Johannes Remmel: „Wir könnten ja genauso wie Frankreich eine Digitalsteuer einführen. Nichts dergleichen!“

Antrag der SPD-Fraktion zur Digitalisierung in der EU

Johannes Remmel (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor wir uns jetzt noch weiter mit den Inhalten beschäftigen, macht es erst einmal Sinn, die Debatte, die hier und heute stattfindet, ein wenig einzuordnen. Ich habe den Eindruck, dass sich die Fraktionen von CDU und FDP mit der SPD vorher verständigt haben: Wir müssen hier ja mal so ein bisschen Regierung und Opposition spielen – und das bei einem Thema, bei dem Sie eigentlich alle im Rahmen der Großen Koalition gefesselt sind.
(Zuruf von der FDP)
Da wäre es – der Wahrheit entsprechend – richtig gewesen, heute zu sagen: Wir haben einen Koalitionsvertrag in Berlin. Gegen diesen Koalitionsvertrag haben mehrere Akteure von bei- den Seiten schon mehrfach verstoßen.
(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Das Thema „Upload-Filter“ ist im Koalitionsvertrag eindeutig formuliert. (Michael Hübner [SPD]: Sind Sie dagegen?)
Aber die handelnden Personen handeln genau andersherum.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Das kennen wir doch!)
Herr Hafke, es hilft an dieser Stelle auch nicht, auf die großen Initiativen der FDP-Bundestagsfraktion zu verweisen.
Ich hatte ja gedacht, dass der Entfesselungsminister vielleicht auch bei diesem Thema eine Möglichkeit der Entfesselung sieht. Aber er ist an der kurzen Leine. Sie sind an der kurzen Leine der Großen Koalition. An dieser Stelle werden Sie vorgeführt. Haben Sie denn bisher eine Initiative im Bundesrat gestartet? Hat der Minister auf die Bundesregierung eingewirkt, anders in Europa zu agieren? Kein bisschen!
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie sind an dieser Stelle also genauso in die Große Koalition eingebunden wie die beiden anderen Parteien. Es ist im Interesse der Wahrheit notwendig, das hier zu thematisieren. Wenn man etwas verändern will, muss man erst einmal die Ausgangslage richtig analysieren. Der heutige Antrag der SPD, der über die ganze Miste der digitalen Europapolitik geht, hilft da in der Tat nicht. Ansonsten soll verschleiert werden, dass Sie … Wie soll man das bezeichnen? Es ist schon grotesk. Ich traue ja dem Europaminister Holthoff-Pförtner einiges zu. Aber dass der CDU-Landesminister jetzt die SPD-Bundesminister auf die richtige Linie bringen soll, ist schon ein Stück grotesk, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie trauen sich ja noch nicht einmal, Ihren eigenen Parteibeschluss zu Upload-Filtern hier zum Antrag zu erheben oder die Frage der Steuergerechtigkeit so zu formulieren, wie das Norbert Walter-Borjans tut, weil Sie nämlich mit Herrn Scholz auf der Bundesebene bei der Steuergerechtigkeit gebunden sind. Er hat nämlich klar erklärt: Er will keine Digitalsteuer in Europa. Er will keine Steuergerechtigkeit, weil er Angst hat, dass die deutschen Steuereinnahmen gefährdet sind, da es dann zu Veränderungen bei der Körperschaftsteuer kommen würde.
Wir könnten ja genauso wie Frankreich eine Digitalsteuer einführen. Nichts dergleichen! Sie haben also ein Problem im eigenen Laden und machen das hier zum Problem des Parlaments.
Der heutige Antrag der Koalitionsfraktionen ist an der falschen Stelle. Aber Sie machen das ja bewusst. Sie stellen heute den Entschließungsantrag zu einem Thema, das morgen erst auf der Tagesordnung steht, um morgen zu sagen, wir hätten ja heute schon einen Entschließungsantrag beschlossen. Sie wollen also eigentlich der Debatte ausweichen.
Das, was Sie inhaltlich vorschlagen, wird am Ende in eine nationale Lösung münden, die nicht möglich ist. Wir können national nicht Upload-Filter verhindern – es sei denn, man riskiert ein Vertragsverletzungsverfahren.
Die einzige Möglichkeit, hier noch einzugreifen, besteht auf europäischer Ebene. Das Europäische Parlament muss sich bei den entsprechenden Paragrafen anders verhalten.
(Michael Hübner [SPD]: Die grünen Kollegen übrigens auch!) Das ist die einzige Option.
(Michael Hübner [SPD]: Die grünen Kollegen wären auch gut beraten, sich offen zu positionieren!)
Da ist jedenfalls die grüne Fraktion eindeutig. Ich würde mir wünschen, dass zumindest Ihre Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen im Europäischen Parlament eine ähnliche Position einnähmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)