Mehrdad Mostofizadeh: „Ich halte das für eine Verwässerung der Transparenz“

Gesetzentwurf der Landesregierung zur Weiterentwicklung des NKF

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine besondere Ehre, zu dieser wunderbaren Zeit zu dem wichtigsten Gesetzentwurf des Tages sprechen zu dürfen. Ich möchte drei Punkte ansprechen, die bereits angesprochen worden sind.
Wir haben sehr intensiv im Ausschuss darüber diskutiert, und wir hatten eine sehr ausführliche Anhörung. Umso bedauerlicher ist es, dass zumindest der Kollege von der CDU es nicht für erforderlich gehalten hat, auf diese Auseinandersetzung einzugehen.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: Er war erschöpft!)
–  Ja, er musste zwischenzeitlich nach Paderborn vermelden, dass er drei Reden in vier Stunden halten musste.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD) Das ist vielleicht die Schwierigkeit gewesen.
 (Henning Höne [FDP]: Abschreckend!)
Drei Punkte liegen mir am Herzen, weil sie aus meiner Sicht die Grundmelodie und das Grundverständnis des Neuen Kommunalen Finanzmanagements infrage stellen.
Erstens stellt sich die Frage des globalen Minderaufwandes. Herr Hovenjürgen, dahinter verbirgt sich die Möglichkeit für den Rat, zu beschließen, dass bis zu 1 % des Haushaltsvolumens quasi vorab der Verwaltung übertragen wird und die Verwaltung dann entscheiden muss, wie sie diese 1 % Minderausgaben decken soll.
Ich halte das für eine unzulässige Verschiebung der Verantwortung vom gewählten Rat auf die Verwaltung. Das haben alle kommunalen Spitzenverbände und mehrere Fachkollegen, nämlich die Kämmerer, in der Anhörung genau so dokumentiert. Warum Sie trotzdem an diesem Instrument festhalten, ist mir, ehrlich gesagt, nicht ganz klar; denn es bietet weder mehr Handlungsspielraum für die Kommune – schließlich muss das Geld so oder so eingespart werden –, noch führt es zu mehr Transparenz. Ganz im Gegenteil: Es führt zu weniger Transparenz.
Insofern kann ich Sie nur auffordern, von diesem Schritt keinen Gebrauch zu machen. (Beifall von der SPD)
Der zweite Punkt ist das Thema „Wirklichkeitsprinzip“. Auch dort gibt es aus meiner Sicht eine Begriffsverwirrung: Es ist nicht mehr Wirklichkeit, sondern weniger Wirklichkeit. Es wird nicht mehr Geld produziert; das ist vielmehr ein durchaus substanzielles Abweichen von der bisherigen Rechnungslegung, weil man normalen Instandhaltungsaufwand jetzt quasi als Investitionen abrechnen kann.
(Stefan Kämmerling [SPD]: Bilanzfälschung ist das!)
Frau Ministerin Scharrenbach, das ist, ehrlich gesagt, nicht in Ordnung. (Hans-Willi Körfges [SPD]: Kreative Buchführung!)
Es führt auch nicht zu mehr Geld, sondern das verdeckt wieder nur, dass Investitionsbedarf besteht. Es verdeckt auch etwas ganz Einfaches, nämlich wie hoch die notwendige Finanzausstattung der Städte und Gemeinden in diesem schönen Bundesland ist. Wir halten es schlicht für falsch, das Ganze so anzustellen. Insofern wird es Sie nicht wundern, wenn wir am Ende des Tages den Gesetzentwurf ablehnen werden.
Ein letzter Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft das Thema „ausländische Kredite“. Ich finde es gut, dass es jetzt eine strengere Regel gibt; das ist keine Frage.
Ungelöst bleibt allerdings die Frage – diese Frage ist von der Regierung leider nicht beantwortet worden –, warum wir auch innerhalb der EU Fremdwährungskredite haben. Dazu hat sich die Landesregierung bisher nicht verhalten. Das ist sicherlich nicht das zentrale Problem dieses Gesetzentwurfes; das will ich gerne zugestehen. Aber da das zweimal angesprochen und kein Mal beantwortet worden ist, will ich das hier in der Debatte noch einmal ansprechen.
Alles in allem bin ich schon erstaunt, dass ausgerechnet CDU und FDP in dieser Weise von der bisherigen Rechnungslegung, der doppischen Buchführung, abweichen. Ich kann mich noch daran erinnern, als wir § 75 der Gemeindeordnung geändert haben. Die FDP konnte sich seinerzeit mit Beschimpfungen gar nicht zurückhalten und hat von einer Verschleierung der Haushaltswirtschaft und Sonstigem geredet.
(Christian Dahm [SPD]: Das ist so!)
Tatsächlich wurde an der Rechnungslegung substanziell nichts geändert, sondern es wurden nur die Zeiträume verändert. Heute verändern Sie sogar die Maßstäbe. Warum Sie das tun wollen, haben Sie begründet; das will ich gar nicht in Abrede stellen.
Ich halte das schlicht für falsch. Ich halte das für eine Verwässerung der Transparenz. Insofern sollten wir die Punkte, die Sie vorgeschlagen haben, nicht mittragen. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf auch ablehnen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD) 

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