Norwich Rüße: „Es ist an der Zeit, die Düngeverordnung so zu gestalten, dass wir die Grenzwerte tatsächlich einhalten können“

Antrag der GRÜNEN im Landtag zur Düngeverordnung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Streit um die Düngeverordnung – ich bin 2010 in den Landtag gekommen – hat annähernd die gesamte Zeit in Anspruch genommen, seitdem ich hier im Landtag bin.
Wir haben immer wieder über zu hohe Nitratwerte diskutiert. Ich will eine Sache deutlich machen, weil das oft ein bisschen durcheinandergeht. Wir diskutieren immer nur über den Grenzwert von 50 mg. Der Grenzwert ist der Wert, der auf keinen Fall überschritten werden soll. Wir reden gar nicht mehr über den Zielwert, also den Wert, den wir mal angesteuert hatten, nämlich im Ursprung 25 mg.
Dieses Ziel wollen wir verfolgen. Das haben wir gemeinsam vereinbart, und von daher ist es bei allem Streit hin und wieder auch mal richtig, daran zu erinnern, dass zumindest dieser Grenzwert nicht überschritten werden soll. Das sollte einstimmig unser Ziel sein.
Warum führen wir die Debatte schon seit Jahren? – Unserer Ansicht nach führen wir sie, weil man das, was die Bundesregierung dazu über Jahre hinweg geliefert hat, nur als Stümperei bezeichnen kann. Bis eine Düngeverordnung endlich mal beschlossen und im Jahr 2017 umgesetzt worden ist, gab es einen elendig langen Streit. Es war ein ständiges Hin und Her.
Auf dem Weg zur Düngeverordnung wurde immer wieder und von verschiedenen Seiten die Kritik geäußert, darauf Acht zu geben, es ordentlich zu machen, weil einem das Ganze ansonsten um die Ohren fliegt und man von der EU so kritisiert werden wird, dass man sich wundert.
Es gab immer Kritik, und das erwähne ich gerne einmal. Der ehemalige Schattenminister der CDU, Professor Friedhelm Taube von der Universität Kiel, hat immer sehr deutlich gesagt, was bei der Entwicklung der Düngeverordnung alles falsch läuft. Er hat immer wieder darauf hingewiesen, dass die eigentlichen Problemlagen auf den Sandböden bestehen.
Meiner Ansicht nach ist einer der wesentlichsten Kritikpunkte, dass wir die Bodenqualität bei der Düngeverordnung nicht in den Blick nehmen. Seit Jahren drehen wir die Schrauben, die wir immer wieder angezogen haben, noch ein bisschen strammer, anstatt zu überlegen, warum es nicht funktioniert. Wir sollten vielleicht wirklich mal überlegen, auch die Bodenqualität mehr in den Blick zu nehmen.
Betrachtet man die roten Gebiete in Nordrhein-Westfalen – die Hauptproblemgebiete Münsterland und Niederrhein – dann zeigt sich, dass es im Münsterland mit dem Klei- bzw. Lehmmünsterland einen weißen Kern gibt, in dem die Probleme deutlich geringer sind. Links und rechts vom Kleimünsterland gibt es aber Stränge mit Sandböden und intensiver Viehhaltung, in welchen die Probleme am größten sind. Es ist einfach an der Zeit, deutlich nachzubessern und die Düngeverordnung so zu gestalten, dass wir die Grenzwerte tatsächlich einhalten können.
Mehrfach hat die EU schon Kritik geäußert und Strafzahlungen in Höhe von täglich 860.000 Euro angedroht. – Das ist schon eine Hausnummer, die man dringend ernst nehmen sollte. Wenn ich mir dann die Abfolge der Bundeslandwirtschaftsminister ansehe, die sich mit diesem Thema in den letzten Jahren beschäftigt haben, muss ich sagen: Was da abgelaufen ist, ist alles andere als ein Ruhmesblatt.
Es war aber auch nicht richtig, was wir in Nordrhein-Westfalen getan haben. Wenn man in einem der am stärksten betroffenen Länder Deutschlands von 14 Maßnahmen die drei Maßnahmen durchführt, die am leichtesten durchzusetzen sind, dann sieht das die EU-Kommission natürlich sehr wohl. Dann heißt es: Ihr macht nicht das, was am effektivsten wäre, sondern das, was für die Bauern am leichtesten durchzuführen ist; ihr setzt also nicht auf den maximalen Grundwasserschutz. – Diesem Vorwurf sehen wir uns seit Jahren ausgesetzt.
Ich will noch etwas zu einem Punkt sagen, den ich nie verstanden habe, obwohl wir schon lange darüber diskutieren. Im Münsterland und natürlich auch in Teilen Ostwestfalens ist regional die Luft aufgrund der Viehhaltung durch Emissionen von 50 kg bis 70 kg Stickstoff pro Hektar vorbelastet. Maximal darf mit 170 kg Stickstoff tierischer Herkunft gedüngt werden – mittlerweile inklusive Wirtschaftsdünger, also Biogasanlagen. Die 50 kg bis 70 kg aus der Luft kommen in einigen Regionen zu den 170 kg hinzu; sie fließen aber an keiner Stelle in die Bilanz ein. Sie fallen erst dann auf, wenn man Bodenproben nimmt. Sie müssen aber nicht in die Kalkulation eingeschlossen werden.
Nehmen wir mal einen Tausender-Maststall oder die Region, aus der ich komme, den Kreis Steinfurt mit 1 Million Mastschweinen. Im Ergebnis ist es so, dass 20 % durch die Kamine rausgeblasen werden, wenn man keine Filteranlage hat – wir sind uns einig, dass das nicht State of the Art ist. Das heißt: Von diesen 1 Million Schweinen …
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Norwich Rüße (GRÜNE): … scheißen 200.000 Schweine einfach mal so in die Luft. Das kommt dann wieder runter und wird in die Düngeplanung nicht mit eingerechnet. Das muss sich meiner Meinung nach ändern.
Diese Dinge wären bei der Entwicklung der Düngeverordnung auch mal anzusprechen und zu thematisieren; das müssen wir endlich angehen. Wir müssen auch den Sachverständigen Herrn Professor Olfs, den die CDU-Fraktion damals zur Anhörung benannt hat, ernst nehmen.
Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Norwich Rüße (GRÜNE): Er hat eine Absenkung der Nitratwerte gefordert,
(Henning Höne [FDP]: Was ist denn mit der Redezeit?)
und dann kämen wir bei der Düngeverordnung endlich zu einem guten Ergebnis. Ich bitte deshalb darum, dass wir diesen Antrag gemeinsam unterstützen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)