Matthi Bolte-Richter: „Sie müssen damit aufhören, Demokratie und Studierfreiheit aus dem Hochschulgesetz zu streichen“

Antrag der SPD-Fraktion zum Hochschulpakt

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das waren zwei bemerkenswerte Auftritte der Redner aus den regierungstragenden Fraktionen. Für Herrn Körner kam dieser Antrag erst zu früh, dann zu spät und dann wieder zu früh.
(Zuruf von Moritz Körner [FDP])
Lieber Kollege Nacke, ich habe mich gefragt, wie klein man sich als Parlamentarier eigentlich selbst machen kann.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Josef Hovenjürgen [CDU]: Das haben wir uns bei Rot-Grün auch immer gefragt, lieber Kollege! – Gegenruf von Jochen Ott [SPD]: Das ist ein Unterschied!)
Sie sprechen von Gewaltenteilung und sagen dann: Gewaltenteilung heißt für uns, dass die Regierung das schon macht. – Ich frage mich wirklich, was für ein Parlamentsverständnis Sie eigentlich haben. Es geht hier nicht um jedes Detail einer Verhandlungstaktik der Ministerin oder ihres Hauses in den Gremien, sondern schlicht und ergreifend darum, einmal zu hören, welche wissenschaftspolitische Linie diese Landesregierung eigentlich vertritt. Dass es keine solche Linie gibt, haben wir in den letzten Jahren ja immer wieder kritisiert.
(Beifall von den GRÜNEN und Dietmar Bell [SPD])
Meine Damen und Herren, es wird noch sehr lange großes Interesse an einem Studium geben. Die Studierneigung wird auf einem hohen Niveau verbleiben. Das bedeutet, dass wir eine nachhaltige Finanzierung der Hochschulen und der Studienplätze benötigen. Dazu ist es notwendig, dass der Bund die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen weiter unterstützt. Deshalb muss die Landesregierung sich dafür einsetzen, dass das Land die notwendigen Bundesmittel erhält, damit wir nicht Studienplätze abbauen müssen.
Der Plan ist – darauf hat der Kollege Bell bereits hingewiesen –, dass sich Bund und Länder bereits in wenigen Monaten auf einen neuen Hochschulpakt einigen. Das ist notwendig, damit die Hochschulen zumindest ein Mindestmaß an Planungssicherheit haben.
Ich erinnere daran, dass wir Grüne schon vor anderthalb Jahren Anträge zu dieser Thematik eingebracht haben. Wir haben immer wieder gesagt, dass der Hochschulpakt verstetigt, aber auch dynamisiert werden muss.
Zumindest der Verstetigung wird sich die Bundesregierung wohl nicht mehr entgegenstellen. Das ist schon einmal ein riesengroßer Fortschritt und für die Hochschulen enorm wichtig.
Aber auch die Dynamisierung ist ein notwendiger Baustein. Die Hochschulrektorenkonferenz und der Wissenschaftsrat haben sich schon der Forderung angeschlossen, die Hochschulpaktmittel entsprechend den jährlichen Steigerungen von 3 % bei den außerhochschulischen Forschungseinrichtungen zu dynamisieren. Aber da sperrt sich die CDU, da sperrt sich Frau Karliczek, und auch die FDP hat in der Vergangenheit entsprechende Vorstöße immer wieder abgewiesen.
Jetzt sprechen wir nicht allein über Verstetigung und Dynamisierung, sondern auch über Kriterien. Nordrhein-Westfalen wird im laufenden Hochschulpakt III einen Teil der Mittel nach Abschlüssen vergeben. Dagegen haben CDU und FDP im Übrigen immer gewettert. Aber eine Pauschalisierung nur nach der Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger würde Fehlanreize setzen; denn wenn jemand die Hochschule oder auch nur den Studiengang wechselt – das kennen wir aus der aktuellen Debatte insbesondere im Zusammenhang mit den Fachhochschulen –, geht das Geld eben nicht mit, sondern verbleibt am Ort des zuerst begonnenen Studiums. Das ist gerade für die Fachhochschulen – oder Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, wie sie in Zukunft heißen werden – immer ein Problem gewesen, weil sie oftmals Studierende aufgenommen haben, die an einer Universität begonnen haben. Über dieses Problem ist uns immer wieder berichtet worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb – um doch noch etwas versöhnlicher zu werden – muss am Ende eine Finanzierungsformel stehen, die den Hochschulen Verlässlichkeit bietet und ihre Professoren sowie ihre wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dauerhaft bzw. langfristig finanziert. Es geht um eine Formel, mit der die Mittel gerecht auf die Hochschulen verteilt werden.
Wenn wir uns weiterhin vornehmen, den Anteil der Studierenden an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften auf mindestens 40 % zu steigern, kann es nicht sein, dass das Kriterium „Studierende in Regelstudienzeit“ so hoch gewichtet wird. Damit würde der Status quo zementiert. Das muss die schwarz-gelbe Landesregierung in den Verhandlungen mit Bund und Ländern berücksichtigen.
Wir können an den Hochschulen viele Studierende aufnehmen. Das funktioniert aber nur, wenn wir die richtigen Rahmenbedingungen haben. Daher erwarten wir von der Landesregierung nicht nur den von mir gerade skizzierten Einsatz auf der Bundesebene, sondern auch mehr Einsatz bei der Sanierung von Hochschulen, der Sanierung und dem Neubau von studentischem Wohnraum, der Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen und der Dynamisierung der Qualitätsverbesserungsmittel.
(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)
Damit müssen Sie jetzt Ernst machen. Sie müssen natürlich auch damit aufhören – gestatten Sie mir noch diese Anmerkung –, Demokratie und Studierfreiheit aus dem Hochschulgesetz zu streichen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)