass die Kinder zu jung zum Fremdsprachenlernen seien und das Erlernen der deutschen Sprache behindert werde. Die wissenschaftliche Begleitung konnte das aber eindrucksvoll widerlegen. Folglich wurde der Beginn des Unterrichts dann von Klasse 3 auf Klasse 1 vorgezogen. Auch dieser Schritt wurde in seinen Auswirkungen wissenschaftlich begleitet. Durch verschiedene Studien wurde nachgewiesen, dass die „early starters“ höhere Kompetenzen erwerben als die „late starters“.
Trotz dieser Faktenlage wurde weiter behauptet, dass der frühe Englischunterricht schädlich sei. Die AfD-Fraktion im Landtag NRW hatte deshalb beantragt, den Englischunterricht durch mehr Deutschunterricht zu ersetzen. In der Expertenanhörung zu dem Thema haben alle geladenen Sachverständigen die Forderung und Argumentation als falsch und unbegründet zurückgewiesen. Deutlich wurde vielmehr, dass es Optimierungsbedarf in der Fachdidaktik in der Sekundarstufe I gibt. Denn die Schülerinnen und Schüler können in Klasse 5 nicht an die Lernstrategien der Grundschule anknüpfen, deren Fachdidaktik weiter entwickelt ist.
Gerade wegen der Eindeutigkeit, die in dieser Anhörung deutlich wurde, hat es die Fachwelt alarmiert, dass die Landesregierung eine Verschiebung plant. 28 Professorinnen und Professoren haben einen Brief an Ministerin Gebauer mitgezeichnet, in dem sie nochmals auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinweisen: Früher Start erhöht die Kompetenz, Kinder mit Migrationshintergrund werden nicht benachteiligt und die Weiterentwicklung des Deutsch- und Mathematikunterrichts muss unabhängig vom Englischunterricht erfolgen. Mit einer zweiseitigen Liste an wissenschaftlichen Veröffentlichungen werden die Aussagen gestützt. In dem Brief wird beklagt, dass mit der geplanten Änderung die Stellung des Fachs Englisch insgesamt geschwächt wird und NRW seine Vorreiterrolle aufgebe. Am Ende werden konstruktive Empfehlungen zum weiteren Umgang mit dem Thema ausgesprochen. Auch die Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) hat sich hinter den Brief gestellt und Beratung angeboten.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.           Auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse stützt sich die Landesregierung bei den Plänen, den Beginn des Englischunterrichts zu verschieben?
2.           Wie beurteilt die Landesregierung die Schreiben der 28 Professorinnen und Professoren und von der DGFF und die darin genannten Argumente?
3.           In wie weit wird die Landesregierung der darin ausgesprochenen „Empfehlung zum Thema Englisch auf den Prüfstand stellen“ folgen?
4.           In wie weit ist die Landesregierung gewillt, die ausgesprochene Bereitschaft der Professorinnen und Professoren und der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung zur Beratung in Anspruch zu nehmen?
5.           Wie beurteilt die Landesregierung die schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen der Expertinnen und Experten bei der Anhörung am 21.02.2018 im Landtag?